LOGO

- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema Februar 2011: "Tycho Brahe - Teil I: Wie kam Tycho zur Astronomie"

[1102_monatsthema_kk.jpg]
Das Titelblatt der Schrift "Mechanica", in der Tycho über neue astronomische Instrumente schreibt, zeigt die adlige Herkunft Tycho eindrücklich. Ganz oben sind die Wappen der Brahes und Billes, der Eltern Tychos.
Quelle: Smithsonian Institution Libraries (http://www.sil.si.edu/DigitalCollections/HST/Brahe/sil4-3-5a.htm)

[Zum Vergrößern bitte Bild anklicken]

Es ist immer wieder eine spannende Frage zu untersuchen, wie berühmte Wissenschaftler zu dem Gebiet fanden, in dem sie später Großartiges leisteten. Oft sind es dabei verschlungene Wege, wie auch bei Tycho Brahe.

Tycho Brahe wurde am 14. Dezember 1546 Knutstorp (Schonen, damals eine dänische Provinz) als erster Sohn von Otte Brahe und seiner Frau Beate Bille geboren. Beide Familien gehörten zu den höchsten Adelskreisen Dänemarks. Es war eine Zwillingsgeburt, doch starb sein Zwillingsgeschwister bei der Geburt. Die Familie wohnte noch in einem kleineren Gebäude in der Nähe, da der Herrensitz in Umbau begriffen war. Als sich die nächste Geburt ankündigte, nahm sein Onkel Jörgen im Jahre 1547 Tycho zu sich. Da er und seine Frau Inger keine Kinder bekommen konnten, hatten sie mit Otte ausgemacht, ihnen einen männlichen Nachkommen als Erben zur Adoption zu überlassen. Tycho schrieb aber später, sein Onkel habe ihn ohne das Wissen der Eltern mitgenommen. Die merkwürdigen Umstände dieses Vorgangs führten jedoch zu keiner Verstimmung zwischen beiden Familien und Tycho wuchs fortan bei seinem Onkel auf dem Herrensitz in Tosterup auf.

Von seinem sechsten Lebensjahr an wurde er von einem Hauslehrer - hauptsächlich in Latein - unterrichtet. Bereits 1559 begann er auf Wunsch seines Onkels an der Universität Kopenhagen Rhetorik und Philosophie zu studieren. Im August 1560 konnte er in Kopenhagen eine partielle Sonnenfinsternis beobachten. Dabei beeindruckte ihn besonders die genaue Vorhersage und weckte sein Interesse an der Astronomie. Er kaufte sich Bücher sowie eine Ephemeridentafel und beschäftigte sich in der Folge zunehmend mit Astronomie, was seinem Onkel sehr missfiel. Er stellte ihm einen Mentor, Anders Sorensen Vedel, zur Seite und veranlasste ihn die Universität zu wechseln und zwar nach Leipzig, wo er 1562 das Studium der Rechte begann. Aber auch dort konnte sein Mentor ihn nicht von astronomischen Studien bei Johannes Hommel und - nach dessen baldigem Tod - bei Valentin Thau und auch häufigen nächtlichen Beobachtungen abhalten. Tycho protokollierte alle seine Beobachtungen sorgfältig und stieß bald auf Diskrepanzen zwischen diesen und den verwendeten Tafeln, welche sich auf die Berechnungen von Ptolemäus und Kopernikus stützten. Dies betraf vor allem die Stellungen der Planeten. Das ist aus heutiger Sicht nicht verwunderlich, stand bei Ptolemäus ja noch die Erde im Mittelpunkt des Sonnensystems und Sonne, Planeten und die Fixsternsphäre drehten sich um sie. Bei Kopernikus war zwar die Sonne im Mittelpunkt, doch die Planeten sollten sich auf ineinander geschachtelten, kugelförmigen Sphären um diese bewegen. Die äußere Fixsternsphäre galt als unveränderlich und alle veränderlichen Erscheinungen, wie Kometen, wurden innerhalb der Mondbahn gesehen. Als Hilfsmittel bei den Beobachtungen standen Tycho nur das Auge und zur Positionsbestimmung Quadranten zur Verfügung. Er erkannte die Bedeutung von genauen Messungen und sah einen Weg zur Verbesserung der Messergebnisse in immer größeren Quadranten und einer regelmäßigen Überprüfung der Messergebnisse.

In der Folgezeit beobachtete er regelmäßig Sterne und die Planeten und notierte ihre Positionen mit bis dahin nicht erreichter Genauigkeit. Im August 1563 fand er bei der Beobachtung der Konjunktion von Jupiter und Saturn erneut Fehler in den Tafeln.

