LOGO

- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema Dezember 2009: "Der Stern zu Bethlehem - eine astronomische Betrachtung"

[0912_monatsthema_kk.jpg]
Vatikanmuseen, Galleria dei Candelabri, Marmor-Inkrustation auf einem Marmorfußboden
[Zum Vergrößern bitte Bild anklicken]

"Als aber Jesus zu Bethlehem in Judäa geboren war, in den Tagen Herodes', des Königs, siehe, da kamen Magier vom Morgenlande nach Jerusalem, welche sprachen: Wo ist der König der Juden, der geboren worden ist? Denn wir haben seinen Stern im Morgenlande gesehen und sind gekommen, ihm zu huldigen." (Matthäus, 2,1-2).

Wir alle kennen diese Stelle aus dem Mathäus-Evangelium, wie es in Tausenden von Kirchen auf der Welt an Weihnachten vorgetragen wird. Was aber ist unter "seinem Stern im Morgenlande" zu verstehen. Kann man das wörtlich nehmen, oder ist dieser Text eher symbolisch gemeint, wie das in Schriften des Orients häufig der Fall ist. Ist damit ein einzelner Stern gemeint oder sind auch Konstellationen von Sternen denkbar, die große Wirkungen in der Welt des Altertums hinterließen? Auch ein Komet ist nicht von vorn herein auszuschließen. Es gibt zwar keine Aufzeichnungen über das Auftreten von Kometen im Altertum, dass es aber solche gegeben haben muss, kann man gewiss voraussetzen.

Viele Künstler im Mittelalter haben den Stern von Bethlehem als Kometen dargestellt. Auch die Darstellung auf einem der Marmorfußböden des Vatikanischen Museums stellt einen Kometen dar (siehe Bild oben). Das beweist aber keineswegs, dass diese Darstellung sich zwingend aus der Überlieferung geschichtlichen Wissens ergibt. Künstler waren und sind schon immer frei in der Wahl ihrer Themen. Auch das Auftreten einer nahen Supernova wurde unter Wissenschaftlern diskutiert. Aber hier spricht dagegen, dass eine solche nicht nur im "Morgenland", sondern auch in Palästina starkes Aufsehen erregt hätte. Die Schriftgelehrten von König Herodes wurden aber offensichtlich überrascht von den Berichten der Magier über den Stern.

Nimmt man also die überlieferte Botschaft des Evangelisten wörtlich und nicht symbolisch, dann gibt es neben der Vorstellung des Sterns von Bethlehem als Kometen oder einer Supernova noch weitere Theorien über dieses Ereignis. Viele Autoren von Abhandlungen zu diesem Thema schließen schon deshalb einen Kometen aus, weil, wie sie meinen, bereits im Altertum das Erscheinen eines Kometen mit Ankündigung von Unheil, Krieg, Krankheit in Zusammenhang gebracht wurde. Nachgewiesen hat man das zwar nicht (lediglich ab dem Mittelalter ist ein solcher Bezug herzustellen), es ist allerdings wahrscheinlich, dass das Auftreten eines Kometen nicht mit Freude, Erwartung etc. verbunden wurde. Es ist auch unwahrscheinlich, dass die Magier/Schriftgelehrten des judäischen Königs Herodes einen Kometen nicht gesehen hätten. War es also doch ein Stern?

