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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema September 2002: "Geschichte der Sternbilder"

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"Die Nordliche Halbkugel. für gegenwärtige Zeit entworfen." und "Die Südliche Halbkugel. für gegenwärtige Zeit entworfen." aus dem Atlas von Johann Elert Bode (1747-1828) aus Hamburg, Direktor der Sternwarte Berlin.
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Schon seit jeher faszinierte der Sternenhimmel die Menschen aller Kulturen. Sie beobachteten diese kleinen, funkelnden Lichtpunkte am Firmament und wunderten sich. Die Unerreichbarkeit und die vermeintliche Unveränderlichkeit führten die Menschen bereits früh auf einen göttlichen Willen zurück, so dass den Gestirnen in allen Kulturen religiöse Verehrung zukam. Im Lauf der Gestirne sah man den irdischen Lauf der Dinge vorgezeichnet; kam es daher zu unvorhergesehenen Veränderungen (man denke nur an Kometen!), so folgte in der Vorstellung der damaligen Menschen aus dieser Störung der göttlichen Ordnung zwangsläufig auch eine Störung der irdischen Ordnung in Form von allerlei Unglück und Katastrophen. Der Entschlüsselung des himmlischen Geschehens kam daher größte Bedeutung zu, um die Zukunft auch auf Erden ergründen zu können. Den Priestern, Schamanen, Druiden oder wie sie auch alle hießen, oblag diese wichtige Aufgabe.

Neben der religiösen Verehrung der Gestirne spielten auch ganz praktische Bedürfnisse eine Rolle. Man merkte, dass sich der gleichmäßige Lauf der Gestirne (womit auch Mond und Sonne gemeint sind) hervorragend für eine geordnete Zeit- und Kalenderberechnung eigneten und das war für die in dieser Zeit einsetzende Landwirtschaft etwa an Euphrat, Nil oder aber auch am Gelben Fluss in China von entscheidender Bedeutung. Die besten Saat- und Erntezeiten ließen sich so bestimmen und diese Berechnungen entschieden nicht selten über das Wohl und Wehe eines ganzen Volkes.

Um sich am Himmel besser zurecht finden zu können, begann man früh, dem Firmament menschliche "Strukturen" zu verpassen. So teilten die Chinesen, deren astronomisches Wissen und Denken bis ins Dritte Jahrtausend vor Christus zurückverfolgt werden kann, den Himmel in 28, durch bestimmte Sterne festgelegte "Häuser" ein, die als Band einmal um den ganzen Äquator reichten. Zur genaueren Einteilung kamen später weitere Sternbilder hinzu, darunter die auch uns bekannten Sternbilder des Großen Bären und des Orion, so dass man am Ende 284 Sternbilder kannte.

Unser heute noch verwendetes System geht dagegen auf die Summerer und Babylonier zurück. Auch hier hat man Inschriften gefunden, die bis ins Jahr 3000 vor Christus zurückreichen. In den Bewegungen der Gestirne tat sich in deren mythologischer Vorstellung der Wille der Gottheiten kund, der über das irdische Schicksal des Volkes entschied. Die Summerer und Babylonier nahmen auch die uns noch geläufige Einteilung des Himmels in 12 Sternbilder des Tierkreises vor, wenn auch mit zum Teil unterschiedlicher Benennung (so entsprach etwa das Sternbild der Jungfrau dem babylonischen Sternbild Ähre). Die wohl bedeutenste Erwähnung fand der Tierkreis im sogenannten Gilgamesch-Epos, das die Entstehung der Erde aus Sicht der Babylonier und Summerer beschreibt, und auch Eingang in die Bibel fand.

Die Ägypter und Griechen benutzten die Erkenntnisse der Babylonier und Summerer und vermengten sie mit eigenem Wissen und dem eigenen mythologischen Verständnis. So versahen die Griechen die alten Sternbilder mit griechischen Namen und gaben ihr Wissen an die Römer weiter.

Allen frühen Vorstellungen war gemeinsam, dass die Sternbilder Ordnung in den Nachthimmel bringen sollten; gleichzeitig wurden die jeweiligen religiösen und mythischen Vorstellungen der damaligen Völker in die Sternenkonstellationen hineininterpretiert. Dabei versuchten die Astrologen das Schicksal des ganzen Volkes aus den Sternen herauszulesen; die Vermessenheit der heutigen Astrologen, aus den Sternenkonstellationen Rückschlüsse für den einzelnen Menschen ziehen zu wollen, war den damaligen Astrologen nicht zu eigen.

Im Mittelalter ging in Europa viel antikes Wissen verloren, teilweise stand man den "heidnischen" Sternbildern ablehnend gegenüber, teilweise wurden sie sogar verboten. Die Araber dagegen bauten auf das antike Wissen auf und entwickelten es zum Teil weiter.

Erst in der Renaissance und dem Aufblühen der Wissenschaften wurde der Sternenhimmel auch in Europa wieder Gegenstand des Forschungsinteresses; Kopernikus, Galileo, Kepler und später dann auch Newton beschäftigten sich ausgiebigst mit dem Sternenhimmel. Wegen der besseren Orientierung wurden die griechisch-römischen Sternbilder beibehalten und dienten als Grundlage für die wissenschaftlichen Forschungen.

Durch die Entdeckungsreisen der großen Seefahrer wie Magellan auch auf der südlichen Erdhablkugel stellten die Europäer fest, dass man dort ganz andere Sterne beobachtet. Daher war man gezwungen, zur Orientierung neue Sternbilder zu schaffen. Sie tragen Namen wie "Kompass", "Chemischer Ofen", "Luftpumpe", "Segel", "Kiel", "Netz" usw.

In die Zeit der Renaissance und der Aufklärung vollzog sich auch bei der Astrologie ein Wandel. In dieser Zeit rückte der einzelne Mensch als Individuum in den Mittelpunkt, daher versuchte man nun, aus den Sternen- und Planetenkonstellationen Aussagen für den einzelnen Menschen zu treffen.

Auch heute noch verwendet man in der Astronomie Sternbilder.

Inzwischen weiß man, dass der Sternenhimmel nicht statisch ist, sondern sich laufend verändert. Allerdings vollziehen sich die Veränderungen nur in Jahrtausenden, so dass sie dem einzelnen Menschen nicht auffallen. Dieser Effekt, der als Präzession bezeichnet wird, hat sich aber bei den Sternbildern bereits ausgewirkt: da diese bereits vor Jahrtausenden "erfunden" wurden, lassen sich durch Vergleiche mit den damals gezeichneten oder in Stein gemeißelten Sternkarten (die durch Computersimulation übrigens bestätigt wurden) nicht unerhebliche Veränderungen feststellen. Ein Babylonier sah also einen anderen Sternenhimmel als wir ihn heutzutage sehen.

Heute hat man sich international auf 88 Sternbilder geeinigt (Nord- und Südhalbkugel). Immer noch haben die Sternbilder als Orientierungshilfe für Astronomen eine große Bedeutung. Auch für die eigene Orientierung kann man die Sternbilder (v. a. den Großen Wagen, wo sich durch Achsenverlängerung der Polarstern gut finden lässt) benutzen, wenn man sich einmal verlaufen haben sollte (aber dann ist es meistens sowieso bewölkt).

Stefan Poller


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Otto J. Pilzer, 2002-09-05