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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema Juli 2003: "Sternbilder des Südhimmels"

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Aufnahme des 30 Doradus Nebels vom Hubble Space Teleskop; die gewaltige Sternentstehungsregion liegt in der Großen Magellanschen Wolke am Südsternhimmel und besteht aus (von einem spektakulären Haufen massiver Sterne beleuchtetem) Gas und Staub
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Wenn zur Ferienzeit die Autobahnen von einer modernen Völkerwanderung mal wieder verstopft werden, zieht es einige nicht nur ins benachbarte Ausland, sondern noch weiter, auf die Südhalbkugel der Erde. Gerade im Zeitalter des Fern- und Massentourismus sowie der Billigfluglinien kommen mehr Menschen als je zuvor in den Genuss, dabei auch einen Blick auf den unbekannten Südsternhimmel werfen zu können. Zu erwähnen ist dabei besonders das Kreuz des Südens als das wohl bekannteste Sternbild des gesamten Südhimmels.

Interessant ist dabei, was astronomisch unter Südhimmel verstanden wird: darunter fallen alle Sterne südlich des Himmelsäquators, also alle Objekte mit negativer Deklination. Das aber wiederum bedeutet zum einen, dass wir von Mitteleuropa aus Teile des Südhimmels noch sehen können. So weist etwa der hellste Fixstern des Himmels, Sirius, eine Deklination von -17 Grad auf und steht somit südlich des Himmelsäquators. Trotzdem ist er von uns aus noch gut zu beobachten. Umgekehrt folgt daraus aber auch, dass man auf der Südhalbkugel der Erde Teile des nördlichen Himmels ebenfalls noch beobachten kann.

Dazu folgende Überlegung zur Veranschaulichung: würde man sich genau am Nordpol befinden, so befände sich der Polarstern (bzw. genauer: der Himmelsnordpol) genau senkrecht über einem, im Zenit. Der Horizont des Gesichtsfeldes fällt mit dem Himmelsäquator zusammen, so dass dort auch nur Sterne nördlich des Himmelsäquators beobachtet werden können, wohingegen der gesamte Südhimmel verborgen bleibt. Aus demselben Grund ist es am Nordpol von Herbst- bis Frühlingsanfang dunkel (Polarnacht), da die Sonne sich in dieser Zeit südlich des Himmelsäquators bewegt. Verlässt man nun den Nordpol, dann bewegt sich der Polarstern von der Zenitposition weg in Richtung Horizont und der Himmelsäquator kippt aus dem Horizont heraus. In 40 Grad nördlicher Breite steht der Polarstern daher auch nur noch 40 Grad über dem Horizont, am Äquator folglich genau auf der Horizontlinie. Der Polarstern (wiederum genauer: der Himmelsnordpol) steht somit immer entsprechend der geographischen Breite des Beobachters über dem Horizont. Der Himmelsäquator wiederum schneidet den Meridian in einer Höhe von 90 Grad minus geographischer Breite über dem Südpunkt am Horizont (in unserem Beispielsfall also in 90 Grad - 40 Grad = 50 Grad). Daher kann man Sterne sehen, die bis zu 50 Grad südlich (bzw. unterhalb) des Himmelsäquators stehen. Je weiter südlich man kommt, desto größer wird der beobachtbare Bereich des Südhimmels, bis schließlich am Äquator die gesamte Himmelskugel zu beobachten ist. Fährt man nun weiter in Richtung Süden, so verschwindet entsprechend obiger Berechnung ein immer größerer Teil des Nordhimmels. In Sydney oder Kapstadt (34 Grad Süd) verschwinden daher alle Sterne bis 34 Grad Abstand vom Nordpol des Himmels, bzw. anders ausgedrückt: man kann nur noch die Sterne des Nordhimmels beobachten, die einen maximalen Abstand von 56 Grad vom Himmelsäquator aufweisen. Es fehlen daher dort etwa der Kleine Bär, der Große Wagen, die Cassiopeia, Cepheus und der Drache.

Die Gestirne gehen auf der Südhalbkugel der Erde zwar im Osten auf und im Westen unter, doch erreichen sie ihren Höchststand im Norden und nicht wie bei uns im Süden und laufen daher genau entgegengesetzt zu hier über den Himmel (gleiches gilt selbstverständlich auch für die Sonne). Auch der Mond steht genau "verkehrt herum" am Himmel. Am Äquator wandern Sonne, Mond und Planeten dagegen oftmals über den Zenit hinweg und können daher sowohl im Süden als auch im Norden ihren Höchststand haben.

Während die Sternbilder des Nordhimmels ihre Namen zumeist aus der griechisch-römischen Mythologie herleiten (bzw. teilweise sogar auf noch älteren Ursprungs zurückgehen), sind die Namen der Südsternbilder viel jüngeren Datums. Erst in der Neuzeit erlangten diese zumeist ihren Namen, wobei ein Großteil der Bezeichnungen auf Nicolas Louis de Lacaille (1713-1762) zurückgeht, der am Kap der Guten Hoffnung auf dem Tafelberg "Mensa" den Südhimmel beobachtete und den Katalog "Stellarum Australium" zusammengestellt hat. Dieser verwendete dabei hauptsächlich Begriffe aus der Seefahrt oder von neu erfundenen technischen Geräten. Namen wie Schiffskompass, Sextant, Oktant, Schiffssegel, Netz, Zirkel, Winkelmaß, Fernrohr, Mikroskop, Grabstichel, Pendeluhr, Luftpumpe, Ofen oder Mensa legen hiervon noch heute Zeugnis ab. Andere gehen auf die großen Weltumsegler zurück, so etwa die beiden Magellanschen Wolken, die nach dem portugiesischen Seefahrer Fernano de Magellan (1480-1521) benannt wurden.

Wer also vorhat, dieses Jahr auf die Südhalbkugel zu reisen, sollte unbedingt auch eine Beobachtung der Sternbilder des Südhimmels einplanen, um auch einmal einen "ganz anderen" Sternenhimmel zu sehen. Nebenbei bietet sich dort vielleicht noch eine der seltenen Gelegenheiten, den Sternenhimmel in seiner vollen Pracht und ohne Lichtverschmutzung durch künstliche Beleuchtung genießen zu können.

Stefan Poller


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Otto J. Pilzer, 2003-07-02