In der damaligen Welt um Christi Geburt und früher lag die Beobachtung des nächtlichen Himmel und die damit verbundene Deutung von Himmelsereignissen in der Hand von Priesterastronomen. Die heutigen Begriffe wie Astronomie und Astrologie waren zu damaligen Zeiten eins. Es gab also keine Trennung von, wie man heute sagen würde, wissenschaftlicher Erforschung des Sternenhimmels und Sterndeutung (Astrologie), wie es noch im späten Mittelalter des Abendlandes durchaus verbreitet war (man denke nur an Johannes Kepler, der sich auch astrologisch betätigte). Schon in der Zeit der Chaldäer im Zweistromland war die Kunde von der Sternenwelt tief verwurzelt im Leben der priesterlichen Oberschicht. Die mit freiem Auge sichtbaren Planeten von Merkur bis Saturn mit ihren Bahnen und Schleifen waren bekannt. Den einzelnen Planeten waren sogar bestimmte Eigenschaften zuerkannt. So gab es den Bezug einzelner Planeten zu bestimmten Göttern, so dass bei besonderen Konstellationen von Planeten, wenn z. B. Saturn nahe bei der Venus stand (man spricht dann von Konjunktion), von der Priesterschaft entsprechend weitreichende Schlussfolgerungen gezogen wurde. Die Priester/Wissenschaftler des Altertums, die ja auch Schriftgelehrte waren, waren vertraut mit den Schriften der eigenen Überlieferung und sicherlich auch mit jenen benachbarter Völker. Es ist also anzunehmen, dass Schriftgelehrte aus Mesopotamien (Babylonier, Assyrer) die Schriften der Hebräer zumindest in Teilen kannten. Die Propheten/Seher der alten Völker waren ja tief im Volk verwurzelt und verehrt. Geht man also davon aus, dass Teile dessen, was wir als die Schriften des Alten Testament bezeichnen, auch bei anderen Völkern des Orients bekannt waren, so wird man auch die Überlieferungen der alttestamentarischen Propheten wie Jesaja, Jeremia gekannt haben. Kam es also zu besonderen Sternkonstellationen, so steckte man die Köpfe zusammen und beratschlagte, was dies zu bedeuten habe und zog sicherlich auch alte Schriften zu Rate.

[0912_monatsthema2_kk.jpg]
So könnte im Jahre 7 vor Christus die dreimalige Konjunktion von Jupiter und Saturn im Sternbild Fische im vorderen Orient wahrgenommen worden sein (beide Planeten kamen sich auf ein Grad nahe)
[Zum Vergrößern bitte Bild anklicken]

Nun zurück zum Stern von Bethlehem. Astronomen haben mithilfe von Computern errechnet, dass für Jerusalem im Jahre 7 vor Christus allein drei Konjunktionen von Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische stattgefunden haben (Mai, September und Dezember). Daraus schließen einige Autoren, dass bei der Bedeutung, die Jupiter und Saturn bei den Völkern des Zweistromlandes hatten (Jupiter gleich Marduk gleich höchstrangiger Gott, Saturn steht für König in Juda, Sternbild Fische für das Land Palästina) ein höchst bedeutendes Ereignis bevor stand. Also wäre es natürlich, dass Kundschafter ausgesandt wurden, um der Sache auf den Grund zu gehen. Eine "wissenschaftliche" Erkundung (heute würde man dies als eine Forschungsexpedition bezeichnen) war also wahrscheinlich ("Weisen/Magier aus dem Morgenland"). Einige Autoren gehen sogar so weit, genau nachzuweisen, in welcher Richtung die Expedition gegangen sein musste, um mit dem Stern als Wegweiser an den Ort Bethlehem zu gelangen. Sei es, wie es sei, vieles spricht für die Theorie der Konjunktion von Jupiter und Saturn in den Fischen im Jahre 7 vor Chr. als gleichbedeutend für die Erscheinung des Sterns von Bethlehem. Wobei man die Zeit Null, also den Ausgangspunkt der Christlichen Zeitrechnung als Geburt Christi nicht so genau datieren kann, wie man das gerne hätte. Die Quellen sind nicht exakt genug für eine absolute Zeitrechnung.

Was bleibt, ist eine wunderschöne Weihnachtsgeschichte, ein ernstzunehmende Theorie über den Stern von Bethlehem und ein Staunen über die magischen Künste und Erzählungen der Völker in alten Zeiten, die uns heutige Menschen immer noch in Bann ziehen. Die Astronomische Arbeitsgruppe Laufen e.V. wünscht Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest!

Walter Conrad


Zum Sternenhimmel Dezember 2009

Zu den anderen Monatsthemen


[AAL] Zurück zur Home Page der AAL
Otto J. Pilzer, 2009-12-01