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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Der Sternenhimmel im August 2020

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Die abgebildete Sternkarte ist für den 15. August um 23 Uhr Sommerzeit (MESZ) erstellt und bildet den Sternenhimmel entsprechend am Monatsanfang rund eine Stunde später sowie am Monatsende ca. eine Stunde früher ab. Bei M13 handelt es sich um den hellsten Kugelsternhaufen des bei uns sichtbaren Nachthimmels, der ein schönes Feldstecher-Objekt darstellt und unter sehr guten Bedingungen auch ohne optische Hilfsmittel erkennbar ist (wichtig dabei: gute Adaption an die Dunkelheit). Die Andromedagalaxie M31, die lichtstärkste Galaxie am nördlichen Himmel, kann als einzige ihrer Art bei uns mit bloßem Auge gesehen werden. Mars, Jupiter und Saturn stehen am Abendhimmel, Merkur (Ende Juli / Anfang August tief am Ostnordosthorizont) und die strahlende Venus am Morgenhimmel. Otto Pilzer
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Freisichtiger Komet - ein Schmankerl für Sternfreunde

Erstmals seit vielen Jahren ist wieder einmal ein heller Komet mit bloßem Auge sichtbar, seine astronomische Bezeichnung lautet C/2020 F3 (NEOWISE) und er bewegt sich ca. 130 Grad gegen die Ekliptik geneigt und verglichen mit den Planeten gegenläufig (retrograd) auf seiner elliptischen Bahn. Bis wann man ihn noch mit bloßem Auge sehen kann, ist allerdings leider ungewiss, mit einem Fernglas oder einem Teleskop lässt er sich aber mit Sicherheit noch länger bewundern.

Nachdem der Besucher aus den Tiefen des Alls zunächst aufgrund seiner Position am Firmament nur von der Südhalbkugel der Erde aus zu sehen war, konnte er ab Anfang Juni in unseren Breiten tief über dem Nordosthorizont im Licht der frühen Morgendämmerung beobachtet werden. Auch von der Internationalen Raumstation ISS aus wurde er gesichet und von Ivan Wagner sogar spektakulär fotografiert.

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Aufnahme vom 10.07.2020 um 3:40 Uhr, Surheim/BGL, Richtung Ostnordost, Canon EOS 1300D, 2 Sek. f/5,6 300 mm, Markus Dorfberger, AAL
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Der Komet bewegt sich vom Sternbild Fuhrmann in Richtung des nordwestlichen Himmelsbereichs über den Luchs zum Großen Wagen, sodass er dann auch am Abendhimmel erschien. Schließlich wurde der Komet Mitte Juli zirkumpolar, so dass er die ganze - wenn auch kurze - Nacht über am Himmel steht, da er aufgrund seiner Nähe zum Himmelsnordpol nicht mehr unter den Horizont sinkt.

Der neue Schweifstern hatte schon am 3. Juli den mit einer Perihel-Distanz von 0,29 AE (44 Mio. km, der mittlere Abstand Sonne-Merkur beträgt zum Vergleich 0,40 AE) sonnennächsten Punkt seiner langgestreckten Umlaufbahn erreicht und entfernte sich dann zwar wieder von der Sonne, nähert sich der Erde aber noch bis zum 23. Juli bis auf 0,69 AE (104 Mio. km) an, das entspricht immerhin ca. der 270-fachen Enfernung unseres Mondes. Aufgrund dieser beiden gegenteiligen Effekte nimmt die scheinbare Helligkeit des Kometen glücklicherweise nur langsam ab. Weil er gleichzeitig immer höher über den Horizont und somit in dunklere Himmelsbereiche steigt, sollte er mit etwas Glück noch bis in den August hinein freisichtig bleiben.

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Aufnahme vom 10.07.2020 um 3:45 Uhr, mit Kirchturm Surheim/BGL und den bei uns selten zu sehenden, durch Eiskristalle in der extremen Kälte in über 80 km Höhe verursachten Nachtleuchtenden Wolken (noctilucent clouds, NLC), Richtung Ostnordost, Canon EOS 1300D, 2 Sek. f/4 70 mm, Markus Dorfberger, AAL
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Auf jeden Fall muss man sich für die Beobachtung einen Platz suchen, an dem die Lichtverschmutzung insbesondere von Ortschaften eine möglichst geringe Rolle spielt, und so lange warten, bis die Adaption der Augen an die Dunkelheit abgeschlossen ist - das kann leicht eine gute Viertelstunde dauern. Im Fernglas erscheint er dann als Komet mit Staubschweif, dem unbewaffneten Auge als mehr oder weniger langgezogenes Wölkchen.

