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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema August 2009: "Planetarische Nebel"

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M 57, der Ringnebel in der Leier, ist wohl der bekannteste Planetarische Nebel, der vor etwa 20.000 Jahren entstand, als ein Stern seine äußere Gashülle abgestoßen hat. Die Gashülle dehnt sich mit einer Geschwindigkeit von 19 km/s aus und hat derzeit einen scheinbaren Durchmesser von ca. 118 Bogensekunden, was bei einer Entfernung von 2.300 Lichtjahren einen absoluten Durchmesser von ca. 1,3 Lichtjahren bedeutet. Er hat eine Helligkeit von 8,8 mag und genau im Zentrum erkennt man deutlich den 15,8 mag hellen Weißen Zwerg, den Rest des ursprünglichen Sterns. Dem Hubble-Space-Teleskop gelang diese wunderbare Aufnahme.
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Wenn wir weit in die Zukunft blicken könnten - so etwa acht Milliarden Jahre - und von außen auf unser Sonnensystem schauen würden, dann sähen wir die Überreste unserer Sonne als einen Planetarischen Nebel, denn das ist die Entwicklung, die Sterne dieser Größe nehmen. Das bedeutet, wir beschäftigen uns wieder einmal mit unserer eigenen Zukunft, auch wenn das "unserer" wohl etwas weit gefasst ist, denn es ist die ferne Zukunft unseres Sonnensystems.

Doch beginnen wir mit dem Namen, dieser ist nämlich irreführend. Ein Planetarischer Nebel hat mit Planeten überhaupt nichts zu tun. Die Bezeichnung stammt aus den Anfangszeiten der Teleskope, als Planetarische Nebel im noch lichtschwachen Fernrohr ein ähnliches Aussehen wie unsere Gasplaneten aufwiesen. Das war auch der Grund, weshalb früher alle unscharfen Objekte am Himmel grundsätzlich als Nebel bezeichnet wurden. Erst mit der Entwicklung leistungsfähigerer Teleskope fing man an zu differenzieren.

Was ist nun ein Planetarischer Nebel und wie entsteht er?

Ein Stern, der weniger als drei Sonnenmassen hat, erzeugt seine Energie durch Kernfusion, indem er Wasserstoff in Helium umwandelt. Nachdem Sterne dieser Größenordnung mit ihrer Energie sparsam umgehen, kann dies mehrere Milliarden Jahre dauern. Es herrscht dabei ein Gleichgewicht zwischen der Gravitation und dem Strahlungsdruck. Ist im Kern der Wasserstoffvorrat verbraucht, so lässt der Strahlungsdruck nach, der Kern wird komprimiert und die Temperatur heizt sich dort von 15 Millionen auf ca. 100 Millionen Grad auf. Dabei entstehen neue Reaktionen und das Helium fusioniert zu Kohlenstoff und Sauerstoff, während in einer äußeren Schale weiterhin die Kernfusion von Wasserstoff zu Helium stattfindet. Der Stern dehnt sich stark aus, was zur Folge hat, dass sich seine Oberfläche vervielfacht und die Oberflächentemperatur sinkt. Der Stern tritt in das Stadium des "Roten Riesen".

Die Helium-Kernfusion ist aber sehr temperaturempfindlich: Bei einem Temperaturanstieg beschleunigt sie sich stark, erzeugt mehr Energie und ihre Schichten dehnen sich aus. Dieses führt aber wieder zu einer Abkühlung, welche die Reaktion verlangsamt. Die Folge: der Stern beginnt zu pulsieren. Diese Pulsation kann so stark sein, dass der Stern seine ganze Sternatmosphäre abstößt, die sich mit 20 bis 40 km/sec. ausdehnt, als verhältnismäßig langsamer Sternenwind vom Stern entfernt und dabei eine Temperatur von etwa 10.000 Grad erreicht.

In dem Maße, in dem der Stern seine Hülle verliert, wird der heißere Kern freigelegt und seine Farbe verändert sich über orange, gelb und weiß zu blau hin, was bedeutet, dass seine Oberflächentemperatur immer mehr ansteigt. Erreicht sie 30.000 Grad, so sendet der Stern energiereiche UV-Strahlung aus, welche die abgestoßene Hülle ionisiert und zum Leuchten anregt.

