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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema Juni 2009: "Offene Sternhaufen"

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NGC 604 in der Triangulum-Galaxie M 33 ist ein offener Sternenhaufen. Er ist umgeben von einem H-II-Gebiet. Es ist eines der größten Sternentstehungsgebiete. (Hubble-Aufnahme, die schwarzen Bereiche links oben sind durch das aufnehmende Gerät verursacht)
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Lässt man in einer dunklen Nacht den Blick über den Himmel schweifen, so sieht man oft Stellen, an denen die Sterne deutlich dichter stehen als anderswo. Sind das Offene Sternhaufen? Die dezidierte Antwort darauf ist: Vielleicht, denn zu einem Offenen Sternhaufen gehört mehr, als dass eine Anzahl von Sternen von der Erde aus scheinbar dichter steht:

Als Offene Sternenhaufen werden unregelmäßige Ansammlungen von dreißig bis zu einigen tausend Sternen bezeichnet. Sie müssen aber physisch zusammengehören, das bedeutet auch ungefähr gleichweit von der Erde entfernt sein, somit nahe beieinander stehen, und nicht nur in der gleichen Richtung liegen.

Wohl bekanntestes und markantestes Beispiel dafür sind die Plejaden, das "Siebengestirn" im Sternbild Stier, das wohl jeder kennt. Sie werden auf 3.000 Sterne geschätzt, von denen man ca. 6 bis 7 mit bloßem Auge erkennen kann. Der Haufen hat einen Durchmesser von 2°. Er ist 410 Lichtjahre entfernt und hat ein Alter von mindestens 50 Millionen Jahren, besteht also aus sehr jungen Sternen. Die helleren sind noch von Gas- und Staubmassen umgeben. Er bewegt sich mit 20 km/s bezüglich der Sonne auf einen Konvergenzpunkt an der Grenze zwischen den Sternbildern Taube und Maler zu.

Es gibt noch einige weitere bekannte, aber längst nicht so markante Offene Sternhaufen, wie zum Beispiel die Hyaden, die auch zum Sternbild Stier gehören, oder die Krippe (Praesepe) im Sternbild Krebs. Für die Beobachtung der meisten weiteren Offenen Sternhaufen benötigt man schon zumindest einen Feldstecher. In unserer Milchstraße gibt es schätzungsweise 15.000 solche Sternhaufen und es ist, wie schon gesagt, nicht so einfach festzustellen, ob so eine Sternanhäufung ein Offener Sternhaufen ist, oder nicht.

Die Offenen Sternhaufen kann man leicht von dem anderen Typ von Sternhaufen, den Kugelsternhaufen unterscheiden. Diese haben eine ziemlich regelmäßige Kugelform mit einer starken Konzentration im Zentrum, sind aber auf der Nordhalbkugel durchweg nur Objekte für größere Feldstecher oder Fernrohre. Offene Sternenhaufen werden manchmal auch galaktische Haufen genannt, da sie sich fast ausschließlich in der galaktischen Ebene der Milchstraße befinden.

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Stellung von NGC 604 in der Triangulum-Galaxie M 33. (Quelle: DSS - "The STScI Digitized Sky Survey")
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Nun zur Entstehung und zu den sich daraus ergebenden weiteren Eigenschaften der Offenen Sternhaufen. Offene Sterhaufen haben sich aus einer gemeinsamen, großen Gaswolke gebildet, die hauptsächlich aus ionisiertem atomaren Wasserstoff besteht. Das bedeutet, dass die Sterne einigermaßen nahe beieinander sind und nicht nur von der Erde aus gesehen scheinbar so liegen. Da sie sich aus der selben Gaswolke gebildet haben, haben sie auch annähernd gleiches Alter, ähnliche Zusammensetzung und eine gemeinsame - mehr oder weniger schnelle - Bewegung in einer bestimmten Richtung. Ihr Alter ist mit einigen hundert Millionen Jahren verhältnismäßig gering und die Dichte im Zentrum des Haufens ist nicht groß, d.h. man kann im Gegensatz zu den Kugelsternhaufen durch einen Offenen Sterhaufen hindurchschauen. Trotzdem heben sie sich deutlich vom Himmelshintergrund ab. Da sie jung sind, findet man sie nur in Galaxien, in denen noch Sternentstehung stattfindet, wie z.B. in Spiralgalaxien, wie unsere Milchstraße, und in Irregulären Galaxien, wie den Magellanschen Wolken auf der Südhalbkugel. Häufig sind noch Reste der Gas- und Staubwolken um diese Sterne vorhanden und werden von diesen aufgehellt. Das kann man etwa bei länger belichteten Aufnahmen der Plejaden, unserem Paradebeispiel, gut erkennen. Sobald die ersten Sterne entstanden sind, stoßen die größten und heißesten Sterne eine enorme Menge ultravioletter Strahlung aus. Diese Strahlung ionisiert das umliegende Gas der Riesenmolekülwolke, wodurch sich ein so genanntes H-II-Gebiet bildet, das sind Wolken aus ionisiertem, atomaren Wasserstoff. Die Sternenwinde der schweren Sterne und der Strahlungsdruck verdrängen bald das umliegende Gas. Nach ein paar Millionen Jahren kommt es zur ersten Supernova eines Sternes, wodurch weiteres Gas aus dem System hinausgeschleudert wird. Nach einigen Zehnmillionen Jahren ist nur noch so viel Gas übrig geblieben, dass es nicht mehr zu einer Sternenentstehung kommen kann. Meistens werden vom anfänglich vorhandenen Gas nur 10% zur Sternenbildung genutzt. Der Rest wird weggeblasen.

