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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema Juli 2013: "Quasare - gigantische Kraftwerke am Sternenhimmel"

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Künstlerische Darstellung des Quasars ULAS J1120+0641
Das Licht dieses Quasars brauchte 12,9 Milliarden Jahre, bis es die Erde erreichte.
Quelle: ESO/M. Kornmesser

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Am 30. Juni 2011 veröffentlichte eine Gruppe von europäischen Wissenschaftler der ESO (Europäische Südsternwarte) in der Fachzeitschrift Nature einen Bericht, in dem sie die Entdeckung des bisher weitest entfernten Quasars bekannt gaben. Nun könnte man meinen, alles schön und gut, die Welt ist voll von Neuentdeckungen und Rekorden. Also noch ein Rekord mehr. Schaut man aber etwas näher hin, so ist man fasziniert von dem, was da entdeckt wurde.

Ein Objekt aus der Frühzeit des Universums hat es geschafft, so hohe Energien abzugeben, dass die Strahlung noch nach einer Laufzeit von 12,9 Milliarden Jahren (können Sie sich eine solche Zahl vorstellen?) bis zu uns dringt. Das bedeutet, die Strahlung stammt aus einer Zeit von nur 770 Millionen Jahren nach dem Urknall.

Was verbirgt sich hinter dem Namen Quasar? Historisch gesehen ist das ein Begriff aus der Radioastronomie und bedeutete zunächst quasi-stellar radio source (sternähnliche Radioquelle). In den 50er Jahren fanden Radioastronomen Objekte, die nicht wie Radiogalaxien, sondern eher wie Sterne aussahen. Später wurde das Kunstwort universeller angewandt und mit quasi-stellar object (quasistellarem Objekt) übersetzt. Noch später konnte man dann durch das Messen der Rotverschiebung dieser Objekte ausschließen, dass sie Sterne sind und kam durch genauere Untersuchungen zu dem Schluss, dass es sich um die Kerne von extrem weit entfernten Galaxien handeln musste.

Es erscheint klar, dass bei solch gigantischen Entfernungen die genaue Identifizierung der Strahlungsquelle mit den Mitteln der damaligen Instrumente nicht gelingen konnte. Erst die heutigen Teleskope liefern mithilfe von fortlaufenden Verbesserungen Ergebnisse, welche die Forscher in die Lage versetzen, die zugrunde liegenden physikalischen Mechanismen zu verstehen. Insbesondere aber eine Methode, welche ermöglicht, weit voneinander entfernte Sternwarten und deren Teleskope zu einem Netz zusammen zu schalten, hat dazu geführt, dass eine in früheren Zeiten wahnwitzig erscheinende Detailauflösung von Objekten am Himmel erzielt werden konnte. Es hilft, den Fortschritt zu verstehen, wenn man sich vorstellt, dass das menschliche Auge gerade noch in der Lage ist, zwei Sterne in einem Abstand von zwei Bogenminuten zu erfassen. Ein mittleres Amateurfernrohr kann bei allerbesten Sichtbedingungen zwei Sterne im Abstand einer Bogensekunde, das ist die scheinbare Entfernung in einem Winkel von einer Sekunde (1 Grad durch 3600 geteilt) trennen. Bedingt durch die Luftunruhe auf dem Erdboden gelingt es nicht, durch Vergrößerung des Durchmessers von astronomischen Linsen bzw. Spiegeln die Auflösung merklich zu verbessern. Erst durch spezielle Methoden wie Speckle-Interferometrie, aktive oder adaptive Optik kann man die Auflösung erhöhen. Das Weltraumteleskop Hubble erreicht durch das Fehlen einer Atmosphäre im Weltraum eine deutlich bessere Auflösung von 0,05 Bogensekunden. Das ist aber bei Weitem noch nicht genug, um Vorgänge im Zentrum von riesig weit entfernten Galaxien sichtbar zu machen. Erst eine aus der Radioastronomie entliehene, bei optischen Instrumenten ungleich schwierigere Methode der Zusammenschaltung von mehreren Instrumenten an verschiedenen, weit entfernten Standorten brachte den Durchbruch bei der Erforschung solcher weit entfernter Objekte.

