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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema Juli 2004: "Das Alter des Universums"

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Die Grafik veranschaulicht den Werdegang des Universums. Die Beschreibung im Text folgt von heute, im Bild rechts, der Entwicklung in die Vergangenheit, also nach links. In diesem Artikel liegt der Schwerpunkt auf den Geschehnissen seit der Entstehung der Galaxien am Ende der dunklen Zone, wie sie der Beobachtung mit dem Hubble Weltraumteleskop (HST) und dem Very Large Telescope (VLT) sowie mit den konventionellen bodengebundenen Teleskopen zugänglich sind. Die Phase zwischen 100 Mio und 300000 Jahren lässt sich mit den Mikrowellensatelliten COBE und WMAP beobachten, davor sind keine direkten Beobachtungen möglich.
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Was heisst schon alt?

Kürzlich begrüsste mich eine charmante Bekannte am Morgen mit den Worten: "Du siehst aber alt aus!" Sicherheitshalber fragte ich nach dem aktuellen Datum und rechnete mein Alter aus. So riesig alt schien es mir nicht, im Vergleich zum - sagen wir mal, Alter der Welt. Das war schnell gesagt, doch: wie alt ist die Welt überhaupt?

So landet man bei Fragen, die gar nicht so leicht zu beantworten sind. Mein Alter weiss ich, weil ich meinen Geburtstag kenne. Nur, wie sollen wir den Geburtstag des Universums herausfinden? Oder anders gefragt, mit welchen Methoden können wir dessen Alter bestimmen oder wenigstens abschätzen?

Beginnen wir, der Einfachheit halber, mit dem Alter der Erde. Das Universum muss ja mindestens so alt sein wie die Erde. Für diese Aufgabe gibt es zum Beispiel die beiden folgenden Möglichkeiten:

Aus Radarlaufzeitmessungen wissen wir, dass sich der Mond pro Jahr um 5 cm von der Erde wegbewegt. Rückwärts gerechnet mit dem heutigen (mittleren) Abstand Erde-Mond von 384400 km ergibt sich ein Wert von 7.7 Milliarden Jahren. Das ist eine obere Grenze für das Erdalter, da wir für diese Rechung annehmen, dass der ursprüngliche Abstand Erde-Mond Null war und die Entfernungszunahme konstant war.

Der Zerfall der radioaktiven Elemente kann uns einen weiteren Anhaltspunkt liefern. Radioaktive Elemente sind instabil und zerfallen unter Abgabe radioaktiver Strahlung in leichtere Elemente. Die schweren Elemente wie Uran, Thorium und Radium zerfallen in Zerfallsketten in leichtere, stabile Kerne. Uran beispielsweise hat als Endprodukt Blei. Für jede radioaktive Zerfallskette gibt es eine charakteristische Zeit. Die Messung der Mengen der Mutter- und Tochterelemente (Mutterelement in unserem Beispiel ist Uran, Tochterelement Blei) von möglichst vielen verschiedenen Mutter-Tochterpaaren erlaubt eine Abschätzung des Alters der untersuchten Mineralien. Diese Methode heisst Radiochronometrie. Ihre Anwendung ergibt für die ältesten Mineralien der Erde ein Alter von 4.2 Milliarden Jahren. Die ältesten Mondsteine, die die Apollo-Missionen zurückgebracht hatten, sind 4.48 Milliarden Jahre alt. Die Oberfläche des Mondes ist ein wenig älter als die der Erde. Dieser Effekt wird durch die Umgestaltung der Erdoberfläche durch tektonische Verwerfungen verursacht.

Die Radiochronometrie ist auch auf andere Körper im Sonnensystem anwendbar, die wir im Labor untersuchen können. Am einfachsten funktioniert das mit Meteoriten. Die meisten Meteoriten sind Bruchstücke von Kometen, die man zu den ältesten Objekten des Sonnensystems zählt. Das Sonnensystem ist gemäss dieser Messungen 4.6 Milliarden Jahre alt.

Wie die Erde nicht der älteste Körper des Sonnensystems ist, so ist die Sonne wohl nicht der älteste Stern der Milchstrasse. Da wir von Sternen keine Proben im Labor radiochronometrisch untersuchen können, müssen wir uns anderweitig behelfen. Eine bewährte Methode verwendet Weisse Zwerge. Das sind die Endprodukte von Sternen mittlerer Massen, die einige hundert Millionen Jahre leben, bevor sie zu Weissen Zwergen werden. Diese kühlen langsam ab; die kühlsten Weissen Zwerge sind also die ältesten. Wir müssen also die kühlsten Weissen Zwerge suchen und mit Hilfe der Theorie berechnen, in welcher Zeit diese abgekühlt sind. Wir erhalten ein Alter von gut 10 Milliarden Jahren. Ein Schönheitsfehler dieser Methode ist, dass er nur in der näheren Umgebung der Sonne anwendbar ist, da die kühlen Weissen Zwerge sehr leuchtschwach sind.

Eine andere Methode verwendet Kugelsternhaufen. Deren Sterne sind praktisch gleichzeitig entstanden. Mit Hilfe eines Hertzsprung-Russel-Diagramms des Sternhaufens und der Sternentwicklungsrechnung kann das Alter eines Haufens bestimmt werden, welches für die galaktischen Haufen bei 12 bis 14 Milliarden Jahren liegt.

Das Alter des Universums muss grösser sein als das Alter der ältesten Sterne und Sternhaufen in der Milchstrasse. Wie lange Galaxien wie die Milchstrasse brauchen um zu entstehen, ist jedoch nicht einfach zu bestimmen oder zu messen. Einer der Wege, hier Erkenntnisse zu gewinnen, sind Modellrechnungen. In diese steckt man bekannte physikalische Gesetze und als realistisch angenommene "kosmologische Parameter". Die Crux liegt bei letzteren, denn sie sind in der Regel nicht ausreichend genau bekannt.

Einen weiteren Hinweis bekommen wir aus den sogenannten Rotverschiebungen von Galaxien. Dieser Effekt wurde 1925 von Edwin Hubble entdeckt: je weiter eine Galaxie von uns entfernt ist, um so schneller scheint sie sich von uns wegzubewegen. Der Grund dafür ist die Expansion des Raumes. Die Messung der Rotverschiebungen erlaubt eine Bestimmung der Entfernung der Galaxien. Mit dieser Entfernung können wir wegen der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit zurückrechnen auf das Alter des beobachteten Objektes. Wir erhalten Werte von etwa 13 Milliarden Jahren für die ältesten derzeit bekannten Objekte.

Letzlich ist es beruhigend, dass das Universums so alt ist. Im Vergleich zu ihm darf ich mich das ganze Leben lang jung fühlen.

Andreas Kornawitter


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Otto J. Pilzer, 2004-07-01