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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema Januar 2010: "Astronomie im alten Mittelamerika"

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Die Pyramide El Castillo, der Tempel des gefiederten Schlangengottes Kukulcan der Maya (Bild aus Wikipedia von Daniel Schwen)
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Die Astronomie ist eine der ältesten Wissenschaften. Von Anbeginn der Menschheit beschäftigten sich unsere Vorfahren mit dem Himmel über ihnen. Häufig verbanden sie diese Wissenschaft mit dem Spirituellen und Himmelskörper wurden mit Gottheiten gleichgesetzt - die Astrologie und die Astronomie bildeten eine Einheit. Nichtsdestotrotz wurden Himmelsbeobachtung mit erstaunlich exakten Resultaten durchgeführt und halfen bei der Entwicklung von Kalendern und der Navigation.

Dieser Artikel soll einen kleinen Aspekt der Geschichte der Astronomie beleuchten: Den astronomischen Wissensschatz ehemaliger Hochkulturen im alten Mittelamerika. Diese Völker führten teilweise so exakte Beobachtungen und Berechnungen durch, dass sie die von den europäischen Völkern erzielten Ergebnisse, im gleichen Zeitraum bewertet, übertrafen.

Die Maya

Insbesondere die Maya leisteten erstaunliche Dinge. Dieses Volk beherrschte von ca. 100 v. Chr. bis zu seinem Zusammenbruch im 9. Jahrhundert n. Chr. die mexikanische Halbinsel Yucatan sowie angrenzende Gebiete. Allein durch die Messung von Sonnenuntergangs- und Aufgangsverschiebungen gelang die exakte Vorhersage von Tag- und Nachtgleiche sowie Winter- und Sommersonnwende und somit ein jahreszeitlicher Überblick. Dies hatte neben rituellen Gründen große Bedeutung für Aussaat und Ernte. Die Sommersonnwende konnte auch besonders gut bestimmt werden, da die Sonne in Yucatan zu diesem Zeitpunkt im Zenit steht, wobei die Schatten verschwinden.

Der Lauf der Himmelskörper wurde von beeindruckenden Beobachtungsstätten aus verfolgt, z. B. "El Castillo" in Chichen Itza. Dieser Tempel wird von einer Pyramide aus 91 Stufen gebildet. Die Pyramide hat vier Seiten, insgesamt also 4 x 91 = 364 Stufen. An der Spitze befindet sich eine Plattform. Insgesamt können wir also von 365 Stufen sprechen. Es wurde spekuliert, dass hierdurch die Anzahl der Tage des Sonnenjahrs repräsentiert werden sollen. Der Tempel ist so ausgerichtet, dass am Tagesende der Äquinoktien (Tag- und Nachtgleichen) eine Kante der Pyramide ihren Schatten auf die Treppenbrüstung wirft. Das Bild des Schattens gleicht einer Schlange, die sich die Stufen hinunter zu winden scheint. Dieser Effekt muss bereits bei der Planung des Tempels genau berechnet worden sein, denn am Fuß der Treppe befindet sich ein in Stein geschlagener Schlangenkopf. Durch Messung des Himmelskörperlaufs im Hinblick auf feste Bezugspunkte auf der Erde wurden Vorhersagen über Ereignisse wie Sonnen- und Mondfinsternisse getroffen. Besonders beeindruckend ist die Art der Zeiteinteilung und der daraus resultierenden Kalender. Man unterschied zwei verschiedene Jahreszyklen unterschiedlicher Dauer: den rituellen Tzolkin-Kalender und den zivilen Haab-Kalender. Der Tzolkin-Kalender umfasste eine Periode von 260 Tagen. Er enthielt genaue Angaben zu Sonnen, Mars- und Mondphasen. Ein Tzolkin Jahr umfasste 20 Monate a 13 Tage. Der Haab-Kalender basierte dagegen auf dem Sonnenlauf und beschrieb das Jahr mit 365 Tagen, die in 18 Monate a 20 Tage plus 5 Schalttage unterteilt wurden. Laut den Berechnungen der Maya hatte das Jahr 365,2420 Tage. Heute berechnen wir 365,2425 Tage. Somit lagen die Maya mit ihrer Dauer richtiger als die Europäer zur gleichen Zeit mit dem julianischen Kalender (365,25 Tage).

Die beiden Kalender griffen wie Zahnräder ineinander. Erst nach 52 Jahren tritt das Ereignis ein, dass ein Tag aus dem Tzolkin und dem Haab-Kalender zusammenfallen. Diese Perioden von 52 Jahre kennzeichneten wiederum den Abschluss einer Zeitrechnung. In den letzten 5 Tagen dieser "Kalenderrunde" wurde mit Naturkatastrophen gerechnet. Kinder, die in diesen letzten Tagen des Jahres geboren wurden, hatten für immer das Schicksal eines Unglücksraben und Taugenichts.

Wie auch die Europäer vor Kopernikus und Kepler hatten die Maya ein geozentrisches Weltbild. Dennoch gelang es Ihnen, den Venusumlauf äußerst exakt zu berechnen, auch wenn sie von der falschen Prämisse ausgingen, nämlich, dass die Venus die Erde umkreist. Das Morgen bzw. Abendgestirn nahm neben der Sonne die zentrale Rolle in den astronomischen Beobachtungen, aber auch in der Mythologie ein. Der Name der Venus war "Kukulcan" (gefiederte Schlange). Dies ist gleichbedeutend mit der bekannteren Gottheit Quetzalcoatl der Azteken. Es scheint sehr wichtig gewesen zu sein, den Aufgang des Morgensterns im Vorhinein zu wissen, vermutlich weil diese Zeit als gefährlich betrachtet wurde und die "Priesterastronomen" somit Vorkehrungen treffen konnten, die gefährliche Zeit zu überstehen.

Ende der Maya - Zeit der Azteken

Nach dem geheimnisvollen Verschwinden der Maya im 9. bis 12. Jahrhundert n. Chr. war Yucatan nur durch kleine Volksstämme bevölkert, bis im 13. Jahrhundert von Norden her die Azteken einwanderten und das Gebiet wieder von einer Hochkultur besiedelt wurde. Die astronomischen und kalendarischen Kenntnisse glichen in vielerlei Hinsicht denen der Maya. Wir verbinden die Traditionen der Azteken mit ihren blutrünstigen Gebräuchen der Menschenopfer, aber neben den grausamen Sitten besaßen sie ein hochzivilisiertes Regelwerk und einen großartigen Wissensschatz.

Auch die Azteken schufen monumentale Bauwerke mit astronomischem Hintergrund, so z. B. der Templo Mayor in der aztekischen Hauptstadt Tenochtitlan oder die Stadtanlage von Teotihuacan. Der gesamten Stadtplanung - so lautet eine Theorie - lag der Aufgangs- und Untergangspunkt des Siebengestirns (der Plejaden) zugrunde.

Das Eintreffen der Spanier unter Hernando Cortez im Jahre 1519 war das Anfang vom Ende der blühenden Hochkultur der Azteken. Die Conquistadores sorgten auch für eine gründliche Zerstörung aller "heidnischen" Dokumente. Somit sind uns auch nur 4 Schriften der Maya erhalten geblieben und viele Rätsel werden leider für immer ungeklärt bleiben.

Stefanie Poller


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Otto J. Pilzer, 2010-01-01