- Astronomie im Berchtesgadener Land - Monatsthema Juni 2008: "Der Aufbau der Sonne"Bild der Sonne mit einem starken Ausbruch am 14. September 1999 vom EIT-Teleskop auf der Sonnensonde SOHO im extremen UV aufgenommen. Die heißesten Stellen erscheinen fast weiß, während die dunkelroten Bereiche niedrigere Temperaturen darstellen. (Quelle: solarsystem.nasa.gov) [Zum Vergrößern bitte Bild anklicken] Blicken wir in die Sonne (was man den Augen zuliebe nur machen sollte, wenn sie schon sehr nahe am Horizont steht!), so erscheint sie uns zwar strahlend hell, aber im Übrigen gleichmäßig und unveränderlich. Verwendet man ein Fernrohr mit entsprechendem Filter, so kann man meistens schon einige Sonnenflecken erkennen und bei wiederholter Beobachtung Veränderungen feststellen. Mit aufwändigerem Gerät sieht man dann, dass es auf der Sonne ganz schön wild zugeht. So grenzt es fast an ein Wunder, dass ihre Strahlung uns doch recht gleichmäßig erreicht. Dem wollen wir auf den Grund gehen, denn was auf der Sonne passiert, ist für uns von größter Bedeutung. Ohne die Strahlung der Sonne wäre keinerlei Leben auf der Erde möglich, und nur die gleichmäßige Strahlung über Milliarden von Jahren hat die Entwicklung höheren Lebens möglich gemacht. Um aber das, was wir auf der Sonnenoberfläche sehen können zu verstehen, müssen wir uns zunächst mit ihrer Zusammensetzung, ihrem Aufbau und ihrer Physik beschäftigen. Die Sonne ist ein Stern, wie wir tausende am Himmel sehen können, aber sie ist uns - mit "nur" rund 150 Millionen km Entfernung - so nah, dass wir sie nicht wie die anderen Sterne als winziges Pünktchen sehen. Um sie bewegen sich die Erde und die anderen Mitglieder unseres Planetensystems. Mit 1,4 Millionen km ist ihr Durchmesser rund 109-mal so groß wie der der Erde und sie enthält 99,9% der Masse des ganzen Sonnensystems. Ihre Oberfläche besteht zu 75% aus Wasserstoff, 23% Helium und 2% anderen Elementen. Als gasförmiger Körper wäre die Sonne eine perfekte Kugel. Ihre Rotation hat auch Auswirkungen auf ihre Form. Sie ist an den Polen abgeplattet und man stellt fest, dass sie am Äquator schneller rotiert als in den höheren Breiten. Eine Umdrehung dauert so zwischen 24 und 31 Tagen (differentielle Rotation). Die Oberfläche der Sonne, die wir sehen, genannt Photosphäre, hat nur eine Dicke von 400 km. Ihre Dichte beträgt weniger als 1/1000 der Dichte der Erdatmosphäre. Sie hat eine Temperatur von rund 5500°C und ist damit (auch wegen ihrer Zusammensetzung) ein gasförmiger Körper. Gas mit einer hohen Temperatur tendiert dazu, sich auszudehnen. Da der Durchmesser der Sonne konstant bleibt, herrscht also ein Gleichgewicht zwischen dem Gasdruck und ihrer Schwerkraft. Aus den Gravitationsgesetzen lässt sich berechnen, wie groß die Masse der Sonne ist (das 332.000-fache der Erde) und damit entsprechend, wie der Druck zum Inneren anwächst. Das ergibt im Zentrum eine Dichte von 134 g/cm3 (zum Vergleich: Wasser hat die Dichte 1, die schwersten Elemente liegen knapp über 20 und die Erde insgesamt bei 5,52), das bedeutet: hier herrscht ein so hoher Druck (und entsprechend auch eine sehr hohe Temperatur), dass die normale Struktur der Atome aufgehoben ist. Die Atome sind ionisiert, d.h. die Elektronen von den Kernen losgelöst und die Atomkerne dicht gepackt. So kann bei einem Druck von 221 Milliarden Atmosphären und einer Temperatur von 15 Millionen Grad die Energieerzeugung stattfinden. Dabei verschmelzen vier Wasserstoffatome zu einem Heliumatom und im Kern der Sonne sammelt sich das entstandene Helium an. Nachdem das Heliumatom etwas leichter ist als die vier Wasserstoffatome, wird dabei etwas Materie direkt in Energie umgewandelt. Diese Kernverschmelzung ist der effektivste Vorgang der Energieerzeugung, den wir uns vorstellen können. Er würde auch alle unsere Energieprobleme lösen, wenn wir ihn nutzen könnten. Aber für die friedliche Nutzung ist es noch nicht gelungen, beide Bedingungen gleichzeitig über einen langen Zeitraum zu erzeugen: die Temperatur und den Druck. Nur in der Wasserstoffbombe und in Fusionsreaktoren zu Testzwecken lassen sich die extremen Zustände für Sekundenbruchteile realisieren. Diese Energieerzeugung ist so effektiv, dass die Sonne seit ihrer Entstehung erst ein viertausendstel ihrer Masse dafür verbraucht hat. Die Energie wird in Form elektromagnetischer Strahlung in allen Wellenlängen freigesetzt. Nachdem die Materie im Inneren der Sonne sehr dicht ist, wird sie zunächst von Atom zu Atom weitergegeben (Strahlungszone). Erst rund 70.000 km unter der Photosphäre ändert sich das: Heißes Gas steigt auf, kühlt sich an der Oberfläche ab und sinkt wieder nach unten (Konvektionszone). Bis die Strahlung vom Inneren der Sonne an die Oberfläche gelangt, dauert es im Schnitt über eine Million Jahre (zur Erde hin sind es dann nur noch acht Minuten). Daraus kann man folgern, dass der "Sonnenofen" theoretisch schon lange erloschen sein könnte, bevor wir etwas davon merken. Wenn da nicht die Neutrinos wären: das sind winzige ladungsfreie Teilchen, die ebenfalls bei der Kernverschmelzung entstehen. Sie können sogar die dichte Sonnenmasse mit Lichtgeschwindigkeit durchqueren und geben uns Anhaltspunkte über die Vorgänge im Inneren der Sonne. Aufregung entstand zunächst unter den Sonnenphysikern, da man nur ein Drittel der errechneten Neutrinos fand. Doch inzwischen konnte dieses Problem geklärt werden. Durch die Konvektion entstehen elektrische und magnetische Felder. Diese beschleunigen oder bremsen die aufsteigenden Gase, was dazu führt, dass an bestimmten Stellen die Sonnenoberfläche über 1000°C kühler und damit dunkler ist. Wir sehen dies als Sonnenflecken. An anderen Stellen schießen heiße Gasmassen aus der Sonnenoberfläche heraus (Sonnenprotuberanzen). Während das durchschnittliche Magnetfeld der Sonne ungefähr gleichstark dem der Erde ist, kann es an solchen Stellen fast sechstausend Mal stärker sein. Dazu kommt noch, dass sich durch die differentielle Rotation der Sonne das Magnetfeld schraubenförmig zum Äquator hin aufrollt. Was daraus für die Erscheinungen an der Sonnenoberfläche folgt, erfahren Sie im nächsten Teil. Gerardo Inhester
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