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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema Mai 2010: "Unser Nachbar - die Andromeda-Galaxie"

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Dieses Mosaik aus 330 Einzelaufnahmen des UV-Teleskops des NASA-Satelliten Swift zeigt M 31 in der bisher höchsten Auflösung im UV-Licht. Die Breite umfasst 200.000 LJ, die Höhe 100.000 LJ.
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Jeder von uns weiß, dass unser Sonnensystem ein Teil der Milchstraße ist, und die meisten haben das Band der Milchstraße am dunklen Nachthimmel schon bewundert. Trotzdem ist es schwer sich vorzustellen, wie unsere Milchstraße aussieht und wo wir uns darin befinden - eben weil wir mittendrin stecken. Außerdem ist ein Teil davon durch dunkle Staub- und Gaswolken verdeckt. So kann man sie sich durch das Betrachten der Andromeda-Galaxie, die zur gleichen Klasse der Spiralgalaxien wie die Milchstraße gehört, unsere Galaxie mit Hilfe dieses Blicks von außen besser vorstellen und durch den Vergleich auch viel über die Struktur unserer eigenen Milchstraße erfahren. Obwohl wir mit einem Winkel von nur 12 Grad auf die Andromeda-Galaxie blicken, kann man die Spiralstruktur und auch einige Staubbänder auf den Aufnahmen gut erkennen.

Die Andromeda-Galaxie ist die uns am nächsten gelegene Spiralgalaxie und genauso wie die Milchstraße eine Balkenspiralgalaxie vom Typ Sb. Sie ist als einzige Spiralgalaxie schon mit bloßem Auge als ein unscharfes Fleckchen zu sehen, was sicher auch schon im Altertum bekannt war. Trotzdem stammt die erste Aufzeichnung aus dem Jahr 964 n. Chr. vom persischen Gelehrten Al Sufi und lange Zeit glaubte man, sie sei ein Gasnebel und Bestandteil unserer Milchstraße. Noch 1888 vermutete der englische Astronom Isaac Roberts, dass es sich um ein Sonnensystem im entstehen handle. 1898 untersuchte der Potsdamer Astronom Georg Scheiner das Spektrum von M 31. Da es im Wesentlichen kontinuierlich war und nur wenige Absorptionslinien aufwies, folgerte er daraus, dass es sich um eine große Ansammlung von Sternen handeln müsse. Aber erst Edwin Hubble konnte 1923 durch die Entdeckung zweier Cepheiden in der Andromeda-Galaxie nachweisen, dass sie wegen ihrer großen Entfernung eine eigene Galaxie ist. Cepheiden sind periodische Veränderliche, bei denen man einen Zusammenhang zwischen der Länge der Periode und der absoluten Helligkeit dieser Sterne festgestellt hatte. Sie waren schon erfolgreich zur Bestimmung der Entfernung von Kugelsternhaufen verwendet worden. Hubble war der erste, der sie auch zur Entfernungsbestimmung vom Spiralnebel M 31 einsetzte. Da man damals noch nicht wusste, dass es zwei Klassen von Cepheiden gibt, berechnete er ihre Entfernung aber nur zu 930.000 Lichtjahren (LJ). Heute geht man von 2,5 Millionen LJ aus, was auch in den letzten Jahren (2001 - 2005) durch verschiedene Meßmethoden in engem Rahmen bestätigt wurde. Bei diesem Wert entsprechen auch die absoluten Helligkeiten von Novae und Kugelsternhaufen denen der Milchstraße. Eine Vermessung des Astronomiesatelliten Hipparchos von 1989 fällt dagegen mit 3,2 Millionen LJ etwas aus dem Rahmen.

Was hat man bisher über M 31 und ihre Bestandteile herausgefunden?

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Diese Aufnahme des Hubble Space Teleskops von 1991 zeigt 40 LJ des Zentrums der Andromeda-Galaxie mit dem zweiteilig erscheinenden Kern.
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Da wäre zunächst der Kern, der sternähnlich erscheint, und in dem sich ein sehr massereiches Schwarzes Loch befindet. Dieser Kern ist so hell wie achtzig mittlere Kugelsternhaufen zusammen und hat etwa 50 Millionen Sonnenmassen (Milchstraße 4 Millionen Sonnenmassen). Diese Sterne sind metallreich, d.h. sie haben einen höheren Gehalt an Elementen, die schwerer als Wasserstoff sind, was bei Kugelsternhaufen nicht der Fall ist. 1991 machte das Hubble-Space-Teleskop (HST) eine Aufnahme vom Zentrum der Galaxie. Dabei stellte sich heraus, dass M 31 einen Zwillingskern hat, dessen Komponenten nur 5 LJ voneinander entfernt sind. Jede davon enthält einige Millionen dicht gepackter Sterne. Die hellere Komponente ist der von der Erde aus sichtbare Kern, aber die HST-Aufnahme verriet, dass die schwächere Komponente das wahre Zentrum ist. Man vermutet, dass der hellere Teil der Überrest einen aufgesogenen Galaxie ist, oder dass dunkle Staubbänder den Eindruck einer Teilung hervorrufen.