Durch diese Energiezufuhr werden die Elektronen in höhere Bahnen gehoben oder sie verlassen den Atomkern ganz. Nach einer gewissen Zeit fallen die Elektronen wieder in niedrigere Bahnen zurück und geben dabei die vorher aufgenommene Energie wieder in Form von Lichtphotonen ab, das Gas leuchtet (Rekombinationsleuchten).

Da das Gas in alle Richtungen abgestoßen wurde, entsteht im Idealfall eine Kugelschale, von der vor allem der Rand sichtbar ist, da man hier auf eine dichtere Schicht des Gases blickt, während das Innere mehr oder weniger durchsichtig ist und man im Zentrum den Weißen Zwerg, das Überbleibsel des Sterns, sieht. Mit dem Hubble-Weltraumteleskop wurden Aufnahmen vieler planetarischer Nebel angefertigt. Ein Fünftel der Nebel weist eine kugelförmige Gestalt auf, die Mehrzahl ist jedoch komplex aufgebaut und weist unterschiedliche Formen auf. Die Mechanismen der Formgebung sind noch nicht genau bekannt. Mögliche Ursachen könnten Begleitsterne, Sternwinde oder Magnetfelder sein, denn die Gashüllen sind immer noch dünner als das extremste Vakuum, das wir auf der Erde erzeugen können und können deswegen leicht verformt werden.

Die Ausdehnung eines Planetarischen Nebels ist viel größer als die strahlende Grenze, die wir sehen. Denn das Gas strahlt nur dort, wo die UV-Strahlung des Sterns stark genug ist. Die Ausdehnung der sichtbaren Scheibe ist auch abhängig von der Farbe, in der man sie betrachtet.

Nachdem sich die Gashülle schnell ausdehnt und auch die Strahlung des Sterns sich verändert, sind Planetarische Nebel nur eine vorübergehende Erscheinung. Sie existieren meist nicht länger als einige zehntausend Jahre - im Vergleich zu einem durchschnittlichen "Sternenleben", das mitunter mehrere Milliarden Jahre dauert, ist diese Zeitspanne sehr gering.

In unserer Galaxie, der Milchstraße, sind rund 1.500 planetarische Nebel bekannt, ihre Gesamtzahl wird allerdings auf ca. 50.000 geschätzt. Sie liegen fast ausschließlich in der Nähe der galaktischen Ebene.

Planetarische Nebel spielen eine entscheidende Rolle in der chemischen Evolution der Galaxie, da das abgestoßene Material die interstellare Materie mit schweren Elementen, wie Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Calcium und anderen Reaktionsprodukten der stellaren Kernfusion anreichert. In anderen Galaxien sind planetarische Nebel manchmal die einzigen beobachtbaren Objekte, die genug Information liefern, um etwas über die chemische Zusammensetzung zu erfahren.

Eines der bekanntesten Beispiele ist M 57, der Ringnebel in der Leier. Er wurde 1779 von Antoine Darquier bei der Beobachtung eines Kometen entdeckt und mit einem Planeten verglichen, was Friedrich Wilhelm Herschel dazu bewog, die allgemeine Bezeichnung "Planetarischer Nebel" einzuführen. Mit einer Helligkeit von 8,8 mag ist er schon im kleineren Teleskop erkennbar. Die Entfernung von Planetarischen Nebeln ist schwer zu bestimmen. Neueste Beobachtungen von M 57 gehen von einer Entfernung von 2.300 Lichtjahren aus. Entsprechend wird sein Alter auf ca. 8.000 Jahre geschätzt, was einer Expansionsgeschwindigkeit von 19,2 km/sek entspricht. Sein Zentralstern hat eine Helligkeit von 14,7 mag und eine Oberflächentemperatur von 70.000°. Die kaum vorstellbare Farbenpracht, welche die Planetarischen Nebel auszeichnet, wird allerdings erst auf lang belichteten Aufnahmen sichtbar.

Gerardo Inhester


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Otto J. Pilzer, 2009-08-01