- Astronomie im Berchtesgadener Land - Monatsthema Februar 2003: "Warum ist es im Winter kalt?"Zwar ist es draußen immer noch kalt, doch langsam werden die Tage wieder länger und auch die Natur beginnt, aus ihrem Winterschlaf zu erwachen; die ersten Frühlingsboten zeigen sich bereits mancherorts. Nicht mehr lange, und es blüht und grünt überall; statt eisiger Kälte weht nun ein laues Lüftlein. Am 21. März dauern Tag und Nacht bereits wieder gleich lang, vorbei die Zeit, wo man im Dunkeln aufstehen musste und es schon wieder finster war, wenn man von der Arbeit nach Hause kam. Wenn dann auch im Hochgebirge der Schnee schmilzt, die Leute unten am Badesee nach Abkühlung suchen und man sich abends auf sein kühles Bier im Biergarten freut, ist der Sommer eingezogen. Statt langer und kalter Winternächte gibt es nun laue Sommernächte, in denen die Sonne nur noch kurz unter dem Horizont verschwindet. Am 21. Juni, der kürzesten Nacht des ganzen Jahres, beginnt die Dämmerung bereits um 3 Uhr 20 morgens, die Sonne geht um 5 Uhr 10 auf und geht erst um 21 Uhr 33 wieder unter; Dämmerungsende ist schließlich um 23 Uhr 23. Weniger als vier Stunden dauert also am längsten Tag des Jahres in unseren Breiten die Nacht. Danach werden die Tage wieder kürzer, am 23. September herrscht bereits wieder Tag- und Nachtgleiche, bis am 21. Dezember der kürzeste Tag des Jahres den Winterbeginn markiert. Zu allen Zeiten und in allen Kulturen wurden diesen Tagen der "Sonnenwende" am 21. Juni und am 21. Dezember größte Aufmerksamkeit geschenkt und große Feste gefeiert. Auch heute noch gibt es das Sonnwendfeuer und es ist kein Zufall, dass Weihnachten am 25. und 26. Dezember gefeiert wird, vor allem wenn man bedenkt, dass zu Christi Geburt die Wintersonnenwende noch am 23. Dezember stattgefunden hat. Dieser Jahreszeitwechsel gilt so aber nur für unsere nördlichen Breiten; auf der Südhalbkugel ist es genau "anders herum", während die Menschen am Äquator Jahreszeiten in diesem Sinne überhaupt nicht kennen. Dort gibt es keine Jahreszeiten mit Temperaturunterschieden, sondern lediglich Regen- und Trockenzeiten.
Woher nun aber dieser ständige Wechsel? Die Erde umkreist in gut 365 Tagen einmal die Sonne. Zugleich dreht sie sich dabei in etwa 24 Stunden einmal um die eigene Achse. Nun steht die Erdachse aber nicht im rechten Winkel zur Bahnebene, auch Ekliptik genannt, sondern ist um 23,5 Grad geneigt. Abbildung 1 versucht dies zu verdeutlichen. Genau durch diese Neigung der Erdachse entstehen die Jahreszeiten. Ist bei uns Sommer, neigt sich die Nordhalbkugel der Sonne entgegen, wohingegen im Winter die Südhalbkugel der Sonne entgegengestreckt wird. Wie aus Abbildung 2 zu ersehen ist, durchläuft die Erde, wenn bei uns Sommer ist, erstaunlicherweise mit ca. 152 Mio. km ihren sonnenfernsten Punkt, der Aphel genannt wird, während am 2. Januar die Erde im Perihel, mit 147 Mio. km dem kleinsten Sonnenabstand ihrer Umlaufbahn, steht. Dieser nur sehr geringe Unterschied kann für die Entstehung der Jahreszeiten aber vernachlässigt werden; entscheidend ist vielmehr, dass im Sommer die Sonne wesentlich länger als im Winter scheint. Jenseits des nördlichen Polarkreises sinkt während dieser Zeit die Sonne sogar überhaupt nicht unter den Horizont, während jenseits des südlichen Polarkreises die Sonne erst gar nicht aufgeht. Die unterschiedliche Sonnendauer wiederum folgt aus dem unterschiedlichen Sonnenstandshöhen im Laufe des Jahres, vgl. dazu Abbildung 3. Die Sonnenstandshöhe selbst geht dabei wiederum auf die Neigung der Erdachse um 23,5 Grad zurück, da dadurch die Sonne im Sommer "weiter nach oben geschoben" wird, wohingegen sie im Winter in Richtung Horizont "gedrückt" wird. Zu Herbst- und Frühlingsanfang beschert uns die Neigung der Erdachse (vgl. Abb. 2) Verhältnisse wie sie sonst nur am Äquator angetroffen werden können: Tag und Nacht sind mit jeweils 12 Stunden (nahezu) exakt gleich lang.
Die Neigung der Erdachse um 23,5 Grad bringt uns also kalte Winter und warme Sommer. Dass die Erdachse dabei relativ stabil bleibt und nicht wild hin- und herschwankt, ist der Verdienst des Mondes. Allerdings bleibt dieser Neigungswinkel nicht immer ganz konstant. In einer Periode von ca. 21.000 Jahren schwankt die Erdachsenneigung zwischen 21 Grad und 55 Minuten (60 Minuten entsprechen dabei einem Grad) und 24 Grad und 18 Minuten. Man vermutet, dass Massenverlagerungen auf der Erde die Neigung der Erdachse beeinflussen können. Vor ca. 750 bis 550 Millionen Jahren, als die Landmassen um die Pole versammelt waren, wird sogar teilweise eine Achsenneigung um bis zu 54 Grad angenommen. Je größer dabei die Neigung, desto extremere Klimaschwankungen mit äußerst heißen Sommern und sehr kalten Wintern sind die Folge. In der Änderung der Achsenneigung wird von manchen sogar mit eine der Hauptursachen für langfristige Klimaänderungen wie z. B. Eiszeiten gesehen. Für unser Klima stellt eine solche Änderung der Erdachse allerdings die kleinste Bedrohung dar; die vom Menschen verursachten Gefahren wie der Treibhauseffekt wirken dagegen viel kurzfristiger und sind damit viel realer. Stefan Poller
Zum Sternenhimmel Februar 2003
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