- Astronomie im Berchtesgadener Land - Monatsthema April 2011: "Tycho Brahe - Teil II: Tycho, der Schloss- und Inselherr"Der große Mauerquadrant in Uraniaborg mit Tycho und seinen Gehilfen bei der Arbeit. Bild aus seiner Schrift "Mechanica". Quelle: Wikipedia [Zum Vergrößern bitte Bild anklicken] Im ersten Teil haben wir gesehen, wie Tycho zur Astronomie kam und sich dort einen Namen gemacht hat. Nun, einen Namen hatte er schon durch seine Geburt. Die Familie gehörte zu den höchsten Adelskreisen Dänemarks und ein Studium sollte eigentlich nur dazu dienen, seinen Horizont zu erweitern und ihn für spätere höhere Aufgaben vorzubereiten. So ist es zu verstehen, dass Philosophie, Theologie, Rhetorik und Recht erwünschte Fächer waren, Naturwissenschaften dagegen waren im Adel nicht angesehen. Man bediente sich ihrer, aber sie genossen kein Ansehen. Tychos Familie war daher von seiner Hinwendung zur Astronomie und Naturwissenschaft keineswegs begeistert, sondern versuchte, ihn davon abzubringen. Und Tycho beschäftigte sich nicht nur mit Astronomie, sondern auch mit Mathematik, Alchemie, Wetterkunde und Astrologie. Letztere spielte eine besondere Rolle, denn sie war in der damaligen Zeit untrennbar mit der Astronomie verbunden. Alle Herrscher verließen sich damals in hohem Maße auf Horoskope. Viele hielten sich bei Hofe Astrologen und da für Horoskope die Stellungen von Sonne, Mond und Planeten innerhalb der Sternbilder maßgeblich sind, bestand eine direkte Verbindung zur Astronomie. So war die Erstellung von Horoskopen auch eine wichtige und einträgliche Nebenaufgabe für Astronomen. Die Kirche sah zwar die Astrologie als Todfeind des Glaubens, aber sogar Päpste vertrauten der Astrologie. Astrologen hatten daher von Seiten der Kirche in diesen für Abweichler des Glaubens gefährlichen Zeiten kaum etwas zu befürchten, insbesondere, wenn sie unter dem Schutz von Fürsten standen. Tycho hatte schon 1566 mit einer Vorhersage schlechte Erfahrungen gemacht: Er sagte aufgrund einer Mondfinsternis am 28. Oktober 1566 den Tod Sultan Suleimans voraus. Bald danach erfuhr er jedoch, dass dieser bereits am 6. September gestorben war. Tycho schloss daraus, dass Mondfinsternisse für Horoskope ungeeignet seien. Andere Misserfolge führte er auf die ungenauen Daten zurück, was ihn motivierte, für genauere Positionsbestimmungen zu sorgen. Zur Bestimmung der Sternpositionen gab es zu dieser Zeit zwei unterschiedliche Methoden. Schon Ptolemäus maß die Winkelabstände zu Sternen mit bereits bekannten Positionen. Diesen Weg verwendete auch Tycho und erzielte durch die Sorgfalt seiner Messungen und seine großen Messgeräte eine Genauigkeit, die erst später durch die Verwendung von Fernrohren übertroffen wurde. Ein weiterer Grund waren seine zahlreichen Messungen, während sich die anderen Astronomen, davon ausgehend, dass es sich um Kreisbahnen handelte, mit drei Messungen begnügten. Die zweite Methode verwendete die Zeitmessung. Dabei wird etwa zum Zeitpunkt des Durchgangs eines Sterns durch den Südmeridian dessen Höhe und die Zeit gemessen. Das bedarf aber genau gehender Uhren. Diese Methode lernte Tycho 1575 bei einem Besuch des Landgrafen Wilhelm II. von Hessen-Kassel, einem damals führenden Astronomen, kennen. Die Räderuhren waren aber erst in einer Phase der Entwicklung: Sie hatten zwar oft zusätzliche Funktionen, waren aber ungenau und unzuverlässig. Viele hatten nur Stundenzeiger und deswegen beschäftigte Wilhelm II. die renommierten Uhrenbauer Jost Bürgi und Eberhard Baldewin, die ihm auch andere Geräte aus Metall bauten, was die Genauigkeit seiner Messungen verbesserte.