Um Position und Bewegung messen zu können, benötigt man Winkel mit höchst möglicher Genauigkeit. Brahe baute seine ersten Instrumente nach älteren Zeichnungen im Jahre 1564. Die Genauigkeit dieser Messwerkzeuge war jedoch nur um einen Grad verbessert, und das war eindeutig zu wenig für Brahes Pläne und Vorstellungen. Er begann somit seine eigenen Instrumente zu bauen, und er zeigte sich als ein ganz und gar beeindruckender Neuerer auf diesem Gebiet. Teils konstruierte er große Apparaturen wie Sextanten, Quadranten und Armillarsphären, teils baute er ein sehr genaues Visier und entwickelte außerdem eine Technik, die Winkelskala mit einer Präzision von einer halben Bogenminute (oder 1/120 Grad) einzuteilen, in Folge dessen waren Brahes Beobachtungen etwa hundert mal genauer als früher durchgeführte.

1565 rief Onkel Jorgen Tycho nach Hause zurück an sein Krankenbett. Er hatte sich bei der Rettung des dänischen Königs Frederik II eine Lungenentzündung zugezogen, als dieser bei einem gemeinsamen Ausritt in Hojbro ins Wasser stürzte. Der Adoptivvater starb allerdings wenige Tage bevor Tycho eintraf, der danach nach Rostock zurückkehrte.

[1102_monatsthema2_kk.jpg]
Portrait des jungen Tycho mit dem Schwert als Zeichen seines Adels und dem Werkzeug für seine astronomischen Beobachtungen.
Quelle: Wikipedia

[Zum Vergrößern bitte Bild anklicken]

Bei einer Weihnachtsfeier der Universität 1566 entbrannte zwischen Tycho und dem Kommilitonen Manderup Parsberg ein heftiger Streit um eine mathematische Formel, der zu einer Herausforderung zum Duell führte. Wenige Tage später verlor Tycho dabei einen Teil seiner Nase.

Er trug von da ab eine Nasenprothese aus einer Silber-Kupfer-Legierung, um die Hautfarbe zu imitieren, die er mit einer Salbe anklebte. Er wurde seitdem auch vielfach als der "Mann mit der goldenen Nase" bezeichnet.

Nachdem er sich nun ungehindert der Astronomie widmen konnte, obwohl seine Familie es nicht gern sah, reiste er zu mehreren Astronomen mit denen er in Korrespondenz stand und hielt sich längere Zeit in Augsburg auf, wo er einen großen Quadranten baute. Als er über den schlechten Gesundheitszustand seines Vaters informiert wurde kehrte er Ende 1570 zurück nach Knudstorp. Nachdem sein Vater Otte 1571 gestorben war nahm er das Angebot seines Onkels Steen Bille an, in Herrevad einem ehemaligen Kloster, das dieser vom König als Lehen erhalten hatte, ein Observatorium zu bauen. Bei seinem Aufenthalt in Knutstorp hatte er Kirsten, die Tochter des evangelischen Pastors Jorgen Hansen, kennen- und lieben gelernt. Da sie eine Bürgerliche war und er adelig, fand keine kirchliche Trauung statt, eine damals übliche Regelung, die, nachdem die Frau drei Jahre lang die Schlüsselgewalt im Haushalt geführt hatte, als Morganatische Ehe galt.

[1102_monatsthema3_kk.jpg]
Zeichnung der Supernova im Sternbild Kassiopeia aus Tychos Schrift "De Stella Nova".
Quelle: Tycho Brahes "Stella Nova", Danish National Library of Science and Medicine

[Zum Vergrößern bitte Bild anklicken]

Der 11. November 1572 war ein wichtiger Tag im Leben Tycho Brahes: Genau an diesem Tag beobachtete er einen neuen, sehr hellen Stern im Sternbild Kassiopeia. Dieser überstrahlte mit einer Helligkeit von -4 mag alle hellen Sterne des Sternbilds und erreichte dabei etwa die Helligkeit des Planeten Venus. Tycho beobachtete ihn über einen längeren Zeitraum uns stellte fest, dass er seine Position nicht veränderte, also konnte es kein Planet sein. Der Fixsternhimmel war aber nach der seit Aristoteles vorherrschenden Ansicht unveränderlich. Tycho legte die Ereignisse in seinem Buch "De Stella Nova" dar, und eben diese Entdeckung und dieses Buch machten ihn unter den Astronomen in ganz Europa berühmt. Heute wissen wir, dass Brahes "Stella Nova" eine Supernova war.

Der folgende Teil wird sich mit dem weiteren Leben Tycho Brahes beschäftigen.

Gerardo Inhester


Zum Sternenhimmel Februar 2011

Zu den anderen Monatsthemen


[AAL] Zurück zur Home Page der AAL
Otto J. Pilzer, 2011-02-01