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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema Oktober 2009: "Exoplaneten - Gibt es erdähnliche Planeten in unserer Milchstraße?"

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Der jupiterähnliche Exoplanet Fomalhaut b umkreist den 200 Millionen Jahre alten und 25 Lichtjahre entfernten Stern Fomalhaut (Sternbild Südlicher Fisch). Für eine Umrundung braucht er 872 Jahre. (künstlerische Darstellung) Quelle: NASA, ESA
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Nicht nur die Wissenschaftler auf der ganzen Welt zeigen starkes Interesse daran, herauszufinden, ob es außer uns Menschen irgendwo im Weltall noch andere Lebewesen gibt. Auf der Suche nach der Existenz solcher Lebewesen gab es besonders im letzten und vorletzten Jahrhundert wilde Spekulationen über Bewohner auf den Planeten unseres Sonnensystems, besonders des nahe gelegenen Planeten Mars. Aufgeregte Reaktionen lösten die Berichte des italienischen Ingenieurswissenschaftlers und späteren Astronomen Giovanni Schiaparelli aus, der 1877 mit seinem Fernrohr anlässlich einer günstigen Marsopposition auf dem Mars so genannte "Marskanäle" entdeckt haben wollte. Wilde Spekulationen über uns weit überlegene Bewohner des Mars setzten die Menschen dieser Zeit in Aufregung. Schiaparelli blieb ganze zwei Jahre der einzige, der diese "Kanäle" gesehen hatte, bis weitere Beobachter ähnliche Erscheinungen auf der Marsoberfläche wahrnehmen konnten. Es dauerte fast ein Jahrhundert, bis 1965 die exzellenten Fotos der amerikanischen Raumsonde Mariner 4 diesen Phantastereien ein jähes Ende bereiteten. Dann wurde es einige Zeit still um die "Außerirdischen". Erst seit im Jahre 1995 der erste Planet außerhalb unseres Sonnensystems entdeckt wurde, nahm das allgemeine Interesse an diesem Thema wieder zu.

Mittlerweile hat die Suche nach so genannten extrasolaren Planeten, kurz Exoplaneten genannt, weltumspannend eingesetzt. Zahllose Forschungseinrichtungen richten ihr Augenmerk auf diesen zukunftsträchtigen Zweig der Astronomie. Einige Institute konzentrieren sich fast ausschließlich auf die Suche nach Exoplaneten. Da ist es nicht verwunderlich, dass die Zahl der neu entdeckten Planeten um ferne Sterne rasch angestiegen ist. Im Dezember 2004 waren es schon 135, im Juli dieses Jahres bereits 353 Planeten um fremde Sonnen. Möglich gemacht wurden diese Erfolge durch stark verfeinerte Meßmethoden sowohl bodengestützter Sternwarten, als auch auf speziell dafür ausgelegten Satelliten im Weltraum.

Warum hat es so lange gedauert, bis der erste Exoplanet aufgespürt wurde und welche Methoden muss man anwenden, um zum Ziel zu gelangen?

In erster Linie war der technische Stand der Teleskope und der Messverfahren auf der Erde wie auch bei den Weltraumteleskopen nicht so weit entwickelt, dass Erfolge zu erwarten waren. Es ist ja bereits weit vor der ersten Entdeckung eines extrasolaren Planeten nach solchen geforscht worden, allerdings erfolglos. Die Herausforderung war, gemessen an dem Stand der damaligen Technik, einfach zu groß. Im Wesentlichen drei Verfahren sind geeignet, Exoplaneten nachzuweisen:

1) Bei der Radialgeschwindigkeits-Methode bedient man sich der Spektralanalyse und misst die Geschwindigkeit des Sterns, wenn er sich auf dem Weg um den gemeinsamen Schwerpunkt von Sonne und Planeten vom Beobachter weg bzw. auf ihn zu bewegt. Aus der Verschiebung der Spektrallinien zum Blauen bzw. Roten hin kann der Astronom auf die Umlaufzeit und die Masse des Begleiters schließen. Diese Methode ist zur Zeit wegen der erforderlichen hohen Auflösung der Relativgeschwindigkeit nur für große, massereichen Gasriesen als Begleiter geeignet (ein erdähnlicher Planet hätte eine zu kleine Massewirkung auf den Zentralstern, die Erde verursacht bei der Sonne eine Variation der Radialgeschwindigkeit von winzigen 0,1 Meter pro Sekunde!).

