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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema April 2012: "Neue Erkenntnisse über Vesta durch die Raumsonde Dawn und die NASA"

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Farbkodiertes digitales Geländemodell des Südpolbeckens von Vesta auf dem man den großen Einschlagkrater mit seiner zentralen Erhebung sieht.
(Bild: NASA/JPL/UCLA/MPS/DLR/IDA)

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Vesta ist mit einem Durchmesser von 530 km einer der größeren Asteroiden zwischen Mars und Jupiter. In diesem Asteroidengürtel hat man inzwischen ca. 400.000 Körper erfasst, von denen der Zwergplanet Ceres mit einem Durchmesser von knapp 1.000 km der größte ist. Obwohl Vesta damit kleiner als Ceres ist, leuchtet sie wegen ihrer hellen Oberfläche in Opposition aber stärker und ist mit einer Helligkeit von immerhin 5.2 mag mit bloßem Auge sichtbar. Daher haben Astronomen auch schon viele Beobachtungen angestellt und einiges über Vesta herausgefunden. Ihre Bahn ist um 7,13° gegen die Ekliptik geneigt und Vesta rotiert in 5,3 Stunden um ihre Achse.

Besonders interessant ist Vesta, weil es sich bei ihr - mit einer Dichte von 3,7 g/cm3 - um einen differenzierten Himmelskörper handelt. Wie die Erde schmolz sie durch interne Wärmequellen vollständig auf, die schwereren Metalle trennten sich vom silikatischen Gestein und bildeten einen metallischen Kern, umgeben von einem dicken Gesteinsmantel und bedeckt von einer dünnen basaltischen Kruste, die durch vulkanische Ausbrüche gebildet wurde.

Durch Hubble-Bilder war schon bekannt, dass Vesta auf der Südhalbkugel offenbar einen großen Einschlagkrater besitzt. Bei solchen Einschlägen ist zu erwarten, dass wegen der geringeren Gravitation des Asteroiden, einiges Material in den Weltraum entweicht und etwas davon auch als Meteorite auf der Erde niedergeht. Aus der Spektralanalyse des von Vesta reflektierten Lichts schloss man, dass eine ganze Klasse von Meteoriten, den HED-Meteoriten - einer Hauptgruppe der Achondrite, von Vesta stammen müsse.

Während die meisten Meteorite aus der Zeit der Entstehung des Sonnensystems stammen, also ein Alter von ca. 4,5 Milliarden Jahren haben, sind die Achondrite oft jünger. Sie haben dann nur einige hundert Millionen Jahre und sind Bruchstücke von Zusammenstößen von Planetoiden, aber auch vom Mars und vom Mond. Hat man die Herkunft eines solchen Meteoriten eindeutig identifiziert, so kann man durch seine Analyse wichtige Erkenntnisse über seinen Mutterkörper erhalten. So brachte das von den Astronauten mitgebrachte Mondmaterial die Gewissheit über die Herkunft der Mondmeteorite, ein Ergebnis, dass sich auch auf die Marsmeteorite übertragen ließ.

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Die fast 20 m langen Sonnenpaneele liefern die Energie für das Ionentriebwerk, das die Sonde Dawn im Weltraum antreibt.
(Bild: JPL/NASA)

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Zur weiteren Erforschung von Vesta und damit auch der von ihr herrührenden HED-Meteoriten baute man die Raumsonde Dawn, die nach einigen Verzögerungen am 27. September 2007 von der NASA gestartet wurde. Nach einem Swing-By-Manöver am Mars im Jahr 2009 schwenkte sie am 16. Juli 2011 in eine Bahn um den Asteroiden Vesta ein. Dass die Reise zum Asteroiden fast vier Jahre dauerte liegt nicht nur an den 2,8 Milliarden km, welche die Sonde zurücklegen musste, sondern auch an dem nach dem Start verwendeten Ionentriebwerk. Dieses liefert nur einen geringen Schub, kann aber über lange Zeit betrieben werden und so hohe Geschwindigkeiten erreichen. Dawn wird Vesta ein Jahr lang auf einer polaren Bahn umrunden und sich dabei bis auf 180 km der Oberfläche nähern. Dabei werden hauptsächlich drei Untersuchungsgeräte eingesetzt:

- Ein deutsches Kamerasystem (Framing Camera, FC), das vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Kooperation mit weiteren deutschen Organisationen entwickelt wurde. Die Kamera hat einen Sensor mit 1024x1024 Pixeln und ist mit verschiedenen Filtern für das sichtbare Licht und das nahe Infrarot ausgestattet. Mit einem 150 mm Objektiv wird die Oberfläche Vestas aus verschiedenen Winkeln aufgenommen. Von dieser Kamera wurde als Reserve ein zweites Exemplar eingebaut, da sie auch als Hilfsmittel zur Navigation von entscheidender Bedeutung ist. Schon bei der Annäherung lieferte sie die ersten Bilder mit einer hohen Auflösung, die einige Rätsel um Vesta klärten.

