- Astronomie im Berchtesgadener Land - Monatsthema Januar 2021: "Der Stern von Betlehem und die Heiligen Drei Könige"Komet Hale-Bopp am Abend des 8. April 1997. Er gehörte zu den eindrucksvollsten Kometen der letzten Jahrzehnte (Aufnahmedaten: 100 Sekunden belichtet auf Diafilm Fuji Provia 1600ASA, Objektiv Leica APO-Telyt 3.4/180mm bei voll geöffneter Blende, Bildautor: Bernhard Kindermann) [Zum Vergrößern bitte Bild anklicken] Seit man die Geschichte von den drei Magiern (Weisen oder Sterndeutern) aus dem Morgenland, die den neugeborenen König der Juden suchten, gehört hat, fragt man sich: Wer oder was war denn das, was sie gesehen haben? Und diese Frage hat nicht nur astronomisch Interessierte beschäftigt. Wir wollen dieser Frage von der astronomischen Seite her nachgehen. Dazu ist es erforderlich, sich mit den überlieferten Quellen zu beschäftigen und die sind mager, da das Ereignis ja schon so lange zurückliegt. Die beste (und einzige frühchristliche) Quelle ist das Matthäus-Evangelium im Neuen Testament: "Als nun Jesus geboren war, zu Bethlehem in Judäa, in den Tagen des Königs Herodes, siehe, da kamen Magier aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: 'Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir sahen nämlich seinen Stern im Aufgang und sind gekommen, ihm zu huldigen.' Als der König Herodes dies hörte, erschrak er und ganz Jerusalem mit ihm. Er versammelte alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und suchte von ihnen zu erfahren, wo der Messias geboren werde. Sie sagten zu ihm: 'Zu Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den Propheten: Du, Betlehem im Gebiet von Juda, bist keineswegs die unbedeutendste unter den führenden Städten von Juda; denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt meines Volkes Israel.' Da berief Herodes die Magier heimlich zu sich und erforschte von ihnen genau die Zeit der Erscheinung des Sternes. Dann sandte er sie nach Bethlehem und sprach: 'Geht hin und forschet genau nach dem Kind, und habt ihr es gefunden, so lasst es mich wissen, damit auch ich komme und ihm huldige.' Sie hörten den König an, zogen fort und siehe, der Stern, den sie im Aufgang gesehen, ging vor ihnen her, bis er ankam und stehenblieb über dem Ort, wo das Kind war. Da sie den Stern sahen, hatten sie eine überaus große Freude" (Matthäus, 2,1-10). Schon viele Historiker, Religionswissenschaftler und Astronomen haben versucht, Erklärungen für diesen "Stern" zu finden. Was ist aber unter diesem "Stern" zu verstehen? Kann man das wörtlich nehmen, oder ist dieser Text eher symbolisch gemeint, wie in Schriften des Orients häufig der Fall? Ist damit ein einzelner Stern gemeint oder sind auch Konstellationen von Sternen denkbar, die große Wirkungen in der Welt des Altertums hinterließen? Auch ein Komet ist nicht von vornherein auszuschließen. Es muss auf jeden Fall eine Erscheinung gewesen sein, die nicht häufig auftritt, denn sonst hätte sie kein besonderes Aufsehen erregt. Außerdem muss die Erscheinung länger zu sehen gewesen sein, denn der "Stern" begleitete die Magier während ihrer ganzen Reise. Andererseits reisten sie in einem Gebiet, wo trockenes Wetter und klarer Himmel vorherrschten. Ohne elektrisches Licht und Luftverschmutzung war der Blick in den Himmel für die Menschen damals etwas Selbstverständliches. Ein anderes Problem ist auch der Zeitpunkt von Christi Geburt und damit, wann diese Ereignisse stattgefunden haben. In keiner der Überlieferungen wird ein Jahr angegeben. Dass es nicht im Jahr 1 war (ein Jahr Null gibt es nicht), davon kann man heute ausgehen. Aufgrund verschiedener Quellen soll es zwischen dem Jahr 7 v. Chr. und 4 v. Chr. gewesen sein. Eine eindeutige Erkenntnis über das Himmelsereignis würde es auch erlauben, diesen Zeitpunkt genauer festzulegen. Wir wollen aber zunächst aus der anderen Richtung vorgehen, indem wir die möglichen Ereignisse genauer betrachten, die in dem in Frage kommenden Zeitraum stattfanden. Da wäre erstens ein Komet. Tatsächlich berichten chinesische und koreanische Quellen von einem Kometen im Sternbild Steinbock im Jahr 5 bzw. 4 v. Christus. Andererseits wurden früher Kometen meistens als etwas Schlechtes, ja mitunter sogar Katastrophales angesehen. Mit der Geburt des göttlichen Heilsbringers lässt sich eine solche Deutung - die auch dem Evangelisten Matthäus sicherlich bekannt war - nicht gut in Einklang bringen. Der Begriff "Komet" war