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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema Dezember 2007: "Das Hubble-Weltraum-Teleskop"

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Blick vom Space Shuttle auf das Weltraum-Teleskop, das ohne die Solarzellen die Ausmaße eines größeres Busses hat. Quelle: NASA
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Seit 1990 hat die optische Astronomie eine neue Dimension erhalten. Das Hubble-Weltraum-Teleskop (HST) stellte einen Quantensprung dar - trotz aller Probleme, die mit ihm verbunden waren. Nicht nur brachte es Ergebnisse, welche die astronomische Forschung weit vorantrieben, es lieferte auch wunderbare Bilder aus dem Weltraum, welche das Interesse der Öffentlichkeit an der Astronomie wieder weckten, das nach dem Ende der bemannten Mondmissionen eingeschlafen war.

Welche Vorteile bringt ein im Weltraum stationiertes Teleskop?

Es ist außerhalb der Atmosphäre, welche die Bildqualität durch die Luftunruhe und Luftverschmutzung verschlechtert. Die Beobachtungszeit beträgt fast 24 Stunden am Tag und ist wetterunabhängig. Obwohl beim HST der Schwerpunkt der Beobachtung im optischen Bereich liegt, kann man - mit geeigneten Zusatzgeräten - auch weit darüber hinaus im Infraroten und Ultravioletten beobachten, was auf der Erde, wegen der Undurchlässigkeit der Atmosphäre für diese Strahlung, nicht möglich ist. Dadurch gelingt es Bilder und Informationen zu erhalten, die bisher von erdgebundenen Teleskopen nicht möglich waren.

Welche Probleme hat ein im Weltraum stationiertes Teleskop?

Es ist um ein Vielfaches teuerer als ein erdgebundenes Teleskop. Fehler und Schäden können ebenfalls nur mit hohen Kosten behoben werden. Schon Zusammenstöße mit kleinsten Partikeln können es außer Betrieb setzen. Nachdem in dieser Höhe (knapp 600km) noch geringfügige Reste der Atmosphäre vorhanden sind, wird es dadurch abgebremst und sinkt stetig ab. Durch die Wartungsmissionen des Space-Shuttles wird es immer wieder angehoben. Trotzdem ist seine Nutzungsdauer begrenzt.

Schon Hermann Oberth, der deutsche Raketenpionier, hatte auf die Vorteile eines Teleskops im Weltraum hingewiesen. Nach dem 2. Weltkrieg entwickelte Lyman Spitzer unter dem Eindruck der deutschen Raketenentwicklung einen Plan für ein im Weltraum stationiertes 3m-Teleskop mit der Bezeichnung LST für "large space telescope". Mit vielen Verzögerungen durch die Geldbeschaffung und der Größenbegrenzung durch das Space-Shuttle als Transportvehikel wurde daraus das 2,4m große HST, nachdem ein NASA-Vorläufer, das nach einigen Fehlschlägen 1968 erfolgreiche OAO-2 mit einem 96cm-Teleskop, den Nutzen solcher Instrumente bestätigt hatte.

Um die hohen Kosten nicht allein zu tragen, beteiligte die US-Raumfahrtbehörde die ESA an dem Projekt mit 15% der Kosten gegen Beteiligung europäischer Astronomen an der Beobachtungszeit.

Mehrere Zwischenfälle, unter anderem die Challenger-Katastrophe, verzögerten den Start bis zum 24. April 1990. Als dann aber am 20. Mai die ersten Bilder ausgewertet wurden kam die große Enttäuschung: alles unscharf. Minutiöse Recherche ergab, dass beim Spiegelschliff ein Messgerät nicht in der richtigen Position war, weil eine abgeplatzte Farbschicht unter einer Messschraube unbemerkt geblieben war. Der komplette Spiegel hatte einen Fehler: sphärische Aberration. Nachdem man Art und Ursache des Fehlers erkannt hatte, versuchte man den Fehler mit Hilfe des dafür entwickelten COSTAR-Spiegelsystems zu beheben. Dieses wurde dann bei der ersten Wartung 1993 eingebaut, seitdem ist das HST voll funktionsfähig.

Nun zu seinen Eigenschaften, Geräten und Fähigkeiten

Das HST umkreist die Erde in 575km Höhe in 97 Minuten. Die Bahn weicht nur wenig von der Kreisform ab, sodass die Höhe nur geringfügig schwankt. Da die Bahn um 28,45° gegen den Äquator geneigt ist, kann man das HST von Mitteleuropa aus nicht sehen.

