- Astronomie im Berchtesgadener Land - Monatsthema Juni 2011: "Tycho Brahe - Teil III: Tycho, der letzte Astronom vor der Erfindung des Teleskops - sein Tod gibt auch heute noch Rätsel auf"Koloriertes Bild von Tycho im Jahr 1598 aus der "Mechanika". Bemerkenswert ist daran, dass Tychos rechtes Auge, mit dem er beobachtete, größer ist als das linke. Quelle: Buch "Mechanika" [Zum Vergrößern bitte Bild anklicken] Die beiden ersten Teile (erster Teil und zweiter Teil) zeigten uns, wie Tycho zur Astronomie kam und wie er sich darin ein so großes Ansehen verschaffte, dass der dänische König ihm die Insel Hven schenkte und weitere Vergünstigungen zukommen ließ, um ihn im Lande zu halten. Auf Grund seines Erfindungsreichtums, seiner Beobachtungsgabe und der großzügigen finanziellen Unterstützung von Frederik II. wurde die Anlage auf der Insel Hven das wichtigste Observatorium der damaligen Zeit, eine Wissensfabrik der beobachtenden Astronomie. Es enthielt nicht nur die für die Instrumente notwendigen vielfältigen Baulichkeiten sowie Wohn- und Bibliotheksräume, sondern auch Wirtschaftsgebäude, ein alchemistisches Laboratorium, mechanische Werkstätten und Handwerksbetriebe, sowie eine eigene Buchdruckerei und sogar eine eigens gebaute Papiermühle. Vom Bau des eigenen Instrumentariums über die nächtlichen Sternbeobachtungen bis zum Druck der Forschungsergebnisse, alles war auf Uranienborg möglich. 1585 war Tychos Ansehen auf dem Höhepunkt, er hatte zwei schlossgleiche Observatorien auf Hven, korrespondierte mit den bedeutenden Astronomen Europas, verfügte neben der finanziellen Ausstattung durch den König auch über das Erbe seines Pflegevaters und hatte wegen seiner adeligen Herkunft enge Beziehungen zum dänischen Königshaus. Gelehrte und Fürsten besuchten ihn auf seiner Insel, die er als sein Reich betrachtete und behandelte. 1586 erhielt er sogar zweimal den Besuch der dänischen Königin Sophia, einmal sogar mit großem Gefolge und in Begleitung ihrer Eltern. Mit dem Tode Frederik II. 1588 änderte sich alles. Christian IV., sein Sohn, drang darauf, dass Tycho auch die mit seinen Lehen verbundenen Verpflichtungen erfülle. Das waren neben der besseren Behandlung der Bewohner seiner Insel Hven die Pflege der königlichen Begräbniskapelle in Roskilde, die sich bereits in schlechtem Zustand befand, und der Unterhalt des Leuchtturms bei Kullen. Doch Tycho war zu sehr mit der Beaufsichtigung der Beobachtungen, den häufigen Besuchern und seiner Korrespondenz mit Gelehrten in ganz Europa beschäftigt.
Christian IV. besuchte ihn auf Hven im Juli 1592 und erhielt von Tycho ein mechanisches Planetarium. Doch bereits im November musste er Tycho in einem Brief wieder ermahnen, seine Untergebenen besser zu behandeln. Bald danach folgten Briefe mit dem Befehl, die Kapelle in Roskilde endlich zu restaurieren. Die Beziehungen zum König kühlten merklich ab, obwohl Tycho noch im August 1596 zur feierlichen Krönung Christian IV. in Kopenhagen als Gast geladen war. Doch Tycho orientierte sich schon anderweitig. Neben zahlreichen unerquicklichen Auseinandersetzungen mit dem königlichen Hof mag wohl auch das Gefühl der Abgeschnittenheit von der intellektuellen Welt auf seiner Insel eine Rolle gespielt haben. 