Wenden wir uns von diesen eher speziellen Betrachtungen wieder den Quasaren zu. Was sind eigentlich Quasare? Dass die Strahlung aus dem Zentrum aktiver Galaxien kommt, ist mittlerweile unbestritten. Aber wie entsteht diese gigantische Strahlung, die von einem Ort zu kommen scheint, der bei der riesigen Entfernung zu winzig ist, um aufgelöst werden zu können. Das Licht des vom ESO-Team entdeckten Quasars mit der Bezeichnung ULAS J1120+0641 kommt mit einer Rotverschiebung von z=7,1 auf der Erde an. Diese Rotverschiebung wird durch die Expansion des Weltalls verursacht und kann als ein Maß für die Entfernung des Quasars angesehen werden. Die Linien der Strahlung werden zum langwelligeren Teil, also zum Infraroten bis Millimeterbereich hin verschoben.

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Quasar mit der Bezeichnung ULAS J1120+0641
Der schwache rote Punkt im Zentrum des Bildes links neben dem hellen Stern ist der Quasar, das bisher leuchtkräftigste Objekt aus dem frühen Universum, 770 Millionen Jahre nach dem Urknall. Das Bild wurde aus den Daten der Kataloge Sloan Digital Sky Survey (SDSS) und UKIRT Infrared Deep Sky Survey (UKIDSS) gewonnen.
Quelle: ESO/UKIDSS/SDSS

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Die heutige Wissenschaft erklärt den Prozess in einem Quasar so: Im Kern der Galaxie befindet sich ein supermassives Schwarzes Loch, das zu einer unvorstellbar großen Masse von bis zu zwei Milliarden Sonnenmassen angewachsen ist. Dieses zieht durch seine riesige Gravitation aus der Umgebung Gas und Staub an, das sich in einer ultraheißen Scheibe (Akkretionsscheibe) sammelt. Die extrem beschleunigte Materie in dieser Scheibe trifft schließlich auf das Schwarze Loch und wird fast gänzlich verschluckt. Ein kleiner Teil des Gases wird in gewaltigen Magnetfeldern gebündelt und in 2 symmetrischen Jets entlang der Achse mit extrem hoher Geschwindigkeit in den Weltraum geschleudert. Das Plasma in der Akkretionsscheibe zusammen mit den gebündelten Gasstrahlen der Jets erzeugt die gewaltige Strahlungsenergie, welche vom Quasar ausgeht.

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Bild der ALMA-Antennen auf dem Chajnantor Plateau, 5000 m über dem Meeresspiegel
Quelle: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)/W. Garnier (ALMA)

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Einen bedeutenden Fortschritt in der Erforschung der Quasare stellt der Aufbau der Submillimeter-Astronomie im großen Stil dar. Das Atacama Large Millimeter Array (ALMA), in Partnerschaft von Europa, Nordamerika und Ostasien aufgebaut, wurde am 13. März 2013 in einem feierlichen Akt in Betrieb genommen. In 5000 m Höhe in der chilenischen Atacama-Wüste können 66 einzelne Antennen zu einem Verbundteleskop zusammengeschaltet werden und bilden ein Interferometer von beispielloser Auflösung. Die Anlage besteht aus 54 Antennen a 12 Meter Durchmesser und 12 7-Meter-Antennen. Die Messdaten von den einzelnen Instrumenten erfasst ein zentraler Computer (Korrelator), der auch die Steuerung der Antennen übernimmt. Ein Teil dieser Antennen ist örtlich beweglich, so dass diese in einem variablen Abstand, der zwischen 150 Metern und 16 Kilometern betragen kann, angeordnet werden können. Das Auflösungsvermögen steigt damit im Submillimeter-Bereich auf das zehnfache der bisher in diesem Bereich weltweit erzielten Auflösungen.

Das Atacama Pathfinder Experiment APEX, in der Nähe von ALMA gelegen, basiert auf der Technologie der großen ALMA-Instrumente mit 12 m Durchmesser und diente als Wegbereiter für ALMA. Im Zusammenschluss mit Sternwarten auf Hawaii und in Arizona gelang der bisher schärfste Blick ins Zentrum des hellen aktiven Galaxienkerns 3C 279 (in 5 Milliarden Lichtjahren Entfernung) mit einem Quasar im Zentrum. Die Messungen wurden bei einer Wellenlänge von 1,3 mm durchgeführt. Mit der dabei erzielten Auflösung von 28 Mikrobogensekunden (acht Milliardstel eines Winkelgrads), das ist zwei Millionen Mal besser als das menschliche Auge, konnte der Galaxienkern mit einer Auflösung von einem Lichtjahr abgebildet werden.

Das lässt darauf hoffen, dass in naher Zukunft die Wirkungsweise der Quasare noch besser verstanden werden kann.

Walter Conrad


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Otto J. Pilzer, 2013-07-01