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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema September 2009: "Polarlichter"

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Das großartige Polarlicht in der Nacht vom 30. auf den 31. Oktober 2003; aufgenommen in Kirchanschöring auf Diafilm Fuji Provia 400F; Objektiv 20mm/f4, Belichtungszeit 20sec. Sehr gut erkennen kann man den Großen Wagen, aber auch den Polarstern mit dem Kleinen Wagen. Bildautor: Bernhard Kindermann, AAL
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Eine große Schlacht wurde geschlagen, viel Blut dabei vergossen! Die Walküren reiten über den Himmel! Sie wählen die Helden aus, die fortan an Odins Tafel speisen dürfen. In ihren Rüstungen spiegelt sich das schimmernde Mondlicht... So erklärten sich die Wikinger das seltsame Phänomen, das in manchen Nächten am Nordhimmel zu erblicken ist.

Das Polarlicht zählt zu den spektakulärsten Erscheinungen des Nachthimmels. Die Aurora borealis oder das Nordlicht wird im Allgemeinen nördlich, die Aurora australis oder das Südlicht südlich von 60 Grad nördlicher bzw. südlicher Breite beobachtet. Vereinzelt wurden Polarlichter aber auch schon in unseren Gefilden und sogar der Mittelmeerregion - so 2003 in Griechenland und auf den kanarischen Inseln - beobachtet. Voraussetzung zur Beobachtung ist natürlich ein klarer Himmel.

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Rotes Polarlicht aufgenommen im August 1991 in der Nähe von Edmonton, Provinz Alberta, Canada. Bildautor: Andreas Kronawitter, AAL
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Die meisten Leute kennen das Phänomen aber nur von Bildern oder aus Filmen: Es ist ein schwer in Worte zu fassender, jedoch umso fesselnderer Anblick, wenn bandartige grünliche oder rötliche Lichterscheinungen in Sekundenschnelle wellenförmig über den Nachthimmel wandern. Teilweise erscheinen wie aus dem Nichts auch weißliche Bögen und Strahlen. Der norwegische Königsspiegel aus dem Jahr 1250 beschreibt es folgendermaßen: "Es scheint als eine große, aus der Ferne gesehene Flamme von einem starken Feuer; von derselben schießen, dem Anschein nach in die Luft hinauf scharfe Spitzen von ungleicher Höhe und sehr unbeständig, so dass bald die eine, bald die andere höher ist, und so schwebt dieses Licht wie eine leuchtende Lobe [=(Licht-)Zunge]."

Als regelmäßig wiederkehrendes Himmelsereignis fanden die Polarlichter sogar im Bauernkalender ihren Niederschlag. So besagt eine Bauernregel: Oktobernordlicht, glaub' es mir, verkündet harten Winter dir. Allerdings haben Polarlichter und Wettergeschehnisse miteinander nichts zu tun, spielen sich erstere doch in einer Höhe zwischen 65 und 400 km, letztere in einer Höhe unter 15 km ab.

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Blaues Polarlicht aufgenommen im August 1991 in der Nähe von Edmonton, Provinz Alberta, Canada. Bildautor: Andreas Kronawitter, AAL
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Die Ursache für die Entstehung des Polarlichts ist der so genannte Sonnenwind, ein Strom aus geladenen Teilchen, vor allem Elektronen und Protonen, die von der Sonne ins All geschleudert werden. Treffen diese Teilchen nun auf das Erdmagnetfeld, werden die meisten von ihnen durch das Magnetfeld abgeschirmt. An den Polen jedoch werden einige von ihnen senkrecht zur Erdoberfläche entlang des Verlaufs des Magnetfelds abgelenkt und dringen somit mit einer Geschwindigkeit von bis zu drei Millionen km/h in die Erdatmosphäre ein. Hier können die geladenen Teilchen nun mit den Molekülen der Erdatmosphäre reagieren und diese anregen, also die Elektronenkonfiguration der getroffenen Moleküle verändern. Fällt das angeregte Molekül wieder in seinen Ausgangszustand zurück, sendet es sichtbares Licht aus. Dieser Vorgang wird dabei auch als Fluoreszenz bezeichnet. Welche Farbe das emittierte Licht aufweist, ist von der Eindringtiefe des Sonnenwindes und der Art der getroffenen Moleküle abhängig: geschieht die Anregung von Sauerstoffmolekülen in 200 km Höhe, so scheint das Licht eher rötlich; dringen die Teilchen bis auf ein Höhe von 100 km ein, wirkt das Licht grünlich. Bei der Anregung von Stickstoffmolekülen können auch bläuliche und violette Farben vorkommen. Dies geschieht allerdings nur bei hohen Energien und kommt nur in Phasen großer Sonnenwindaktivität vor. Polarlichter sind dementsprechend auch keine exklusiv irdischen Phänomene: Sie können auch auf anderen Planeten entstehen, sofern diese über ein eigenes Magnetfeld sowie über eine Atmosphäre verfügen. Selbst "künstliche" Polarlichter tauchten im 20. Jahrhundert leider auf: Nach Kernwaffenversuchen der USA im Jahr 1962 in 400 km Höhe entstanden ganz ähnliche Himmelserscheinungen wie bei den "herkömmlichen" Polarlichtern.

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Grünes Polarlicht aufgenommen im August 1991 in der Nähe der Univerität von Alaska in Fairbanks, Alaska, USA. Bildautor: Andreas Kronawitter, AAL
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Die Stärke der beobachteten Polarlichter ist vom Sonnenfleckenzyklus abhängig: Im Abstand von 11 Jahren finden besonders heftige Eruptionen auf der Sonne statt (so genannter Solarmax), bei denen dann außergewöhnlich viele Teilchen ins All geschleudert werden. In der Folge tritt dann eine Häufung der auch in polarfernen Regionen beobachtbaren Polarlichter auf. Das letzte Aktivitätsmaximum war im Jahr 2001. Bis die Teilchen, die bei einer Eruption die Sonne verließen, die Erde erreichen, vergehen etwa 24-48 Stunden. Das heißt, es ist möglich, nach einem Flare, also einer großen Sonneneruption, eine erhöhte Polarlichtaktivität vorherzusagen. Im Internet existiert eine "Polarlichtvorhersage" unter der Adresse: "http://www.meteoros.de/polar/polwarn.htm". Finden wieder erhöhte Sonnenwindaktivitäten statt, kann man sich hier schnell informieren, ob innerhalb der nächsten zwei Tage ein Nordlicht zu erwarten ist. Vielleicht wird es somit mehr Menschen auch ohne Reisen in den hohen Norden (oder tiefen Süden) möglich, diesem faszinierenden Himmelsereignis beizuwohnen und sich ein eigenes Bild dieser Erscheinungen zu machen, das so wundervoll anzublicken und doch so schwer in Worten wiederzugeben ist.

Stefanie und Stefan Poller


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Otto J. Pilzer, 2009-09-01