- Astronomie im Berchtesgadener Land - Monatsthema Juni 2003: "Die Sonne und ihr Zyklus"Bild 1: Sonne mit Sonnenflecken [Zum Vergrößern bitte Bild anklicken] Die Sonne ist der strahlendste Körper am Himmel, so hell, dass wir ihn kaum direkt ansehen können. Tun wir es doch und riskieren eine Schädigung der Augen, so blendet sie uns derart, dass wir noch minutenlang danach ihren strahlend roten Kreis im Auge haben, bevor dieser verblasst. Betrachtet man die Sonne dagegen durch geeignete Filter mit einiger Vergrößerung, so erkennt man, dass sie keine gleichmäßig helle Kugel ist, sondern schon im normalen Licht dunkle Flecken aufweisen kann (Bild 1). Betrachtet man sie schließlich noch im Lichte des Wasserstoffs oder anderer Linien, so erkennt man sogar noch eine Vielzahl weiterer Besonderheiten und Veränderungen. Man hat herausgefunden, dass diesen Veränderungen eine bestimmte Regelmäßigkeit zugrunde liegt, für die man heute schon einige der Ursachen kennt und bezeichnet das als den Sonnenzyklus. Die Sonne ist ein Gasball mit 1,4 Millionen km Durchmesser und die Oberfläche, die wir sehen, die Photosphäre, ist eine nur 400 km dicke Schicht. Dort wird die meiste Strahlung im Bereich des sichtbaren Lichts abgegeben. Darüber liegen noch die Chromosphäre und die Korona, die man bei Sonnenfinsternissen sehen kann. Die Sonne rotiert in der gleichen Richtung wie die Erde, ihr Äquator ist aber um 7,25° gegen die Erdbahn geneigt. Als gasförmiger Körper hat sie eine "differentielle Rotation", dies bedeutet, dass ein Umlauf am Äquator 26 Tage dauert, während es an den Polen 35 Tage sind.
Am einfachsten ist der Sonnenzyklus an den Sonnenflecken zu erkennen. Es sind mehr oder weniger große dunkle Flecken, in denen die Photosphäre um ca. 1000° kälter ist als auf der übrigen Fläche, die eine Temperatur von ca. 5500°C aufweist. Betrachtet man die Sonnenflecken genauer, so stellt man fest, dass sie aus einem helleren Rand, der Penumbra, und einem dunkleren Kern, der Umbra, bestehen. Die Penumbra weist dabei radiale Streifen auf, die Filamente. Die Größe der Sonnenflecken ist ganz unterschiedlich. Man erkennt kleine dunkle Punkte, die selbst im guten Fernrohr gerade noch erkennbar sind, und große Sonnenflecken, in denen die Erde leicht Platz hätte. Sie können einen Durchmesser von 50.000 km erreichen (Bilder 2 und 3).
Die Sonnenflecken treten meistens nicht vereinzelt, sondern in ganzen Gruppen auf. Verfolgt man Sonnenflecken über Tage und Wochen, so erkennt man, dass sie in den mittleren Breiten der Sonne entstehen, größer werden und sich vermehren, dabei in Richtung Sonnenäquator wandern, wo sie dann verschwinden. Die Lebensdauer der Sonnenflecken beträgt wenige Stunden bis zu mehreren Umläufen der Sonne. Um diese Erscheinungen zu verstehen, muss man etwas auf den Energietransport in der Sonne eingehen. Die Energiequelle der Sonne ist die Verschmelzung von Wasserstoff zu Helium im Inneren der Sonne. Von dort wird die Energie zunächst durch Strahlung nach außen abgegeben. Die letzten ca. 100.000 km dagegen geschieht der Energietransport durch Konvektion: das heiße Gas steigt auf, kühlt an der Sonnenoberfläche ab und sinkt dann wieder nach unten. Die einzelnen Zellen, in denen dies geschieht, sind 1000 bis 1400 km groß und geben der Sonnenoberfläche ein körniges Aussehen, man bezeichnet dies auch als Granulation. Durch die verschiedenen Bewegungen der Materie werden Magnetfelder erzeugt, welche die - an der Oberfläche schon wenig dichten Gase - beschleunigen oder abbremsen. Werden sie beschleunigt, so schießen heißere Gasmassen als Sonnenprotuberanzen bis zu mehrere 100.000 km über die Photosphäre hinaus. Wird der Aufstieg des heißen Gases dagegen gehemmt, so kühlt die Oberfläche stärker ab und wirkt daher dunkler. Folgerichtig haben die Sonnenflecken auch magnetische Polarität. Man sollte nun meinen, dass bei einer großen Zahl von Sonnenflecken die Sonnenstrahlung schwächer ist als sonst. Genau das Gegenteil ist aber richtig, wenngleich die Unterschiede so gering sind, dass sie erst durch Satelliten außerhalb der Erdatmosphäre gemessen werden konnten. Der Grund ist, dass gleichzeitig auch die Zahl der Fackeln entsprechend zunimmt und den verdunkelnden Effekt der Sonnenflecken mehr als ausgleicht.
