LOGO

- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema Dezember 2008: "Wenn die Nacht zum Tag wird"

[0812_monatsthema_kk.jpg]
Die aus vielen Einzelbildern zusammengesetzte Nachtaufnahme zeigt die Lichtverschmutzung - man kann gut erkennen, wo hoch entwickelte bzw. bewohnte Gebiete sind. Quelle: NASA/Goddard Space Flight Center Scientific Visualization Studio
[Zum Vergrößern bitte Bild anklicken]

Seit Jahrmilliarden wird das Leben auf der Erde durch den Rhythmus von Tag und Nach und den jeweiligen Jahreszeiten geprägt. Auch der Mensch hat sich seit jeher darauf eingestellt. Spätestens mit Sonnenuntergang und der einbrechenden Dunkelheit war das Tagwerk vollbracht und man begab sich zur Ruhe. Das änderte sich mit der zunehmenden Elektrifizierung in den letzten 100 Jahren. Plötzlich waren Licht und Wärme leicht und scheinbar unbegrenzt verfügbar. Ganze Stadtteile und Straßenzüge wurden nahezu taghell erleuchtet und die Finsternis früherer Tage immer weiter zurückgedrängt. Fährt man heute nachts durch die Straßen unserer Dörfer und Städte so findet man kaum mehr eine Straße, die nicht durch Laternen erhellt und kaum ein tatsächlich oder vermeintlich interessantes Gebäude, das nicht angeleuchtet ist. Immer mehr wurde die Nacht durch den Menschen zum Tag gemacht und der Nachthimmel aufgehellt. Diese Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche Lichtquellen, deren Licht in der Atmosphäre gestreut wird, wird als Lichtverschmutzung (aus dem Englischen für light pollution) bezeichnet. Gerade für Astronomen, aber auch für Natur und Umwelt wie für das menschliche Wohlbefinden ergeben sich hieraus immer mehr Schwierigkeiten.

Ursachen der Lichtverschmutzung sind vor allen Dingen schlechte oder falsche Gebäudeanstrahlung und -beleuchtung, eine schlechte Straßenbeleuchtung, aber auch Projektionsscheinwerfer, so genannte "Skybeamer". "Skybeamer" werden vor allem bei Veranstaltungen oder von Diskotheken zu Werbungszwecken eingesetzt. Es handelt sich um lichtstarke, bündelnde Scheinwerfer, die in den Nachthimmel gerichtet werden und über viele Kilometer hinweg zu sehen sind. Um die Aufmerksamkeit noch weiter zu steigern, werden sie zudem häufig schnell bewegt. Für astronomische Beobachtungen sind diese Scheinwerfer dementsprechend außerordentlich störend. Gefährlich werden sie aber besonders im Straßenverkehr, wo sich aufgrund dieser Ablenkung schon einige Unfälle ereigneten. Außerdem hat sich nun bestätigt, dass Zugvögel hierdurch erheblich beeinträchtigt werden. Mehrmals wurden diese Beamer daher aus Gründen des Landschaftsschutzes und wegen des Ruhe- und Erholungsbedürfnisses der Bevölkerung oder wegen Verkehrsgefährdung verboten. Handelt es sich bei den "Skybeamern" - Gott sei Dank - noch um ein relativ seltenes Phänomen, stellen Gebäudeanstrahlungen inzwischen eine weit verbreitete Unsitte dar. Viele Gemeinden und Unternehmen meinen, die eigenen Gebäude durch möglichst helle und umfassende Anstrahlung in Szene setzen zu müssen, damit diese - und damit auch der eigene Name - hell erstrahlen. Diese Form der Lichtwerbung nimmt immer weiter zu und wird ständig heller. Meist sind diese Strahler zudem schlecht ausgerichtet und haben ein viel zu breites Lichtbündel, wodurch ein großer Anteil des Lichtes am Gebäude vorbei und direkt in den Himmel abgestrahlt wird. Seltene nachtaktive Tierarten wie etwa der Turmfalke, der besonders in alten Gemäuern wie Kirchtürmen seinen Lebensraum findet, werden hierdurch erheblich beeinträchtigt. Die Hauptursache für die zunehmende Lichtverschmutzung und für die Lichterglocken über den Städten ist jedoch die Straßenbeleuchtung. Sinnvoll eingesetzt dient diese der Sicherheit und erhöht die Lebensqualität. In vielen Fällen ist sie jedoch ineffektiv: durch falsche Lampen oder durch falsche Aufstellung strahlt ein Großteil des Lichts völlig nutzlos in den Nachthimmel ab und geht damit verloren. Auch erhöht eine übermäßige Beleuchtung nicht unbedingt die Sicherheit: so werden etwa in Belgien auch sämtliche Autobahnen beleuchtet. Ganz davon abgesehen, dass dies in Deutschland nicht machbar wäre, hat diese Maßnahme nicht zu einer Verringerung der tödlichen Verkehrsunfälle auf belgischen Autobahnen beigetragen.

Welches Ausmaß die künstliche Beleuchtung weltweit inzwischen erlangt hat, kann man unschwer an nebenstehendem Bild erkennen. Gerade in Europa, aber auch in den USA und in vielen Staaten Asiens sind kaum mehr dunkle Flecken erkennbar. Inzwischen ist der Nachthimmel in Deutschland soweit erhellt, dass in vielen Gegenden und Städten Deutschlands in der Nacht kaum mehr Sterne am Firmament erkannt werden können. Dementsprechend verwundert es auch nicht allzu sehr, dass nach einer Umfrage 33 Prozent aller Deutschen die Milchstraße noch nie gesehen haben, bei unter 30-Jährigen beträgt der Anteil sogar 44 Prozent! In unserer ländlichen Gegend ist dies zum Glück noch nicht der Fall. Doch auch bei uns kann man noch von weitem die Lichtglocke Salzburgs erkennen. Richtig dunkel ist es bei uns in der Nacht daher schon längst nicht mehr. Dabei ist die Nacht als Ruhe- und Regenerationsphase für den Menschen von enormer Wichtigkeit. Dunkelheit ist etwa erforderlich, damit der menschliche Körper das Hormon Melatonin produzieren kann, welches das Wachstum bestimmter Krebsarten unterdrücken kann. Auch Tiere und Pflanzen benötigen die Dunkelheit: sei es, um sich zu regenerieren oder sei es, um sich auf Beutefang zu begeben. Unverständlich ist es auch, wenn Gemeinden in Zeiten leerer Haushaltskassen jährlich mehrere hundert Millionen Euro an Steuergeldern für überflüssige Gebäude- oder Straßenbeleuchtungen ausgeben, von den damit einhergehenden CO2-Belastungen für die Umwelt ganz zu schweigen. Vielleicht besteht aber gerade im Hinblick auf die steigenden Energiepreise ein Funken Hoffnung, dass hier ein Umdenken einsetzt.

Die Betrachtung des Sternenhimmels als eines der ältesten Kulturgüter der Menschheit, ohne die weder die Bestimmung der Zeit, noch die Entdeckung fremder Länder und Kontinente möglich gewesen wäre, muss auch weiterhin erhalten bleiben. Die Fachgruppe DARK SKY der Vereinigung der Sternenfreunde hat sich dies zum Ziel gesetzt. Im Internet unter der Adresse http://www.lichtverschmutzung.de/ finden sich weiterführende Informationen.

Stefan Poller


Zum Sternenhimmel Dezember 2008

Zu den anderen Monatsthemen


[AAL] Zurück zur Home Page der AAL
Otto J. Pilzer, 2008-12-01