Das HST wiegt 11,6 Tonnen, ist 13,1m lang, hat einen maximalen Durchmesser von 4,3m und zwei seitlich angebrachte Sonnenpaddel von 11,8m zu 2,3m. Seine Bauart ist die eines Spiegelteleskops vom Typ Ritchey-Chrétien mit zwei hyperbolischen Spiegeln. Solche Spiegelflächen sind sehr aufwändig zu schleifen, dafür ist das System aber komplett komafrei, was von großem Vorteil ist. Der Hauptspiegel weist einen Durchmesser von 2,4m auf und die effektive Brennweite des Systems beträgt 57,6m. Die zum Betrieb notwendige Elektrizität (durchschnittlich 2800W) wird in den Solarzellen erzeugt. Drei Gyroskope dienen zur Lageregelung, Stabilisierung und Ausrichtung des Teleskops. Es sind sechs Gyroskope eingebaut, von denen drei als Reserve dienten. Inzwischen wurde eine neue Software entwickelt, die mit zwei Gyroskopen auskommt.

Von Anfang an war das Hubble-Weltraumteleskop so konstruiert, dass von Astronauten Reparaturen ausgeführt und verbesserte Beobachtungsinstrumente eingesetzt werden konnten. Dieses Design wird ORU-Konzept genannt und wurde hier erstmals bei einem unbemannten Raumfahrtsystem angewendet. Vier Wartungsflüge (Missionen 1, 2, 3a, 3b) waren bisher notwendig, um die Mängel bei der Herstellung des Teleskops zu korrigieren und ausfallende Gyroskope zu ersetzen. Da das Teleskop ständig ein wenig an Höhe verliert, wird es bei jedem Wartungsflug wieder auf eine etwas höhere Umlaufbahn gebracht.

Drei Sternsensoren stellen die genaue Ausrichtung des Teleskops (Fine Guidance Sensors FGS) auf die zu beobachtenden Objekte sicher. Fünf wissenschaftliche Instrumente werten die aufgenommenen Informationen aus:

  • Die Wide Field / Planetary Camera 1 (WFPC1) 1990-1993. Die erste mit CCDs ausgestattete Kamera des HST. Sie wurde bereits 1993 durch das Nachfolgemodell WFPC2 ersetzt, das zur Korrektur der Bildfehler des Teleskops eingerichtet ist. Mit dieser Kamera sind die bekannten Bilder von Galaxien und Nebeln erhalten worden, die das HST so populär machen.
  • Die Faint Object Camera (FOC) 1990-2002. Die für schwache Objekte optimierte Kamera für sichtbares und ultraviolettes Licht war ein Beitrag der ESA. Die gewonnenen Informationen werden mit dem Faint Object Spectrograph (FOS) 1990-1997, dem Goddard High Resolution Spectrograph (GHRS) 1990-1997 und dem High Speed Photometer (HSP) 1990-1993 ausgewertet.
  • Die Near Infrared Camera and Multiobject Spectrometer (NICMOS) seit 1997. NICMOS enthält Kameras und Spektrometer für das nahe Infrarot bis 2,5µm Wellenlänge. Seine ursprüngliche Kühlung durch festen Stickstoff erschöpfte sich durch ein Wärmeleck rasch. Seit 2002 kann es mit einem neuen mechanischen Kühlsystem wieder benutzt werden. Infrarot-Strahlen durchdringen die interstellare Materie und eignen sich deswegen zur Untersuchung von Sternentstehungsregionen oder das Zentrum der Milchstrasse.
  • Der Space Telescope Imaging Spectrograph (STIS) seit 1997, zur Zeit außer Betrieb.
  • Die Advanced Camera for Surveys (ACS) seit 2002. Die ACS ist das meistgenutzte Instrument des HST. Sie ist schneller und hat ein doppelt so großes Feld wie die WFPC2-Kamera und erfasst die Strahlung vom nahen Infrarot bis zum Ultraviolett. Sie war im Juni und September 2006 vorübergehend ausgefallen und ist seit dem 27. Januar 2007 wieder in Betrieb.
Zwei weitere Instrumente sind in Entwicklung: Wide Field / Planetary Camera 3 (WFPC3) und Cosmic Origins Spectrograph (COS). Diese Instrumente sollen während der für 2008 geplanten Servicemission 4 installiert werden. Dass es soweit kommen wird, ist dem zähen Kampf vieler Astronomen zu verdanken, die durchsetzen konnten, dass das HST weiter gewartet und verbessert wird und keine Lücke entsteht, bis der Nachfolger, das James-Webb-Teleskop, 2013 gestartet wird.

Gerardo Inhester


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Otto J. Pilzer, 2007-12-01