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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema Dezember 2012: "Die Vatikanische Sternwarte"

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Papst Paul VI am Schmidt-Teleskop in Castel Gandolfo
Quelle: http://www.vaticanobservatory.org/

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Astronomie und katholische Kirche, das scheint auf den ersten Blick nicht wirklich zusammen zu passen. Wer denkt dabei nicht an den Prozess Galileo Galileis, der von der katholischen Kirche beinahe als Ketzer zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilt wurde. Sein Verbrechen: zu behaupten, nicht die Sonne und die Planeten kreisten um die Erde als Mittelpunkt, sondern die Sonne bilde den Mittelpunkt, um den alle Planeten einschließlich der Erde kreisen. Galileo folgte damit der Lehre Kopernikus, die dieser erstmals in seinem Werk "De Revolutionibus Orbium Coelestium", übersetzt: "Über die Umschwünge der himmlischen Kreise", 1543 aufgestellt hatte. Die katholische Kirche und übrigens auch Martin Luther, lehnten diese Lehre ab, da sie nicht im Einklang mit der Bibel stünde. In dem im Jahre 1630 fertig gestellten Werk "Dialog von Galileo Galilei über die zwei wichtigsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische" griff Galileo die kopernikanische These auf und befürwortete diese. Als Beleg für die Richtigkeit der These Kopernikus führte Galileo die Venusphasen an. So bemerkte Galileo mittels seines Fernrohres, dass die Venus ähnlich wie der Mond verschiedene Phasen hat, von der Sichel bis hin zur "vollen" Venus. Das war für Galileo nur so erklärbar, dass sich die Venus, die Erde und die übrigen Planeten um die Sonne drehen. Wie wir heute wissen, hatte Galileo Recht. Dennoch wurde er damals verurteilt, wobei er zunächst als Häretiker zum Tode verurteilt, dann aber seine Strafe letztlich in einen lebenslangen Hausarrest umgewandelt wurde. Erst 1992 wurde dieses Fehlurteil unter Papst Johannes Paul II. aufgehoben und Galileo voll rehabilitiert. Seit jener Zeit wird der Prozess Galileo Galileis als Sinnbild für die Unvereinbarkeit wenn nicht sogar für die Feindschaft von Glaube und Wissenschaft herangezogen.

Umso erstaunlicher dürfte es für viele sein, dass der Vatikan bereits seit 1578 über eine eigene Sternwarte verfügte. Damit gehört diese zu den ältesten astronomischen Observatorien weltweit! Hintergrund der Gründung war die gregorianische Kalenderreform unter Papst Gregor XIII. Dieser ließ im Vatikan den Windturm errichten und lud die jesuitischen Astronomen und Mathematiker des Römischen Kollegiums dorthin ein, um eine Kalenderreform vorzubereiten, die dann 1582 durchgeführt wurde. Noch heute verwenden wir diesen gregorianischen Kalender mit seinen Schaltjahren alle vier Jahre. Kurz nach der Erfindung des Fernrohres wurde die Vatikanische Sternwarte dann mit einem Fernrohr ausgestattet und 1610 erfand deren Leiter, der Jesuit Christoph Grienberger, die noch heute häufig verwendete sogenannte "Deutsche Montierung". Dabei handelt es sich um eine parallaktische Montierung, bei der also eine Achse parallel zur Erdachse ausgerichtet wird. Benötigt wurde diese Erfindung zur Erforschung der Sonnenflecken. Auch im weiteren Verlauf stand die Sonne im Mittelpunkt der Forschung. Noch im 18. Jahrhundert wurde im Collegio Romano ein neuer Turm errichtet, der ab 1774 offiziell als päpstliche Sternwarte diente und mit besseren Instrumenten ausgestattet war. Dabei erreichte die astronomische Forschung unter Pater Angelo Secchi (geboren am 29.6.1818, gestorben am 26.2.1878) einen weiteren Höhepunkt. Er beobachtete u. a. Sonnenflecken sowie Sonnenprotuberanzen und ihm gelang 1860 die erste Fotographie der Sonnenkorona. Nachdem er von der Entdeckung Kirchhoffs und Bunsen gehört hatte, dass verschiedene chemische Elemente die Flamme eines Gasbrenners auf eine bestimmte Art und Weise färben und damit die so genannten Fraunhofer-Linien im Sonnenspektrum erklärt wurden, begann Pater Secchi damit, das Licht von Sternen mithilfe von Prismen in deren Spektralfarben zu zerlegen. Anhand der Verteilung der Farbmuster und der Absorptionslinien konnte er die chemische Zusammensetzung der Sonne und der Sterne bestimmen. 1867 legte er einen Katalog mit über 500 untersuchten Fixsternen vor, die er in mehrere Sternenklassen einteilte. Diese Einteilung bildete die Grundlage für die heutige Einteilung der Sterne und spielt damit eine ganz wesentliche Rolle in der Erforschung des Universums. Wegen seiner Verdienste um die Astronomie wurden ein Krater und eine Gebirgsgruppe auf dem Mond nach Pater Secchi benannt. Außerdem trägt der von ihm entdeckte Komet C/1853 E1 seinen Namen.