Matthäus geläufig, obwohl man Kometen als Erscheinungen der Atmosphäre ansah. Warum sollte er deshalb von einem "Stern" sprechen? Trotzdem war im Mittelalter die Vorstellung, es sei ein Komet gewesen, verbreitet, wie man etwa auf der Anbetung von Giotto sehen kann. Des Weiteren käme eine Nova oder Supernova in Frage. Eine Nova wäre wahrscheinlich nicht auffällig genug gewesen und über eine Supernova liegen keinerlei Beobachtungsberichte vor. Bei beiden spricht auch dagegen, dass sie sich nicht bewegen, während es in dem Bericht heißt, dass der "Stern" den Magiern den Weg wies. Eine andere Möglichkeit wäre eine besondere Planetenkonstellation. In der damaligen Welt um Christi Geburt und früher lag die Beobachtung des nächtlichen Himmels und die damit verbundene Deutung von Himmelsereignissen in der Hand von Priesterastronomen. Die heutigen Begriffe wie Astronomie und Astrologie waren zu damaligen Zeiten eins. Es gab also keine Trennung von wissenschaftlicher Erforschung des Sternenhimmels und der Sterndeutung (Astrologie). Sie war auch noch im späten Mittelalter des Abendlandes durchaus verbreitet (man denke nur an Johannes Kepler, der sich auch astrologisch betätigte). Schon in der Zeit der Chaldäer im Zweistromland war die Kunde von der Sternenwelt tief verwurzelt im Leben der priesterlichen Oberschicht. Die mit freiem Auge sichtbaren Planeten von Merkur bis Saturn mit ihren Bahnen und Schleifen waren bekannt. Den einzelnen Planeten wurden sogar bestimmte Eigenschaften zuerkannt. So gab es den Bezug einzelner Planeten zu bestimmten Göttern und Gebieten. Bei besonderen Konstellationen von Planeten, wenn z. B. Saturn nahe bei der Venus oder bei Jupiter stand (man spricht dann von Konjunktion), wurden von der Priesterschaft entsprechend weitreichende Schlussfolgerungen gezogen. Die Priester/Wissenschaftler des Altertums, die ja auch Schriftgelehrte waren, waren vertraut mit den Schriften der eigenen Überlieferung und sicherlich auch mit jenen benachbarter Völker. Kam es zu besonderen Sternkonstellationen, so steckte man die Köpfe zusammen und beratschlagte, was dies zu bedeuten habe und zog sicherlich auch alte Schriften zu Rate.
Eine solche Möglichkeit zog auch Johannes Kepler in Erwägung. Er errechnete eine seltene Planetenkonstellation aus den Planeten Jupiter und Saturn im Jahr 7 v. Chr. Gleich dreimal begegneten sich diese Planeten im Sternbild "Fische", welches in der damaligen Vorstellung das Land Israel versinnbildlichte. Jupiter als Planet des sowohl nach römischer wie nach orientalischer Vorstellung höchsten Gottes als Königssymbol und Saturn, der bei manchen auch als Planet des jüdischen Volks galt, ließen für die damaligen Astronomen, die immer zugleich auch Sterndeuter (Astrologen) waren, nur eine Deutung zu: Judäa wurde die Ankunft eines neuen Königs verheißen. Der Astronom und Astronomiehistoriker Konradin Ferrari d'Occhieppo griff 1964 diese Theorie wieder auf und auch andere Astronomen schlossen sich ihm an. Dieses seltene, eindrucksvolle und sich über Monate hinziehende Ereignis hat vieles für sich und da die Magier aus dem Osten kamen, vermutlich aus Mesopotamien, und die Konstellation vor sich sahen, kann man sich diese Interpretation vorstellen. Doch es gibt auch Einwände: Jupiter und Saturn kommen sich nie so nahe, dass man nur einen "Stern" sieht, und außerdem sind sie Planeten in Konjunktion, aber kein "Stern". Auch die Zuordnung des Planeten Saturn zu Judäa ist nicht unumstritten. In der Folge wurden auch noch andere Konjunktionen oder Bedeckungen gesucht, und zwar von Venus und Jupiter. Man fand eine am 12. August 3 v. Chr., da passierte Venus den Jupiter im Löwen. Sie waren als gemeinsamer Stern zu sehen, aber in der Morgendämmerung im Osten, die Magier waren jedoch nach Westen unterwegs. Am 17. Juni im Jahr 2 v. Chr. war eine weitere Begegnung in noch geringerem Abstand, diesmal in der Abenddämmerung am Westhimmel. Diese Annäherung war längere Zeit zu verfolgen und hätte als Wegweiser dienen können, nur war zu der Zeit Herodes schon tot, was wieder nicht zur Überlieferung passte. Ob es nun ein Komet, eine Supernova, eine äußerst seltene Planetenkonstellation oder ein anderes Himmelsereignis war, es hat sich damals etwas Besonderes zugetragen. Etwas, was auch noch nach über 2.000 Jahren die Menschen bewegt, tröstet und mit Zuversicht erfüllt. Gerardo Inhester
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