2) Die Astrometrie-Methode ist verwandt mit der Radialgeschwindigkeitsmethode. Hier misst man das Hin- und Herwackeln des Sterns direkt. Hierzu sind bei erdgestützten Observatorien nur sehr große Teleskope mit besonderen Meßverfahren geeignet. Bisher gelang es nicht, die Ergebnisse dieser Suche mit anderen, modernen Methoden zu bestätigen. Mit dem Hubble Space Telecope der NASA in Verbindung mit dem Fine Guidance Sensors (übersetzt etwa mit: Sensor mit extrem genauer Nachführung) ist es allerdings gelungen, mit dieser Methode zwei bis drei Exoplaneten nachzuweisen, allerdings nur bei nahegelegenen Sternen kleiner Masse. Der ESA-Satellit Hipparcos wurde ebenfalls zur Suche eingesetzt. Mit ihm ist es gelungen, bei einer Reihe von Sternen die Obergrenze für mögliche Planeten zu ermitteln. Der im Jahre 2011 geplante Start des ESA-Satelliten Gaia wird möglicherweise die Zahl der gefundenen Exoplaneten drastisch erhöhen. Gaia ist so ausgestattet, dass seine Messgeräte an Bord mit bisher unerreichter Präzision Sternpositionen vermessen können. Man erwartet, 10.000 bis 50.000 Planeten in Jupitergröße entdecken zu können. Allerdings erwartet man auch von Gaia nicht, erdähnliche Planeten entdecken zu können.

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Transit eines Exoplaneten vor der Sternscheibe; unten die zugehörige Messkurve des aufgefangenen Lichts. (künstlerische Darstellung) Quelle: CNES, ESA

3) Bei der Transit-Methode misst man den äußerst geringen Helligkeitsabfall beim Durchgang des vermuteten Satelliten durch die Sternscheibe. Die Periode des Helligkeitseinbruchs gibt dann Aufschluss über minimale Masse und Größe des Trabanten. Dabei ist besonders wichtig und auch schwierig, die überlagerten Störeinwirkungen auszuschalten. Es ist einleuchtend, dass bei diesem Vorgehen nur Planeten entdeckt werden können, deren Bahnebene mit der Sichtlinie zu diesem Stern übereinstimmt.

Der am 6. März dieses Jahres gestartete NASA-Forschungssatellit Kepler, ausgelegt auf 3,5 Jahre Betriebszeit im Weltraum (erweiterbar auf 6 Jahre), bedient sich der Transitmethode. Da Kepler den Forschungsbetrieb aufgenommen hat, will ich etwas ausführlicher auf diesen Satelliten eingehen. Sein festes Beobachtungsfeld von ca. 12 x 12 Grad ist ein Bereich der Milchstraße zwischen dem Stern Deneb im Sternbild Schwan und Vega in der Leier. Ein Schmidt-Spiegel, dessen Primärspiegel 1,4 Meter Durchmesser hat, fokussiert sein Bild auf eine Anordnung von 42 CCD's (charge coupled devices: CCD's werden in vielen Digital-Kameras als Bildsensor verwendet). Jeder Chip hat 2200 x 1024 Pixel, also insgesamt 95 Megapixel. Dieses Array dient nicht der fotografischen Erfassung des Sternfeldes (was selbstverständlich möglich ist und auch in der Testphase des Satelliten gemacht wurde), sondern der fotometrischen Messung der Sternhelligkeit. Dabei wird absichtlich die Fokussierung verändert und die Sternscheibe etwas unscharf mit etwa 10 Bogensekunden Durchmesser auf dem Chip abgebildet. Die fotometrische Erfassung des Sterns wird dadurch genauer! Um die Sättigung des CCD zu vermeiden, wird das Pixel alle 3 Sekunden ausgelesen. Zur Steigerung des Rauschverhaltens werden die ausgelesenen Daten 30 Minuten integriert (Hobby-Astronomen wird das bekannt vorkommen: Astroprogramme wie RegiStax, Fitswork, Giotto machen das ebenfalls). Nur Sterne heller als 14 mag werden aufgezeichnet. Weil zur Ausrichtung der Antenne die Beobachtungslage von Kepler verändert werden muss, erfolgt der Nutzdatentransfer zur Bodenstation nur einmal im Monat.

