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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema Juli 2007: "Nachtleuchtende Wolken"

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Die Aufnahme zeigt Nachtleuchtende Wolken vom 3. Juli 1999 aufgenommen in Moldaublick. Weitere Aufnahmen finden Sie auf der NLC-Seite http://home.eduhi.at/member/nature/met/NLC/oest.NLC.htm von Herrn Karl Kaiser aus Schlägl in Österreich.
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Der Anblick von Wolken am nächtlichen Himmel ist für Astronomen normalerweise kein Grund zum jubeln. Anders jedoch bei dem relativ seltenen Phänomen der so genannten "nachtleuchtenden Wolken", die englisch auch als "noctilucent clouds (NLC)" bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um silbrig-glänzende, wellenförmige Wolken, die vor allem im Sommer in der Dämmerung nach Sonnenuntergang und im Regelfall nur zwischen dem 45. und dem 65. nördlichen bzw. südlichen Breitengrad auftreten. Auf der Nordhalbkugel entspricht das in etwa dem Breitengrad Mitteleuropas und Mittelskandinaviens. Die nachtleuchtenden Wolken stehen normalerweise nicht mehr als 20 Grad über dem Horizont, nur in Ausnahmen können sie bis zum Zenit reichen.

Zum ersten Mal konnten diese im Jahr 1885 von Backhouse, Jesse und Leslie beobachtet werden. Frühere Beobachtungen oder Notizen hierüber sind nicht bekannt. Dies erstaunt umso mehr, als gerade Dämmerungs- und Wolkenerscheinungen sehr genau beobachtet und sorgfältig dokumentiert wurden. Backhouse, Jesse und Leslie war aufgrund der späten Beobachtungszeit relativ schnell klar, dass diese Wolken sich in großer Höhe befinden mussten. Die durchgeführten Messungen anhand von Mehrstationsbeobachtungen vor allem im Raum Berlin und Potsdam führten dann aber doch zu einem überraschendem Ergebnis: Mit einer ermittelten Höhe von ca. 85 km handelt es sich um die höchsten auf der Erde vorhandenen Wolken! Sie lassen sich vom Erdboden und vom Weltraum aus beobachten. Für Wetterballone sind sie jedoch zu hoch und nicht mehr erreichbar. Normalerweise spielt sich das gesamte Wettergeschehen und somit auch die Wolkenbildung in der untersten Schicht der Erdatmosphäre, der so genannten Troposphäre ab. Sie enthält 80 % der Masse der gesamten Atmosphäre und fast den gesamten Wasserdampf. Physikalisch ist sie durch eine mittlere stetige Temperaturabnahme mit zunehmender Höhe bis minus 60°Celsius gekennzeichnet. Die obere Grenze der Troposphäre ist die Tropopause. Die Lage der Tropopause ist stark von der geographischen Breite und der Jahreszeit abhängig. Sie erreicht ihr Maximum 17 - 18 km über den Tropen; über den Polen beträgt die Höhe hingegen nur ca. 8 km. Da der Luftwiderstand in dieser Höhe bereits merklich geringer ist, fliegen Langstreckenflugzeuge in dieser Höhe. An die Troposphäre schließt sich die Stratosphäre an. Sie reicht von ca. 12 km bis zu 50 km. Charakteristisch ist der deutliche Anstieg der Ozonkonzentration mit einem Maximum in etwa 30 km Höhe. Auch die Temperatur steigt in dieser Sphäre wieder an und liegt in 50 km Höhe bei ca. 0°Celsius. Diese Erwärmung wird wesentlich durch das Ozon verursacht, welches den kurzwelligen Anteil der Sonnenstrahlung absorbiert. Deshalb ist die Ozonschicht für das Leben auf der Erde von größter Wichtigkeit. Wegen der extrem niedrigen Temperaturen in der Tropopause ist die Stratosphäre praktisch wolkenfrei, da auch der Transport von Wasserdampf aus der Troposphäre in die Stratosphäre so gering ist, dass die Stratosphäre praktisch keinen Wasserdampf enthält. Über der Stratosphäre mit der Ozonschicht schließt sich die Mesosphäre an, die bis in eine Höhe von 85 km hinaufragt. Die Temperaturen nehmen hier wieder stark ab und erreichen ihr Minimum bei über minus 100°Celsius in ca. 80 km Höhe und damit genau in dem Bereich der ominösen nachtleuchtenden Wolken. Darüber liegen nur noch die Thermo- und Exosphäre, in der Luftmoleküle praktisch nicht mehr nachweisbar sind. Satelliten bewegen sich in der Exosphäre und auch der Tanz des Polarlichts findet dort statt.

Über die genaue Entstehung und Bildung der nachtleuchtenden Wolken ist noch vieles ungewiss. Viele Vermutungen bringen das erstmalige Auftauchen dieser Himmelserscheinungen in Zusammenhang mit dem gigantischen Vulkanausbruch des Krakatau in der Sundastraße im Jahre 1883. Allerdings konnten die silbrigen Wolken erst zwei Jahre nach diesem Vulkanausbruch in fortgeschrittener Dämmerung beobachtet werden. Außerdem gab es auch in den früheren Jahrhunderten und Jahrtausenden immer wieder gigantische Vulkanausbrüche. Nach einer anderen Theorie ist diese Wolkenbildung auf damals beginnende und immer weiter zunehmende Industrialisierung mit einer entsprechenden Luftverschmutzung zurückzuführen. Nach den neueren Erkenntnissen bestehen die nachtleuchtenden Wolken mit großer Wahrscheinlichkeit aus Wassereisteilchen von weniger als 100 nm Radius, die von der untergehenden Sonne angestrahlt werden. Die Bildung dieser Aerosole beginnt unterhalb an der kalten Sommermesopause im polaren Aufwindsystem. Die Teilchen wachsen durch Anlagerung von Wassermolekülen während der Sedimentation. Bei einer Höhe von ca. 80-81 km schmelzen sie schnell ab, da mit abnehmender Höhe die Atmosphärentemperatur schnell ansteigt und die Existenz von Wassereis nicht mehr möglich ist. Zum Teil wird auch noch der Erdgravitation bei der Bildung und Ausformung eine nicht unerhebliche Rolle zugesprochen. Letztendlich ist aber auch hier noch vieles unklar. Mit der in diesem Jahr gestarteten AIM-Mission (engl. für "Aeronomy of Ice in the Mesosphere") erhofft man sich weitere Aufschlüsse. Auch auf unserem Nachbarplaneten Mars wurde von der Mars Express Mission am 28. August 2006 ein ähnliches Himmelsphänomen entdeckt. In einer Höhe von ca. 100 km lassen sich nach Sonnenuntergang dünne Wolken aus wahrscheinlich gefrorenem Kohlendioxid beobachten. Von der Erde bleibt dies jedoch unbeobachtbar. Stattdessen kann man sich hier mit etwas Glück an den nachtleuchtenden Wolken erfreuen. Die Photographie hierzu wurde dankenswerter Weise von Herrn Karl Kaiser aus Schlägl in Österreich (http://home.eduhi.at/member/nature/default.htm) zur Verfügung gestellt.

Stefan Poller


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Otto J. Pilzer, 2007-07-01