- Astronomie im Berchtesgadener Land - Monatsthema Oktober 2006: "Es werde Licht" oder "First light in the universe"Links im Bild zeigt die Supernova 1987, wie nach Sternexplosionen heisses, angereichertes Gas mit 10000 km pro Sekunde schalenförmig in das umliegende Weltall strömt. Das zusammengesetzte Bild rechts zeigt in einer Simulationsrechnung, wie sich Sauerstoff als typisches "Metall" von den Supernovae in einer Galaxie verteilt. Sauerstoff ist gelb und rot dargestellt. Schon im Panel 2 hat sich der Sauerstoff 27 Millionen Jahre nach Ausbruch der ersten Supernova praktisch gleichmässig verteilt. Zwischen Panel 3 (130 Millionen Jahre) und Panel 4 (1 Milliarde Jahre) sind nur noch marginale Veränderungen erkennbar. Aufgrund dieser raschen "Kontamination" einer Galaxie mit schweren Elementen können Sterne der ersten Generation nur in einem kurzen Zeitraum gebildet werden. Quellen: links ESO, rechts Dr. Dominik Argast. [Zum Vergrößern bitte Bild anklicken] Dunkel wars, kein Mond schien helle, bis mit einmal, blitzesschnelle, ein Stern war da, gleissend strahlend, wie Feuerwerk, sogleich zerstört. Das ist, in der Kurzfassung, die kosmische Geschichte des "first light", der ersten Lichtquellen nach der Entstehung des Universums. Die astronomisch bewanderten Leser kennen sicherlich das Urknallmodell, dessen Einzelheiten mehrere Artikel füllen würden. Für unseren Zusammenhang beginnen wir die Geschichte 300000 Jahre nach dem Urknall zu dem Zeitpunkt, als sich Strahlung und Materie von einander abkoppeln. Das Universum ist etwa 1000 Grad heiss und kühlt sich stark ab. Protonen und alpha-Teilchen fangen Elektronen ein und werden so zu neutralem Wasserstoff und Helium. In Gebieten mit anfänglich ganz leicht erhöhter Dichte sammeln sich langsam immer mehr Atome und bilden Gaswolken. Diese kühlen sich ab und bilden Moleküle, vor allem die aus zwei Wasserstoffatomen bestehenden Wasserstoffmoleküle. Dadurch können die Wolken noch stärker abkühlen und dichte Klumpen bilden, in denen die erste Generation von Sternen entsteht. Im Gegensatz zu den heute noch immer zu beobachtenden Sterngeburten bestanden diese ersten Sterne nur aus Wasserstoff - zu 75 % - und aus Helium - zu 25 %. Andere chemische Elemente wie Sauerstoff, Aluminium oder Eisen, in der Astrophysik einfach "Metalle" genannt, sind nach dem Urknall nicht gebildet worden. Für die ersten Sterne hat das wichtige Konsequenzen: wegen der fehlenden Metalle bekamen sie viel mehr Masse als die massereichsten heutigen Sterne: ihre Massen lagen im Bereich des hundert- bis tausendfachen der Masse unserer Sonne. Die massereichsten heutigen Sterne bringen weniger als hundert Sonnemassen auf die Waage. Da diese ersten Sterne sich so stark von den heutigen unterscheiden, nennen sie die Astrophysiker "Population III-Sterne". Die beiden anderen Populationen können wir heute noch beobachten. Aufgrund der hohen Masse sind die ersten Sterne sehr heiss. Bei mehr als 100 Millionen Grad im Zentrum wird vor allem Wasserstoff zu Helium verbrannt. Über den so genannten Triple-Alpha-Prozess wird aus drei Heliumatome zusätzlich Kohlenstoff gebildet, die erste richtige "Metallproduktion" im Universum! Durch den damit vorhandenen "Katalysator" Kohlenstoff erschliesst sich dem Stern der deutlich effizientere Kohlenstoff-Stickstoff-Sauerstoff-Zyklus für die Kernfusion. Der Kern produziert damit soviel Energie, dass der Stern nun fast explodiert. Er leuchtet mehrere Millionen, bis hundertmillionenfach heller als unsere Sonne. Die hohe Effizienz der Kernfusion bedeutet aber auch, dass der Brennstoff schnell verbraucht ist; das ist vergleichbar zu einem hochgezüchteten Auto, dass mit Vollgas gefahren wird. Im Gegensatz zum Auto, dass man nach dem Verheizen der Tankfüllung zur Wiederbefüllung zur nächsten Tankstelle bringt, gibt es für unseren Stern keine Tankstelle. Die Verbrennung im Kern kommt mangels Brennstoff zum Stottern und schliesslich zum Erliegen, wodurch der Kern abkühlt und unter dem Druck der äusseren Schichten kollabiert. In einem Feuerwerk, einer Supernovaexplosion, zerbirst der Stern - und verteilt sein Material grosszügig im umliegenden Weltraum. Mit gut zehntausend Kilometern pro Sekunde strömt das metallreiche Gas in die umgebenden Gaswolken und "kontaminiert" diese mit den Metallen. In solchen verschmutzten Gaswolken entstehen keine Population III-Sterne mehr. Schon geringe Kontaminationen verhindern das Entstehen der extrem massereichen Sterne. Andererseits können erst so Sterne mit Planetensystemen entstehen - Population III-Sterne konnten keine Planeten wie die Erde haben, da die Zutaten in Form der schweren Elemente ja noch nicht vorhanden waren. Eine weitere wichtige Entwicklung wurde durch die ersten Sterne eingeleitet: das Universum wurde wieder durchsichtig. Im Zuge der Abkühlung bildeten sich, wie oben beschrieben, Atome und Moleküle. Diese absorbieren die elektromagnetische Strahlung im Bereich des fürs menschliche Auge sichtbaren Lichts. Die ersten Sterne begannen durch ihre extreme Abstrahlung die Ionisierung des sie umgebenden Materials und machten damit den Weg für das sichtbare Licht wieder frei. Hätte diese Re-Ionsierung nicht stattgefunden, wäre unsere Sicht ins Universum heute vernebelt, vergleichbar dem Blick innerhalb der Milchstrassenebene, und wir könnten entfernte Galaxien nicht mit optischen Teleskopen oder gar dem blossen Auge beobachten. Gerade dieser letztgenannte Effekt erschwert auch die Beobachtung der ersten Sterne enorm: ein grosser Teil ihrer Abstrahlung wird in ihrer Umgebung aufgenommen und in anderen Wellenlängen und in einem viel grösseren Gebiet wieder abgestrahlt. Damit "verdünnt" sich das Signal, das wir empfangen können. Die Suche nach diesen Objekten kam in den letzten Jahren dank der stark verbesserten Teleskope jedoch in den Bereich des Möglichen und so findet heute ein wahrer Wettlauf auf die als erste entstandenen Objekte statt. Ein Wettlauf, der uns noch einige Jahre verblüffende Erkenntnisse bescheren wird. Andreas Kronawitter
Zum Sternenhimmel Oktober 2006
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