- Das Spektrometer für sichtbares Licht und infrarote Strahlung (VIR) ist - neben dem deutschen Kamerasystem - der zweite europäische Beitrag zur US-amerikanischen Dawn-Mission. Das Spektrometer vermisst die asteroideneigene Wärmestrahlung (Infrarot) sowie das vom Asteroiden reflektierte Sonnenlicht in Wellenlängen des sichtbaren Lichts und des nahen Infrarot. Aus diesen Daten können die Wissenschaftler viel über die chemische und mineralogische Zusammensetzung von Gestein, Staub und Eis auf der Oberfläche der Asteroiden lernen.

- Der Gammastrahlen- und Neutronendetektor (GRaND) vermisst ebenfalls die chemische Zusammensetzung der Oberfläche. Insbesondere wollen die Wissenschaftler mit GRaND erfahren, wie häufig radioaktive Elemente auf den Asteroiden vorkommen und wie hoch der Wasseranteil ist. Der Detektor vermisst zum einen Neutronen und Gammastrahlung, die beim immerwährenden Aufprall kosmischer Strahlung auf die ungeschützten Asteroiden frei werden. Zum anderen spürt er Gammastrahlung auf, die beim spontanen Zerfall radioaktiver Elemente entsteht.

Die ersten Dawn-Bilder enthüllen nun die erstaunlichen Dimensionen des Einschlags. Der Krater, dessen Zentrum ziemlich genau mit dem Südpol zusammenfällt, hat einen Durchmesser von 460 km! In seiner Mitte erhebt sich ein schon auf den Hubble-Bildern erkennbarer Zentralberg, der dabei entstanden ist. Wäre der einschlagende Körper etwas größer oder seine Geschwindigkeit etwas höher gewesen, so wäre Vesta auseinander gebrochen.

Zu den neuen Erkenntnissen über Vesta gehört auch die Lage der Rotationsachse. Sie ist, wie die der Erde, geneigt, aber um etwa 27° (Erde derzeit 23,5°). Die Entstehung von Jahreszeiten hängt fast ausschließlich mit der Schiefstellung der Rotationsachse zusammen: Je stärker deren Neigung, umso ausgeprägter sind die Jahreszeiten. Daher ist dieser Effekt auf Vesta größer als auf der Erde. So gibt es auch auf Vesta Jahreszeiten und man hat festgestellt, dass es sogar in Bereich des südpolaren Kraters praktisch keine unbeleuchteten Flächen gibt, auf denen Wassereis auf der Oberfläche zu finden wäre. Denn auch an den Polen wird der Grund von tieferen Kratern zeitweise beleuchtet, was zur Erwärmung und damit Verdunstung evtl. vorhandenen Oberflächeneises führt. Doch etwa die Hälfte von Vesta erhält wegen der Sonnenferne so wenig Sonneneinstrahlung, dass sich Eis unter der Oberfläche über Milliarden von Jahren halten kann.

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Bruchstück des Johnstown-Diogeniten, dessen Fall 1924 in Johnstown/Colorado beobachtet wurde. Er ist ein typischer Vertreter des Gesteins des äußeren Mantels von Vesta.
(Bild: Wikipedia Commons)

Inzwischen ist auch sicher, dass es sich bei dem etwa 1 km großen Asteroiden 1999 TA10 um eines der Bruchstücke von Vesta handelt, die bei dem gewaltigen Einschlag auf dem Südpol herausgesprengt wurden. Damit ist auch die Herkunft der vielen Meteorite aus dem Mantel Vestas geklärt. Meteorite aus tieferen Schichten eines Asteroiden entstehen sonst nur, wenn dieser durch einen Zusammenprall völlig zerlegt wird. Man unterscheidet hierbei zwei Arten von Meteoriten: die Eukrite und die Diogenite. Dabei sind Eukrite basaltischen Ursprungs und stammen aus der Kruste mit vulkanischem Gestein, wohingegen die Diogenite Teile des oberen Mantels sind und von dem großen Einschlag auf Vesta stammen oder später von den abgetrennten Bruchstücken, wie 1999 TA10, abgesprengt wurden. Grundlagen und Klassifikation von Meteoriten sind in den Monatsthemen August und September 2003 beschrieben.

Bis Juli 2012 sind weitere Erkenntnisse zu erwarten, wenn sich die Raumsonde Dawn auf den Weg zum Zwergplaneten Ceres begibt.

Gerardo Inhester


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Otto J. Pilzer, 2012-04-01