Bei konservativer Einschätzung der erzielbaren Ergebnisse geht die NASA davon aus, 50 Planeten von der Größe der Erde, 185 Planeten der Größe 1,3-mal der Erde, 640 Planeten der Größe 2,2-mal der Erde entdecken zu können! Beteiligt an der Erforschung der Exoplaneten ist auch der im Dezember 2006 gestartete, französische Satellit Corot. Mit zwei Teleskopen von je 1,1 m Durchmesser fahndet diese Sonde sowohl mit der Transitmethode, als auch mit einem Programm, das seismische Wellen ähnlich wie bei der Sonne nachweist, nach Exoplaneten. Dabei wird er auch heiße Felsplaneten von der mehrfachen Größe der Erde nachweisen können. Auch die USA sind mit dem Weltraumteleskop Spitzer auf der Jagd nach Exoplaneten. Nachdem kürzlich das als Kühlmittel eingesetzte Cryogen planmäßig zu Ende ging, kann Spitzer dennoch im Infraroten mit seinem exzellenten "Infrared Array Detector" weiterarbeiten. Spitzer soll künftig neben seinen anderen Aufgaben speziell die Ergebnisse der Kepler-Sonde bestätigen und weiter verarbeiten.

Man kann daher wirklich auf die nächsten Jahre der wissenschaftlichen Auswertung der Daten von Kepler, Spitzer und Corot gespannt sein. Insbesondere wird sich die Forschung auf die Zone der Planetenbahnen erstrecken, welche man die habitable d.h. die bewohnbare Zone bezeichnet. Von unserem Sonnensystem ausgehend, erstreckt sich die habitable Zone im Wesentlichen von der Venus- bis zur Marsbahn. Auf allen anderen Bahnen um die Sonne ist es entweder zu heiß oder zu kalt, um Entstehen von Leben zu ermöglichen. Das Ziel der Zukunft wird sein, diese Planeten in habitabler Umgebung direkt abzubilden und ihre chemische Zusammensetzung erforschen zu können.

Die Ausrichtgenauigkeit der Satelliten und Präzision der Messgeräte, die heute Stand der Technik sind, werden noch deutlich gesteigert werden müssen, um diesem Traum näher zu kommen.

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Künstlerische Darstellung eines zukünftigen Terrestrial Planet Finder, wie ihn die NASA für das Jahr 2020 plant. Ein Array von im Weltraum formationsartig ausgerichteten Spiegeln vereint das gesammelte Licht auf ein Infrarot-Interferometer. Quelle: NASA
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Die Erwartungen an die in den nächsten zehn Jahren geplanten bzw. bereits in der Testphase befindlichen Forschungssatelliten der ESA (Gaia, Plato, Spica) und der NASA (SIM Lite: Space Interferometry Mission, James Webb Space Telescope, TPF-C (Terrestrial Planet Finder Coronograph), TPF-I (Terrestrial Planet Finder Interferometer) sind riesengroß. Die Zukunft in der Exoplanetenforschung hat bereits begonnen!

Walter Conrad


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Otto J. Pilzer, 2009-10-01