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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema September 2008: "Das erste Fernrohr"

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Nachbildung des Teleskops von Isaac Newton aus dem Jahre 1672, die im Whipple Museum of the History of Science in Cambridge zu finden ist. Mit einer Länge von 15 cm weist das damals neuartige Spiegelteleskop eine ungefähr 40-fache Vergrößerung auf, die sogar die eines 2 m langen Refraktors übertraf. Die optische Qualität war aber aufgrund ungenügend genauen Spiegelschliffes beschränkt.
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Jetzt, da der Sommer gerade vorbei ist und der Herbst Einzug hält, findet man in den Supermärkten schon die ersten Vorboten des Weihnachtsfestes. Mitten im Altweibersommer künden Schokonikoläuse, Lebkuchen und Christbaumschmuck von der vermeintlich "Staden Zeit". Fehlt nur noch, dass man mit "Jingle Bells" oder "White Christmas" beim Einkaufen beschallt wird! Auch die ersten Weihnachtsangebote finden sich bereits in den Einkaufsregalen. In den letzten Jahren waren hierunter oftmals auch Fernrohre. Da man selbst als Kind nur zu oft von einem eigenen Fernrohr träumte, liegt nichts näher, als die eigenen Kinder mit einem solchen "Schnäppchen" zu beglücken. Bevor man allerdings einen weiteren Staubfänger nach Hause schleppt, empfiehlt es sich, vor dem Kauf ein paar Gedanken zu machen.

1. Der Anschaffungszweck

Zunächst gilt es zu klären, für wen das Fernrohr bestimmt sein soll. Will man sich selbst einen lang gehegten Wunsch erfüllen, oder will man Kindern bzw. Jugendlichen den Einstieg in die Astronomie schmackhaft machen? Kinder sollten mindestens sieben Jahre alt sein, da erst ab einem gewissen Alter das Bild im Fernrohr richtig scharf gestellt werden kann. Auch sollte das Kind selbst einigermaßen mit dem Fernrohr umgehen können. Astronomie ist auch eine "Charakterfrage": Neben der richtigen Bedienung des Instruments ist für das "richtige Sehen" auch eine gewisse Übung und Geduld erforderlich. Davon abgesehen, ist es nicht jedermanns Sache, stundenlang mit vor Kälte tauben Fingern an kleinen Rädern herumzuschrauben, bis man endlich die passende Einstellung und den gewünschten Himmelskörper gefunden hat. Womit wir auch schon beim nächsten Punkt wären:

2. Wunsch und Wirklichkeit

Man kennt die gestochen scharfen, farblich brillianten Bilder von Mars, Jupiter, Saturn oder von weit entfernten Galaxien, mit denen uns NASA und ESA durch Satelliten oder durch das Hubble-Teleskop versorgen. Auch so mancher unserer Zeitungsartikel wurde mit solchen Bildern verziert. Um es gleich vorweg zu sagen: solche Bilder werden Sie mit Ihrem Fernrohr, egal welcher Preisklasse, nicht erblicken. Je nach Teleskop und Beobachtungsstandort werden es kleinere, leicht verschwommene und farbärmere Bilder sein, die Sie erblicken, die mit den bekannten Aufnahmen nur wenig gemeinsam haben. Dennoch verschafft das eigene Fernrohr etwas, wozu die besten Bilder nicht in der Lage sind: den "Aha-Effekt", selbst und mit eigenen Augen Millionen vom Kilometern entfernte und uns völlig fremde Welten zu "entdecken".

3. Das Objekt der Begierde

Wie überall gibt es auch bei den Fernrohren die unterschiedlichsten Variationen zu den unterschiedlichsten Preisen. Gerade als Einsteiger oder als Geschenk für Kinder wird man nicht zu einem Oberklassemodell greifen, sondern zunächst versuchen, für möglichst wenig Geld ein taugliches Gerät zu erhalten. Es gibt zwei Arten von Fernrohren: das Spiegelteleskop, auch Reflektor genannt, und das Linsenfernrohr, das auch als Refraktor bezeichnet wird. Das Refraktorteleskop ist eher dünn und länglich und wurde etwa auch von Galileo Galilei oder Johannes Kepler benutzt. Dabei wird das Licht von der Objektivlinse am vorderen Ende des Teleskops gesammelt und auf einen Punkt fokussiert. Das vergrößerte Bild kann dann durch eine kleinere Linse oder einen Satz von Linsen am anderen Ende betrachtet werden. Der Reflektor ist dagegen breiter und kürzer. Die gängisten Bauarten sind das Newton- und das Schmidt-Cassegrain-Teleskop. Hierbei wird das Licht über mehrere Spiegel abgelenkt und in einem Punkt fokussiert.

Von der Abbildungsleistung ist ein Refraktor jedem anderen Fernrohr überlegen, doch ist es wesentlich teurer als ein Spiegelteleskop. Refraktoren sind besonders für die Mond- und Planetenbeobachtung geeignet, Spiegelteleskope sind andererseits lichtstärker, so dass lichtschwächere Objekte wie weit entfernte Sterne oder Galaxien besser beobachtet werden können. Ein Refraktor sollte hierbei über einen Durchmesser von 70 bis 100 mm verfügen, ein Reflektor zwischen 100 bis 130 mm. Auch sollte darauf geachtet werden, dass das Teleskop über einen 1,25 Zoll Anschluss verfügt, um weiteres Zubehör wie etwa Okulare oder Fotoapparate verwenden zu können.

Schließlich sollte das Teleskop noch einigermaßen handlich sein, um nicht nur immer vom heimischen Balkon beobachten zu müssen. Neuerdings werden vermehrt elektronisch gesteuerte Kleinteleskope, meist Reflektoren, angeboten, so genannten "GoTo-Teleskope". Aufwändiges (und nicht selten vergebliches) Suchen entfällt damit, vielmehr lässt sich das Teleskop per Knopfdruck auf das gewünschte Himmelsobjekt positionieren. So manchen "Traditionalisten" missfällt dies, da man so den Nachthimmel nicht grundlegend kennen lernen würde. Jedoch ersparen solche Geräte gerade Einsteigern viel Frust und schaffen damit vielleicht sogar einen leichteren Einstieg in die Amateurastronomie. Eine einfachere Variante ist die Verwendung einer elektrischen Nachführung zumindest in der Rektaszension, die besonders bei stärkerer Vergrößerung dauerndes Nachstellen von Hand unnötig macht.

4. Viel Wahl, viel Qual: Ein Fazit

Beherzigt man die dargelegten Grundregeln, so muss es nicht in jedem Fall ein bei einem Fachhändler angebotenes Markenteleskop sein. Auch so manches Kaufhausfernrohr erfüllt durchaus seinen Zweck und ist oftmals besser als sein Ruf. So ist die Optik bei solchen Geräten meistens ganz in Ordnung, lediglich die Verarbeitung und die mitgelieferte Montierung lässt manchmal zu wünschen übrig. Wer aber Wert auf kompetente Beratung und guten Service legt, kommt um einen Kauf bei einem Fachhändler nicht umhin. Preislich liegen solide Einsteigergeräte um die 300 bis 500 Euro. Letztlich aber muss man sich - wie überall im Leben - darüber im Klaren sein, dass gute Qualität, kompetente Beratung und guter Service einfach seinen Preis hat.

Stefan Poller


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Otto J. Pilzer, 2008-09-01