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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema April 2008: "Die Entstehung des Sonnensystems"

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Entstehung neuer Sternensysteme im Adlernebel (M16), Sternbild Schlange. Quelle: HST
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Lange war über die Entstehung des Sonnensystems und damit auch über die Entstehung unserer Erde nichts Näheres bekannt. In Mythen und Religionen versuchte sich die Menschheit über Jahrtausende hinweg, ein Bild über das Werden der Welt zu machen. Erst in den letzten Jahrhunderten ergaben sich aufgrund der aufstrebenden Wissenschaften neue, spektakuläre Erkenntnisse. Noch immer gelten jedoch viele Fragen als ungeklärt, und noch immer herrscht ein zum Teil heftiger Theorienstreit, was sich nun vor vielen Milliarden Jahren genau zugetragen hat.

Zunächst sah man die Erde als Mittelpunkt des Universums an, um die sich Sonne, Mond, die Planeten sowie sämtliche Sterne in mehr oder weniger exakten Kreisbahnen bewegten. Dieses geozentrische Weltbild wurde später vom Heliozentrischen abgelöst, das die Sonne in den Mittelpunkt stellte. Mittlerweile wissen wir, dass die Sonne mit den Planeten lediglich ein Sonnensystem unter vielen anderen ist, welches unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, bildet. Die Milchstraße wiederum ist nur eine Galaxie unter Milliarden anderen.

Einhergehend mit diesem Wandel in unserem Weltbild stieg zugleich das Wissen um den Aufbau unseres Sonnensystems. Danach bildet die Sonne als Zentralgestirn den Mittelpunkt, in der fast 99,9 % der Gesamtmasse des Sonnensystems konzentriert ist. Mit einem Durchmesser von ca. 1,39 Millionen Kilometern ist sie auch mit weitem Abstand das größte Objekt. Der Sonne am nächsten stehen die inneren Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars. Nach dem Asteroidengürtel kommen die äußeren Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Daran schließt sich der Kuipergürtel an, die "Restesammlung" aus der frühen Geschichte des Sonnensystems zu der nunmehr auch der lange zu den Planeten gezählte Pluto gehört. Auch eine Vielzahl der Kometen stammt aus dieser Gegend. Jenseits des Kuipergürtels befindet sich bis zu einem Abstand von fast 1,5 Lichtjahren die Oortsche Wolke. Die Grenzschicht zu dem interstellaren Raum bildet schließlich die Heliopause, die in einer Entfernung von ungefähr dem 150-fachen Abstand Erde-Sonne vermutet wird. Näheres hierzu ist jedoch noch unbekannt.

Die am weitesten verbreitete Theorie zur Entstehung unseres Sonnensystems geht auf die so genannte "Nubularhypothese" des deutschen Philosophen Immanuel Kant zurück. Danach entstanden die großen Körper wie Sonne und Planeten etwa zur gleichen Zeit aus einer rotierenden Wolke aus Gas und Staub. Dieser Urnebel war wiederum ein Überbleibsel einer Supernovaexplosion, wodurch sich auch das Vorhandensein der schweren Elemente wie Kupfer, Gold oder auch Uran erklären lassen. Diese Theorie griff Pierre Laplace 1796 auf. Danach gab es zunächst einen langsam rotierenden, kugelförmigen Nebel mit geringer Dichte, der langsam unter seiner eigenen Gravitation zu kollabieren beginnt. Aufgrund der Erhaltung des Drehimpulses muss der Nebel immer schneller rotieren, desto kleiner er wird. Hieraus wiederum resultiert eine Abplattung des Nebels. Diese Theorie hat in ihren Grundzügen bis heute Gültigkeit, wobei sie allerdings immer weiter verfeinert wurde.

Heute glaubt man zu wissen, dass sich der Urnebel zunächst über einen unbekannten Zeitraum hinweg völlig homogen im Gleichgewicht aus dem nach außen gerichteten Strahlungsdruck und die nach innen gerichtete Gravitationskraft befand. Vor ca. 4,6 Milliarden Jahren wurde dieses Gleichgewicht wahrscheinlich von den Druckwellen einer nahen Supernovaexplosion gestört. Der Nebel begann in sich zusammen zu stürzen, wodurch er zugleich einen Drehimpuls bekam und noch während des Kollabierens zu rotieren begann. Zugleich flachte die Zentrifugalkraft den Urnebel ab, wobei sich das Zentrum immer weiter hin zu einer Protosonne verdichtete, bis schließlich die Wasserstoffatome miteinander fusionierten und der Brennvorgang "zündete". Durch das Wasserstoffbrennen werden unvorstellbare Energien freigesetzt, die als Strahlung abgegeben wird und der Gravitationskraft entgegen wirkt. Dieser Prozess dauerte mehrere Millionen Jahre, bei der parallel dazu die Planeten, Kometen, Asteroiden sowie der interplanetare Staub entstand. Anders als noch zu Beginn war die Gas- und Staubscheibe nunmehr nicht mehr homogen, sondern heterogen zusammengesetzt. Temperatur und Druck nahmen mit zunehmender Distanz von der Protosonne ab. Zugleich blies ein heftiger Sonnenwind fast 90 % der Masse der Gas- und Staubscheibe fort, wobei insbesondere die leichten Elemente Wasserstoff und Helium aus der näheren Umgebung der Protosonne zum Großteil verschwanden. Dementsprechend findet man auf den inneren, terrestrischen Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars sowie deren Planeten diese Elemente eher seltener, wohingegen die weiter entfernt befindlichen Gasplaneten Saturn, Jupiter, Uranus und Neptun zum Großteil aus diesen Elementen bestehen. Schon bald nach der Abflachung begann die inhomogene Staub- und Gasscheibe abzukühlen, wobei sich über einen Zeitraum von bis zu 10 Millionen Jahren die nur Millimeter großen Gesteinskörnchen miteinander zu bis zu mehreren Kilometer großen Gesteinsbrocken, den so genannten Planetesimalen, verbanden. Das Material der Gas- und Staubscheibe war danach nahezu aufgebraucht und um die stabil leuchtende Sonne bewegten sich die Planetsimalen in Keplerbahnen. Über einen Zeitraum von mehreren zehn Millionen Jahren ballten sich schließlich durch die Einwirkung der Gravitationskraft die uns bekannten Planeten zusammen.

Noch immer wirft dieses in den Grundzügen dargestellte Modell viele Fragen auf. Unklar ist zum Beispiel, wie genau die Verklumpung der anfänglich vorhandenen Kleinstteile ablief oder wie die Temperatur- und Druckverteilung in der Gas- und Staubscheibe aussah. Gerade durch die Beobachtung weit entfernter Himmelsregionen und der dort stattfindenden Sternentstehung, erhofft man sich weiteren Aufschluss über die Entstehung auch unseres Sonnensystems.

Stefan Poller


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Otto J. Pilzer, 2008-04-01