Kometen sind Überbleibsel der Entstehung unseres Sonnensystems vor rund 4,6 Milliarden Jahren. Sie stammen vom äußeren, kalten Rand des Sonnensystems und werden oft mit schmutzigen Riesen-Schneebällen aus Eis, Staub und Stein verglichen.

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Aufnahme vom 12.07.2020 um ca. 22:30 Uhr, Abtsdorfer See/BGL, Richtung Ostnordost, Canon 1300D, 5 Sek. f/4 70 mm, Markus Dorfberger, AAL
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NEOWISE war erst am 27. März dieses Jahres vom automatischen NASA-Weltraumteleskop "WISE" entdeckt worden und trägt daher den Namen dessen zweiter bzw. dritter Mission, seine offizielle Bezeichnung nach seinem Typ (langperiodisch) und Entdeckungsdatum lautet damit "C/2020 F3 (NEOWISE)". Er benötigt rund 6.800 jahre für einen Umlauf um die Sonne und ist dieser jeweils nur für wenige Monate so nah, dass Eis verdampft sowie Gase und Staub freigesetzt werden und neben der Koma ("Kometenatmosphäre" bzw. heller Bereich um den Kometenkern) einen Schweif bilden können. Genauer gesagt haben Kometen zwei Schweife - einen gelblichen in Richtung der bisherigen Bahn, wo sie insbesondere staubförmige Teile ihres Kerns verloren haben, und einen zweiten bläulichen, den der Sonnenwind quasi aus dem inneren Bereich in Form leichter flüchtiger gasförmiger Bestandteile hinausbläst. Letzterer weist immer direkt von der Sonne weg und erscheint meist deutlich schwächer.

Das Warten auf einen hellen Schweifstern hatte allen Sternguckern auf der Nordhalbkugel in den letzten Jahren viel Geduld abgefordert. Zwar ziehen häufig Kometen an der Sonne vorbei, doch die meisten sind nur in Fernrohren zu sehen. Und auch einige potentiell hellere Kandidaten enttäuschten, weil sie bei der Annährung an unser Zentralgestirn in Stücke zerbrachen. Die letzten von der nördlichen Hemisphäre aus sichtbaren spektakulär hellen Kometen waren C/1996 B2 (Hyakutake) und C/1995 O1 (Hale-Bopp) gegen Ende der 1990er Jahre. Seither erschienene Kometen blieben meist so lichtschwach, dass sie ohne optische Hilfsmittel entweder gar nicht oder nur mit viel Geduld beobachtet werden konnten. Zuletzt war im Jahr 2013 der Komet C/2011 L4 (PANSTARRS) mit freiem Auge sichtbar, bot aber nur mit optischen Hilfsmitteln auch ein sehenswertes Himmelsschauspiel.

Kometen galten lange Zeit als Vorboten des Schicksals

Auch wenn sich astronomisch Interessierte in diesen Tagen für den Vorbeiflug von NEOWISE begeistern - nicht immer verbanden die Menschen mit dem Auftauchen eines Schweifsterns nur ein prächtiges Naturschauspiel. Jahrhundertelang galten Kometen als Unglücksboten, die Hungersnöte, Krieg und Seuchen ankündigten. Denn die für jeden sichtbaren auffälligen Exemplare unter den Schweifsternen hatten für unsere Vorfahren etwas Bedrohliches - weil sie plötzlich auftauchen, passten sie aus damaliger Sicht nicht in die kosmische Ordnung.

Abgesehen von den alten Mythen gibt es eine zwar sehr unwahrscheinliche, aber dennoch reale Gefahr: Der Einschlag eines großen Kometen auf der Erde könnte tatsächlich eine globale Katastrophe auslösen. Vom Kometen C/2020 F3 geht bei seinem derzeitigen Besuch im Zentrum des Sonnensystems aufgrund seiner Bahn aber keine Gefahr für unseren Planeten aus.

Otto Pilzer


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Otto J. Pilzer, 2020-07-15