In diesem wissenschaftsfreundlicheren Klima erwog Tycho, sich in Basel, das er schon kannte, niederzulassen. Der dänische König Frederik II. erfuhr davon und bot Tycho 1576 die Insel Hven im Öresund als Geschenk zum Bau einer Sternwarte sowie ein entsprechendes jährliches Salär an. Damit verbunden waren allerdings der Unterhalt der königlichen Grabkapelle im Dom zu Roskilde und des Leuchtturms in Kullen. Bereits im August 1576 wurde der Grundstein des Schlosses gelegt, das er nach der Muse der Astronomie Uranienborg nannte. Der König befahl den Bewohnern der Insel Tycho beim Bau behilflich zu sein. Zu seinem Geburtstag im Dezember konnte er schon die ersten Messungen durchführen, obwohl der prächtige Bau erst 1580 endgültig fertig wurde. Er stattete das Observatorium mit den besten erhältlichen Instrumenten aus und ließ viele nach eigenen Entwürfen anfertigen. Dazu gehörten ein Mauerquadrant mit viereinhalb und ein Himmelsglobus mit eineinhalb Metern Durchmesser. Er beschäftigte bei seinen Beobachtungen eine Anzahl von Gehilfen, die seine Anweisungen ausführten. Von ihnen, aber auch von der Bevölkerung der Insel, die sich über zu starke Belastung klagten, kamen Beschwerden. Tycho gebärdete sich auf seiner Insel wie ein absoluter Herrscher und war manchmal äußerst launisch. Er behandelte die Bewohner der Insel wie Leibeigene und zog sie zur Verwirklichung seiner aufwändigen Projekte heran. Die immer wiederkehrenden Beschwerden bewogen König Frederik II., 1580 einen Beamten nach Hven zu schicken, um diesen nachzugehen. Frederiks Sohn Christian IV. zitierte ihn sogar später einmal zu sich und ermahnte ihn, seine Untergebenen besser zu behandeln.
Den großen Kometen von 1577 beobachtete er lange Zeit von seinem Observatorium aus. Dieser steigerte seine Helligkeit so, dass er sogar am Tage sichtbar war, und wurde auch von vielen anderen Astronomen beobachtet. Aus seinen und den Messungen von anderen Orten aus erkannte Tycho, dass der Komet mehr als sechsmal so weit wie der Mond entfernt sein musste und sich auf einer nicht kreisförmigen Bahn bewegte. Außerdem erkannte er, dass der Schweif des Kometen immer auf die sonnenabgewandte Seite zeigt. Damit entriss er die Schweifsterne dem Aberglauben. Er stellte außerdem fest, dass der Komet beim Kreuzen der Planetensphären keine Verzögerung erlitt, woraus er folgerte, dass sie nicht undurchdringlich seien, wie man bis dahin dachte. Der Ausschnitt aus seinen Aufzeichnungen zeigt auch deutlich die Vorstellung, die Tycho sich vom Sonnensystem machte. Danach steht die Erde im Mittelpunkt, um sie kreisen Mond und Sonne. Um die Sonne wiederum kreisen die übrigen Planeten. In einem Brief begründete er dies damit, dass es sonst Sterne geben müsse, die hundert Mal heller als die Sonne seien, was keinen Sinn mache.
Später erkannte Tycho, dass seine Beobachtungsgeräte in Uranienborg nicht standfest genug aufgestellt werden konnten, um seinen Ansprüchen an Messgenauigkeit zu genügen daher baute er 1584 unweit eine zweite Anlage, Sternenburg, die zum großen Teil unterirdisch angelegt war. Verdienstvoll war im gleichen Jahr auch sein Einsatz für die Einführung des gregorianischen Kalenders in den protestantischen Ländern. Ein weiterer Teil beschäftigt sich mit seinen letzten Jahren, der Übersiedlung nach Prag, seiner Zusammenarbeit mit Kepler und seinem noch ungeklärten Tod. Gerardo Inhester
Zurück zur Home Page der AAL Otto J. Pilzer, 2011-04-01 |