Um den Kern liegt der kugelförmige Zentralbereich (Bulge), dessen Masse bei M 31 auf 36 Milliarden Sonnenmassen geschätzt wird, womit er fast doppelt so groß ist wie der der Milchstraße. Er besteht fast nur aus alten, massearmen aber metallreichen Sternen, wie der 2004 gestartete NASA-Satellit SWIFT jüngst feststellte, während in der Milchstraße auch junge Sterne und Sternhaufen im Zentralbereich zu finden sind. Die Sterne im Zentralbereich umkreisen den Kern in stark exzentrischen Bahnen, die in einem spitzen Winkel zur Ebene der Scheibe stehen.

Um den Zentralbereich liegt die rotierende Scheibe, die aus Gas, Staub und Sternen unterschiedlichen Alters besteht. Die Angaben über ihren Durchmesser schwanken, doch kann man von mindestens 160.000 LJ ausgehen, was deutlich mehr ist, als der unserer Milchstraße (ca. 100.000 LJ). Hier offenbart sich auch ein weiterer Unterschied: die Milchstraße hat eine deutlich dichtere Scheibe als M 31. Charakteristisch für die Scheibe ist, dass Sterne, Staub und Gas nicht gleichmäßig verteilt sind, sondern in verschiedenen langlebigen Spiralarmen konzentriert sind, während die Zwischenräume sternarm sind. Die Geschwindigkeit, mit der sich die Sterne um den Schwerpunkt der Galaxie bewegen, ist dabei mehr oder weniger gleich und nicht - wie im Planetensystem - abhängig von dem Abstand zum Zentrum. Als Ursache dafür vermutet man die Wirkung der Dunklen Materie im Halo. Das bedeutet aber auch, dass sich ein Stern nur vorübergehend in einem Spiralarm aufhält.

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Der Kugelsternhaufen G 1 (Mayall II) ist einer der größten in M 31, er liegt im Halo und ist 170.000 LJ vom Zentrum entfernt. Oberhalb sieht man zwei Vordergrundsterne. Quelle: Hubble Space Teleskop, WFPC2.
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Eingebettet ist die Galaxie in einen ausgedehnten, annähernd kugelförmigen Halo, der sich vor allem durch seine Schwerkraft bemerkbar macht. Er hat eine Ausdehnung von bis zu einer Million Lichtjahren und enthält eine gewisse Anzahl vorwiegend alter Sterne und Kugelsternhaufen. Hier wird außerdem ein großer Teil der Dunklen Materie vermutet, deren Existenz durch die Gravitation gesichert ist, die sich aber bisher jeder Beobachtung entzogen hat. Im Halo befinden sich auch die meisten Kugelsternhaufen von M 31. Ihre Anzahl wird auf über 500 geschätzt (Milchstraße etwa 150), wobei vermutet wird, dass einige davon Überreste von Zwerggalaxien sind, die von M 31 kannibalisiert wurden. Dafür spricht, dass darunter auch einige entdeckt wurden, die bei einem Durchmesser von einigen hundert Lichtjahren nur die gleiche Masse enthalten wie die viel kleineren normalen Kugelsternhaufen.

Zum Halo von M 31 gehören neben den bekannten Begleitern M 32 und M 110 sowie den weniger auffälligen NGC 147 und NGC 185 auch acht weitere im nahen Umfeld aufgefundene Zwerggalaxien, die mit And I bis And IX bezeichnet werden (And IV stellte sich später als ein Objekt heraus, das nicht zum System gehört, sondern sich in größerer Entfernung als M 31 befindet.). Diese Zwerggalaxien werden in ferner Zukunft einmal mit M 31 verschmelzen.

Mit den immer genaueren Beobachtungsergebnissen moderner Astronomiesatelliten steigt auch die Zahl der gefundenen Sterne und damit die geschätzte Gesamtmasse. So wird aufgrund der Beobachtungen des Spitzer Weltraum-Teleskops von 2006 die Zahl der Sterne in M 31 auf eine Billion geschätzt und die unserer Milchstraße auf 200 bis 400 Milliarden. Da man aber annimmt, dass in unserer Milchstraße mehr dunkle Materie vorhanden ist, vermutet man, dass ihre Gesamtmasse trotzdem auf etwa 80% von M 31 kommt. Eine Untersuchung der Harvard Universität von 2009 geht sogar von etwa gleicher Masse aus.

Während sich die Galaxien allgemein durch die Expansion des Weltalls voneinander entfernen, bewegt sich M 31 mit ca. 300 km/sec auf unser Sonnensystem zu. Da sich unser Sonnensystem aber in einem Spiralarm um das Zentrum der Milchstraße bewegt, sind es nur 120 km/sec bezüglich dieses Zentrums. Die Ursache liegt in der Gravitation. In ca. zwei Milliarden Jahren werden beide Galaxien aufeinander treffen oder zumindest aneinander vorbeischrammen. Aufgrund neuster Durchmusterungen eines Areals um M 31 und der nahen Triangulum-Galaxie M 33 hat man berechnet, dass die kleinere Galaxie M 33 vor ca. 2,6 Milliarden Jahren nahe an M 31 vorbeigekommen ist und durch dieses Ereignis deformiert wurde.

Gerardo Inhester


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Otto J. Pilzer, 2010-05-01