- Astronomie im Berchtesgadener Land - Der Sternenhimmel im Mai 2010Die abgebildete Sternkarte ist für den 15. Mai um 23 Uhr Sommerzeit (MESZ) erstellt und zeigt den Sternenhimmel entsprechend am Monatsanfang rund eine Stunde später sowie am Monatsende ca. eine Stunde früher. Bei M13 handelt es sich um den hellsten Kugelsternhaufen am nördlichen Himmel, der ein schönes Feldstecher-Objekt darstellt und unter guten Bedingungen auch mit bloßem Auge sichtbar ist (wichtig dabei: gute Adaption an die Dunkelheit). Venus strahlt am Abendhimmel, Mars und Saturn sind bis weit nach Mitternacht gut zu beobachten, bzgl. Mel111 vgl. den Text. Otto Pilzer [Zum Vergrößern bitte Bild anklicken] Im Mai müssen wir schon wieder recht lange warten, ehe es dunkel genug für Sternbeobachtungen wird. Anfang des Monats geht die Sonne um etwa 20:30 MESZ unter, zum Monatsende dauert es noch mal eine halbe Stunde länger. Aber deshalb ist es noch lange nicht dunkel. Erst wenn sich die Sonne etwa 16 Grad unter dem Horizont befindet, neigt sich auch die astronomische Dämmerung dem Ende zu - und das ist im Mai erst 2,5 Stunden später der Fall. Abgesehen von den ersten Maitagen bleibt der Sternenhimmel bis zur Monatsmitte mondfrei. Dieser Zeitraum eignet sich damit hervorragend für sogenannte DeepSky-Beobachtungen, d.h. den Blick in den tiefen Weltraum zur Suche nach Galaxien und anderen leuchtschwachen Objekten. Um 23 Uhr, dem Zeitpunkt, für den die Sternkarte entworfen ist, kulminieren im Süden gerade einige Sternbilder, die für diese Art von Objekten berühmt sind. Hierzu gehören vor allem die Sternbilder Jungfrau, Haar der Berenike, die Jagdhunde und auch der Löwe, der sich jedoch bereits ein wenig in Richtung Westen abgesetzt hat.
Blonde Locken am FirmamentBeginnen wird unsere Reise im Haar der Berenike (lat. Coma Berenices). Der Sage nach hat Berenike ihre langen blonden Locken den Göttern als Opfer versprochen, wenn ihr Mann, der ägyptisch-griechische Herrscher Ptolemäus, unversehrt von einem Feldzug zurückkehrt. Die Bitte wurde erhört und ihre Haarpracht daraufhin von den Göttern an den Himmel versetzt. Dort leuchtet sie uns nun seit jener Zeit als Schwarm schwacher Sterne und wir können ihre Gesamtheit in eine klaren mondlosen Nacht als flächenhaftes Glimmen vor dem in dieser Himmelsregion ansonsten besonders schwarzen Hintergrund wahrnehmen. Das Zentrum dieses Haufens fand mit der Nummer 111 auch Einzug in den Melotte-Katalog (siehe "Mel111" auf der Sternkarte). Da die Sternhelligkeiten selten über 5mag hinaus kommen, sieht man unter normal guten Bedingungen nur etwa zehn Einzelsterne. Ein Fernglas lässt jedoch die schwächeren Exemplare hervortreten, aber schon bei geringer Vergrößerung (ab ca. 8-fach) verliert sich der Haufeneindruck, weil das Gesichtsfeld des Glases kaum größer ist wie der scheinbare Durchmesser des Sternhaufens (ca. 5 Grad). Damit ist es leider auch schon vorbei mit den Gestirnen, die man in dieser Himmelsgegend mit einem kleinen Feldstecher erkennen kann. Tauchen wir nun in den sogenannten DeepSky ein. Dazu gehören in dieser Gegend vor allem Galaxien, die sich weit weg von unserer eigenen galaktischen Heimat, der Milchstrasse, befinden. Mit größenordnungsmäßig 60 Mio. Lichtjahren wurde ihr Licht zu einer Zeit ausgesendet, als auf der Erde gerade die Dinosaurier ausgestorben waren. Entsprechend wenig Licht bekommen wir von diesen Objekten ab, was der Beobachter, der sie sehen will, hauptsächlich durch eine große lichtsammelnde Optik kompensieren muss. Ein erfahrener Sternfreund kann die hellsten Objekte zwar auch schon in einem Fernrohr von 10cm Öffnung wahrnehmen, aber erst ab 20cm Durchmesser wird die Beobachtung angenehm, weil man sich nicht mehr an der unteren Wahrnehmungsschwelle bewegt. Hier gilt ausnahmsweise das Astronomen-Sprichwort, dass Öffnung durch nichts ersetzt werden kann - außer durch noch mehr Öffnung.
Im Reich der GalaxienEntsprechend ausgerüstet kann man ausgehend von Melotte 111 oder dem Stern Gamma (Haar der Berenike) in einem leichten Schwenk zuerst nach Osten und dann nach Südosten (in Richtung Stern Alpha) gleich mehrere Galaxien entdecken. Auf dem Weg liegen dabei NGC4559 (leicht strukturierte ovale Erscheinung), NGC4565 (sehr schöne Galaxie in extremer Kantenlage), NGC4725 (markante Balkenspirale in Draufsicht) und M64, die sogenannte Black-Eye-Galaxie (enthält dunkles Staubband, dessen Form an eine Augenbraue erinnert). Obwohl es sich bei diesen Beispielen nur um einen einzigen Objekttyp handelt, zeigt jede dieser Galaxien eine andere Erscheinungsform - für visuelle Abwechslung ist also bestens gesorgt. Alle genannten NGC-Objekte wurden im Jahre 1785 von Wilhelm Herschel entdeckt, M64 geht auf Johann Elert Bode zurück - und nicht, wie man vermuten könnte, auf Charles Messier. Ein Grad nordöstlich des Sterns Alpha findet man schließlich noch den Kugelsternhaufen M53, der im Halo unserer eigenen Milchstraße angesiedelt ist und sich im Vergleich zu den vorherigen Galaxien in unserer Nachbarschaft befindet (Entfernung "nur" 60.000 Lichtjahre). Und wer jetzt richtig in Stimmung gekommen ist, der kann sich 12 Grad südlich von Melotte 111 auf den Virgo-Galaxienhaufen stürzen. Ein 8-Zöller zeigt hier mehr als hundert Galaxien und das reicht für nächtelanges Austoben - aber das ist eine andere Geschichte. Wie findet man nun derlei Objekte am Himmel? Wenn man ein modernes Teleskop besitzt, wird einem die Suche oft von der Steuerungselektronik abgenommen. Weitaus lehrreicher ist es jedoch, sich mit Hilfe von gutem Kartenmaterial langsam von Stern zu Stern immer näher ans Ziel ran zu hangeln. Bei diesem als "StarHopping" bezeichneten Vorgehen kommt dann auch viel mehr Freude auf, weil das Objekt mit eigenem Einsatz gefunden wurde. Schließlich führt auch "blindes" Suchen zum Erfolg, indem man die ungefähre Zielrichtung durch Hin- und Herschwenken des Teleskops systematisch absucht. Eine Identifizierung ist dann jedoch oft nur schwer möglich, aber das Wichtigste ist und bleibt ja sowieso das Sehen und Bestaunen der Wunder des Weltalls. Bernhard Kindermann
Zu den anderen Sternenhimmel-Artikeln
Zurück zur Home Page der AAL Otto J. Pilzer, 2010-05-01 |