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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema Dezember 2010: "Das Weltbild im Wandel der Zeiten Teil I"

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Unsere Erde, aufgenommen am 7.12.1972 bei der Apollo 17 Mondmission. Bildquelle: NASA
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Wenn wir heute an unsere Erde denken, so sehen wir sie als einen kleinen Planeten, der als einer von vielen um eine Sonne in einer unbedeutenden Galaxie kreist, die sich in einem grenzenlosen, stetig expandierenden Universum befindet. Dieser Auffassung ging ein langer Prozess des Umdenkens voraus. Entsprang das Weltbild zunächst den Vorstellungen unserer Urväter, so trugen mehr und mehr naturwissenschaftliche Erkenntnisse zur Veränderung dieser Vorstellungen bei. Der folgende Text soll einen kleinen Überblick darüber verschaffen, wie sich die Auffassung des Menschen von der Welt, in der wir leben, wandelte.

Nicht nur im alten Testament, auch in den Schöpfungsgeschichten anderer Völker wird ein Urozean beschrieben, auf dem die Erde als Insel schwimmt. Ähnliche Vorstellungen galten in Mesopotamien und in asiatischen Hochkulturen, auch der griechische Philosoph Anaximander vertrat die Auffassung von der Erde als Scheibe. Mit dieser Vorstellung einher ging die Frage: Was kommt hinter dem Horizont? Von den Wikingern ist bekannt, dass sie den Nebel auf ihren Schifffahrten unter anderem deshalb fürchteten, weil sie Angst davor hatten, hinter dem Horizont ins Nichts zu stürzen.

Schon weitaus früher, jedoch an einem anderen Ort, war die Scheibenwelt aber nicht mehr die Allgemeinauffassung. In der Antike war seit der Zeit der griechischen Philosophen Plato und Aristoteles die Vorstellung verbreitet, dass die Erde eine Kugel sei. Aristoteles begründete dies bereits mit astronomischen und nautischen Beobachtungen, so zum Beispiel, dass in südlichen Gefilden die südlichen Sternbilder weiter über dem Horizont stehen und dass von Schiffen, die am Horizont auftauchen, zuerst die Segel und dann der Rumpf gesichtet werden können.

Eng verknüpft mit der Vorstellung von der Erde als Kugel, ist die Vorstellung über den Raum, in dem sich die Kugel befindet. Nachdem für den Beobachter von der Erde aus Sonne, Mond und Planeten im wiederkehrenden Rhythmus zu sehen sind, war die Vorstellung eines geozentrischen Weltbildes, also mit der Erde als Mittelpunkt, naturgegeben. Ptolemäus beschrieb es im 2. Jahrhundert n. Chr. Er war es auch, der den Erdumfang mit etwa 30 000 km berechnete, was angesichts der tatsächlichen 40 000 km gar nicht so abwegig war.

Auch wenn lange die Auffassung galt, dass im Mittelalter wieder auf das Bild von der Erde als Scheibe zurückgegriffen wurde, ist diese Darstellung falsch. Im Mittelalter war sehr wohl die antike Auffassung von der Erde als Kugel verbreitet, dies beweisen viele Quellen bekannter Vertreter jener Zeit. Es gab einige wenige Ausnahmen, wie die Kirchenväter Laktanius und Severianus von Gabala, die, wohl um das griechisch-römische Weltbild herabzusetzen, gegen die Vorstellung von der Erde als Kugel wetterten. Unser Kirchenvater und Philosoph Augustinus jedenfalls lehrte um das Jahr 400, dass die Erde eine Kugel sei.

Auch Christoph Columbus´ Reise wurde entgegen der zeitweilig vertretenen Meinung nicht zum Beweis der Kugelform geführt. Diese Ansicht war allgemein anerkannt. Es ging vielmehr um den Nachweis der Distanzen und die Erreichbarkeit Indiens auf dem Seeweg, wobei sich Columbus nebenbei bemerkt ordentlich verschätzte. Zum Glück für ihn lag der amerikanische Kontinent auf seinem Weg. Weit verbreitet war im Mittelalter und Renaissance die Ansicht eines sphärischen, in sich abgeschlossenen Kosmos mit der Erde als Mittelpunkt, was auch viele Vertreter der Kirche so akzeptierten.

Weitaus schwerer taten sich die Kirchengelehrten mit der neuen These von Nikolaus Kopernikus von 1543: Die Sonne soll im Mittelpunkt stehen und um sie herum kreist die Erde als einer von anderen Planeten. Wie konnte das sein, wo doch die Erde das Zentrum von Gottes Schöpfung ist? Muss sie denn dann nicht auch das Zentrum des Universums sein? - Selbst der Reformator Martin Luther schalt Kopernikus einen Narren. Da Kopernikus Modell nur als mathematische Beschreibung der Planetenbahnen diente, galt seine These jedoch nur als Rechenmodell und wurde als reine Hypothese auch von der Kirche geduldet. Erst im 17. Jahrhundert, als Galileo Galilei das Weltbild zu reformieren versuchte, kam es zum Prozess, aufgrund dessen Galilei inhaftiert wurde. Dennoch war das heliozentrische Weltbild auf Dauer nicht zu widerlegen. Johannes Kepler lieferte mit seiner Theorie über die elliptischen Planetenbahnen schließlich die Lösung für Ungereimtheiten im Planetenbahnenverlauf, die durch die Berechnung kreisrunder Bahnen auftraten.

Die Entwicklung immer besserer Teleskope schließlich führte zu immer neuen Entdeckungen. So konnte zum Beispiel nachgewiesen werden, dass entgegen der ursprünglichen Ansicht, die Milchstraße sei ein Nebel, diese tatsächlich aus unzähligen Sternen besteht.

Die Vorstellung von unserer Welt wurde im Laufe der Zeit und besonders im 20. Jahrhundert immer genauer und komplexer. Die nunmehr geltende Urknalltheorie, die 1931 vom Physiker und Theologen Lemaître entwickelt wurde, postuliert schließlich den Beginn unseres Universums aus einer so genannten Singularität, also aus einem Punkt mit extrem großer Dichte und ohne räumliche Ausdehnung, aus der heraus vor ca. 13,7 Milliarden Jahren Materie und die Raumzeit entstanden. Mit dieser Theorie können viele Entdeckungen erklärt werden, wie die Hintergrundstrahlung und das sich ausdehnende Weltall.

Wer nun glaubt, die Urknalltheorie sei schon unvorstellbar genug, der darf auf den zweiten Teil im nächsten Monat gespannt sein. Auch hier geht es um die Vorstellung des Menschen von seiner Erde, allerdings nehmen wir uns hier ihr "Innenleben" vor. Doch mehr dazu, wenn wir uns wieder lesen.

Stefanie Poller


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Otto J. Pilzer, 2010-12-01