1597 wurden ihm die königlichen Zuschüsse gestrichen und er übersiedelte für zwei Jahre nach Wandsbeck (damals dänisch) zu Heinrich Rantzau. Dieser vermittelte ihm eine Anstellung als kaiserlicher Hofastronom in Prag, wo ihm Kaiser Rudolf II. das Schlößchen Benatky überließ, das, auf einem Hügel gelegen, gute Beobachtungsmöglichkeiten bot. Dort richtete er 1599 sein Observatorium mit den kleineren von Hven mitgebrachten Instrumenten ein. Später ließ er auch die größeren Instrumente nachkommen. Schon 1598 hatte er sein Werk "ASTRONOMIAE INSTAURATAE MECHANICA = Die verbesserte astronomische Mechanik" Kaiser Rudolf II. gewidmet. In diesem Werk wurden Tychos Instrumente ausführlich beschrieben und abgebildet, ebenso seine Anlagen auf Hven und verschiedene Beobachtungsmethoden. Im Februar 1600 wurde Johannes Kepler einer seiner Assistenten. Für diesen bedeutete das eine sichere Anstellung und Zugang zu den Daten der Messungen Tychos. Er bekam den Auftrag, daraus die Bahn des Mars im Einklang mit Tychos Theorie zu bestimmen. Während Tycho auf mathematischem Gebiet nicht so bewandert war, konnte Kepler schlecht sehen und war deswegen besonders auch die Beobachtungsergebnisse anderer angwiesen. Da bildeten Tychos Daten eine ideale Grundlage, weil dieser eine bisher unerreichte Genauigkeit bei den Positionsbestimmungen erzielte. Er begnügte sich nicht nur damit, aus drei Positionen auf eine Bahn zu schließen, sondern führte zahllose weitere Messungen durch. Man sollte meinen, dass sich beide hervorragend ergänzten, doch dem war nicht so. Tycho mit seinem schwierigen Charakter und Kepler vertraten verschiedene Vorstellungen über den Aufbau des Planetensystems. Während Tycho sein eigenes System entwickelt hatte, bei dem die Erde im Mittelpunkt stand und Mond, Sonne und Sterne um diese kreisten, aber die übrigen Planeten Bahnen um die Sonne zogen, war Kepler ein Vertreter des Kopernikanischen Weltbildes, bei dem alle Planeten - einschließlich der Erde - Kreisbahnen um die Sonne aufwiesen. Es wäre sicher bald zu unüberbrückbaren Auseinandersetzungen zwischen beiden gekommen, wenn nicht der Tod Tycho ereilt hätte. Ein weiterer Gehilfe von Brahe war Christen Sørensen, genannt Longomontanus (nach seinem Geburtsort Longberg), der mit der Auswertung der Anomalien der Mondbahn betraut wurde, die Tycho bei seinen Beobachtungen festgestellt hatte.
Am 13. Oktober 1601 nahm Tyco an einem Bankett Kaiser Rudolf II. teil. Obwohl es als unhöflich galt, musste Tycho schließlich das Bankett wegen starker Blasenschmerzen vorzeitig verlassen. Er erkrankte und starb am 24. Oktober nach schwerem Leiden und erhielt ein fürstliches Begräbnis in der Teyn-Kirche in Prag. Als Todesursache wurde zunächst ein Blasenriß mit nachfolgender Urämie vermutet. Um die genaue Todesursache zu klären wurde der Leichnam drei Mal, zuletzt im Oktober 2010, exhumiert. Die neuesten Ergebnisse sind noch nicht veröffentlicht, doch aus den bisherigen Untersuchungen - insbesondere eines Barthaares - steht fest, dass Tycho an einer Quecksilbervergiftung gestorben ist. Diese erfolgte etwa zwölf Tage vor seinem Tod, konnte die Hintergründe aber trotzdem nicht endgültig erklären. Einerseits erhielten Mordtheorien neuen Nährstoff. Es war schon vermutet worden, dass Kepler ihn vergiftet habe, um seinen Posten zu erhalten (was tatsächlich erfolgte), doch das ist eher abwegig. Realistischer ist der Verdacht, ein Cousin Tycho Brahes mit zweifelhaftem Lebenswandel, der zu der Zeit in Prag war, habe ihn auf Betreiben von König Christian IV. vergiftet, weil Tycho ein Verhältnis mit Königin Sophia, der Mutter von König Christian, gehabt habe. Im Tagebuch dieses Cousins fand man vor einigen Jahren Andeutungen, die in dieser Richtung weisen könnten. Doch eindeutige Beweise dafür gibt es nicht, und andererseits wurde in dieser Zeit Quecksilber auch in Medikamenten und in der Alchemie verwendet, aber seine Gefährlichkeit war noch nicht bekannt. Tycho, der auch Alchemie betrieben hatte, könnte sich die tödliche Dosis also sogar selbst verabreicht haben. Die Fragen zu seinem Tod werden wohl weiterhin ungeklärt bleiben. Gerardo Inhester
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