Man hat für die Sonnenflecken eine besondere Zählmethode entwickelt: die Sonnenfleckenrelativzahl. Dabei wird jede Sonnenfleckengruppe zehnfach gewertet und zusätzlich noch jeder Sonnenfleck einfach dazugezählt. Verfolgt man diese Zahl über einen längeren Zeitraum, so erkennt man eine deutliche Regelmäßigkeit: Mit einer Periode von 11 Jahren nehmen die Sonnenflecken zu und wieder ab. Darüber hinaus ändert sich nach jedem Zyklus die magnetische Polarität der Sonne, sodass der Gesamtzyklus 22 Jahre dauert. Dem überlagert sich noch eine 206-jährige Periode besonders starker Sonnenaktivität (siehe Grafik).
Welche Folgen hat die Sonnenaktivität für die Erde?Schon länger ist bekannt, dass es einen Zusammenhang zwischen dem 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus und den Jahresringen der Bäume gibt. Auffallend ist auch, dass im 17. Jahrhundert eine langjährige Phase geringer Sonnenaktivität mit einer "kleinen Eiszeit" zusammengefallen ist. Auch die Dürreperioden, die zum Untergang der Mayakultur geführt haben, passen in dieses Muster. Jetzt hat ein Forscherteam der Columbia-Universität (New York) etwas über den Mechanismus herausgefunden. Danach schwankt die Strahlenmenge zwar um weniger als 0,1 Prozent, doch wirkt sich das auf die Ozonschicht und über diese auf die Windsysteme und das Wettergeschehen in der Troposphäre aus. Eine Untersuchung der Sonnenaktivität seit 1874 führt zu einem beunruhigenden Ergebnis: bis 1975 ist ein direkter Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und Erdtemperatur zu erkennen. Seitdem aber nimmt die Erwärmung unabhängig von verminderter Sonnenaktivität weiter zu. Starke Sonnenaktivität kann auch zu Störungen im Funkverkehr bis hin zur Zerstörung der empfindlichen Elektronik von Satelliten führen. Die bekannteste Erscheinung sind die Polarlichter: Es gibt durch den Strahlungsdruck der Sonne eine regelmäßige Strömung hauptsächlich von Elektronen und Protonen, die sich mit 200 bis 900 km/s von der Sonne entfernen. Diese Strömung erreicht nach zwei bis drei Tagen die Erde und wird als Sonnenwind bezeichnet. Die Sonne verliert dadurch 1 Million Tonnen Masse pro Sekunde. Der mit ca. 400 km/s ankommende Sonnenwind trifft auf das Magnetfeld der Erde. Die Teilchen bewegen sich entlang der Linien des Erdmagnetfelds und können so in der Nähe der Pole in die tiefere Atmosphäre gelangen, wo sie die bekannten Leuchterscheinungen hervorrufen. Ist die Aktivität sehr stark, so können sie sogar - wie im vergangenen Jahr - bei uns gesehen werden. Gerardo Inhester
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