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Das Vatikanische High-Tech-Teleskop (VATT) auf dem Mount Graham in Arizona unter der Milchstraße, aufgenommen mit einem sog. "Fischaugenobjektiv"
Quelle: http://www.vaticanobservatory.org/

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Nach dem Tode Pater Secchis wurde durch Papst Leo XIII am 14.3.1891 ein Observationsneubau auf dem Vatikanhügel hinter der St-Peter-Basilika veranlasst. Wegen der zunehmenden Lichtverschmutzung zog die Vatikanische Sternwarte unter Papst Pius XI. in die ca. 25 km südöstlich von Rom gelegen Stadt Castel Gandolfo. Die dortige Sternwarte besitzt mehrere Teleskope aus den 1950er Jahren sowie einen 60cm-Schmidtspiegel. Da diese Ausstattung den heutigen wissenschaftlichen Ansprüchen nicht mehr genügte, wurde 1981 ein zweites Forschungszentrum gegründet, das "Vatican Observatory Research Group" (VORG) in Tucson in Arizona (im Internet: http://www.vaticanobservatory.org/). Es ist der Universität von Arizona angegliedert und hat Zugriff auf alle modernen Teleskope der dortigen Gegend. 1993 wurde in Zusammenarbeit mit dem Observatorium Steward auf dem Graham-Berg (Arizona) der Bau des vatikanischen High Tech-Teleskops (VATT) vollendet. Es handelt sich um ein optisch-infrarotes Teleskop, dessen Primärspiegel einen Durchmesser von ca. 2 Meter aufweist und den vatikanischen Astronomen ermöglicht, dauerhafte Programme für langfristige Forschungen zu entwickeln. Gegenstand der Forschung sind insbesondere kosmologische Modelle, spektrale Klassifizierung spezieller Sterne, Verteilung metallreicher und -armer Sterne, Binärsterne mit Materialaustausch, Material in dunklen Wolken, in denen neue Sterne entstehen sowie die Geschichte der Wissenschaft. Daneben werden internationale Tagungen organisiert und interdiszplinäre Seminare abgehalten, in denen sich Naturwissenschaftler, Philosophen und Theologen etwa zum Thema der göttlichen Handlung unter wissenschaftlicher Perspektive unterhalten.

Die Gegnerschaft von Glaube und Wissenschaft weicht damit einem Dialog, bei dem es um die letztlich wirklich wichtigen Fragen des Menschen geht: um das Woher, das Wohin und das Warum. Ob darauf aber jemals Antworten gefunden werden, steht vielleicht in den Sternen.

Die Astronomische Arbeitsgruppe Laufen e.V. wünscht Ihnen und Ihrer Familie ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr 2013.

Stefan Poller


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Otto J. Pilzer, 2012-12-01