Da die Sterne eines Offenen Sternhaufens weit auseinander stehen, ist ihr gravitativer Zusammenhalt nicht so stark und sie können leichter einzelne Mitglieder verlieren oder sie werden durch Zusammenstöße mit anderen Sternenhaufen oder Gaswolken zerstört.

Für die Untersuchung der Sternentstehung sind Offene Sternenhaufen sehr wichtige Objekte. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Sterne alle ungefähr das gleiche Alter und dieselbe chemische Zusammensetzung haben. So fallen kleine Unterschiede der Eigenschaften viel schneller auf, als wenn man nur isolierte Sterne beobachtet.

Manchmal formen sich zwei Sternenhaufen, die in der gleichen Zeit entstanden sind, zu so genannten Doppelsternhaufen. Das bekannteste Beispiel in der Milchstraße ist der Doppelsternhaufen h und Chi Persei, man kennt jedoch noch zehn weitere. Man hat viele in der Kleinen und Großen Magellanschen Wolke gefunden. Sie sind in anderen Galaxien einfacher aufzuspüren, da Projektionseffekte in der Milchstraße dazu führen können, dass nicht zusammengehörige Sterne so erscheinen, als würden sie sich dicht nebeneinander befinden.

Die Zeitspanne, die ein Sternenhaufen Bestand hat, hängt hauptsächlich von seiner Anfangsmasse ab. Viele Offene Sternenhaufen sind seit ihrer Entstehung instabil. Ihre Gesamtmasse ist so gering, dass die Fluchtgeschwindigkeit aus diesem System geringer ist als die durchschnittliche Geschwindigkeit ihrer Sterne. Diese Sternenhaufen lösen sich innerhalb von ein paar Millionen Jahren auf. Da das umliegende Gas durch den Strahlungsdruck der jungen heißen Sterne weggeblasen wird, reduziert sich die Masse, so dass eine schnelle Zerstreuung möglich ist.

Manche der Offenen Sternhaufen sind so weit verteilt, dass diese gar nicht als Sternsystem wahrgenommen werden. Nur über ihre Bewegungsmuster verraten die Einzelsterne, dass sie zu einem gemeinsamen System gehören, das sich allerdings in Auflösung befindet. Einen dieser Bewegungshaufen haben Sie schon oft gesehen: den Ursa-Maior-Bewegungshaufen oder Bärenstrom: Fast alle Sterne des Großen Wagens gehören zu diesem Sternhaufen, von dem rund 150 Einzelsterne bekannt sind. Die meisten liegen rund um das Sternbild, aber auch der am Firmament weit entfernte Stern Sirius war vermutlich einst Teil des Bärenstroms. Erkennbar ist das System nur dadurch, dass sich alle seine Sterne in gleicher Geschwindigkeit in die gleiche Richtung bewegen - mit rund 100.000 Kilometern pro Stunde wandert der Bärenstrom zum Sternbild Schütze, wo sein so genannter Konvergenzpunkt liegt.

Gerardo Inhester


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Otto J. Pilzer, 2009-06-01