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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema März 2012: "Erdähnliche Planeten um fremde Sonnen - ein Zwischenbericht"

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1,93m-Teleskop am L'Observatoire de Haute Provence in Frankreich, OHP. Mit diesem Teleskop wurde der erste Exoplanet entdeckt.
Quelle: OHP/CNRS / ESO

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Eine Nachricht der NASA vom 5.12.2011 ließ die Welt aufhorchen. Eines der betreuenden Teams der Kepler-Mission gab bekannt, dass einer der Kandidaten aus dem Kepler-Katalog der bereits früher entdeckten und bestätigten extrasolaren Planeten (nachfolgend Exoplaneten genannt) namens Kepler-22b sich als erdähnlich herausstellte. Damit ist Kepler-22b der erste erdähnliche, vom NASA-Satelliten Kepler gefundene Planet, der sich mitten in der habitablen Zone des zugehörigen sonnenähnlichen, 600 Lichtjahre (LJ) entfernten Muttersterns Kepler-22 aufhält! Der Planet umrundet den Stern in 290 Tagen, ist 2,5-mal größer als die Erde und hat eine Atmosphäre. Noch nicht gesichert ist die Beschaffenheit seiner Oberfläche, man geht aber von einer felsigen Struktur aus.

Auf einer Tagung der NASA ebenfalls am 5.12. wurden die weiteren Ergebnisse der Exoplanetenforschung bekannt gemacht: Die Zahl der Exoplaneten-Kandidaten, welche vom Kepler-Forschungssatelliten bisher entdeckt wurden, hat sich bis Dezember 2011 auf 2326 erhöht (im Februar gleichen Jahres waren es noch 1235). Unter diesen Kandidaten sind 207 von etwa Erdgröße, 1181 von der Größe Neptuns, 203 von Jupitergröße und 55 größer als Jupiter. Drei Monate vorher meldete die ESO, dass eines ihrer Astronomenteams einen dicken "Fang" gemacht hat! Mehr als 50 extrasolare Planeten, darin eingeschlossen 15 Super-Erden, von denen einer seine Bahn an der Grenze der habitablen Zone zieht, wurden gefunden.

Entdeckt wurden diese mithilfe eines Spektrographen namens HARPS. Das Instrument wird seit 2003 an einem 3,6m-Teleskop der ESO in La Silla eingesetzt. Weiter machte die ESO bekannt, dass eine Studie aller mit HARPS gefundenen Exoplaneten ergab, dass 40% aller sonnenähnlichen Sterne wenigstens einen Planeten in der Größe von Saturn oder kleiner besitzen sollten. Zudem umkreisen nach eine Studie der NASA und der University of California ungefähr ein Viertel aller Sterne wie die Sonne Planeten von der Größe der Erde.

Wie ist es zu dieser überaus fruchtbaren Entwicklung bei der Forschung nach erdähnlichen Himmelskörpern gekommen? Als während eines Workshops der Universität Cambridge in Florenz im Oktober 1995 die Entdeckung des ersten Exoplaneten vom Astronomenteam Michel Mayor & Didier Queloz der Universität Genf bekannt gemacht wurde, war die Euphorie in der Astronomiewelt groß. Sollte es bald möglich sein, den ersten erdähnlichen Planeten in den Weiten des Kosmos zu entdecken? Was hatten die Astronomen gefunden? Die Forscher hielten auf dem L'Observatoire de Haute Provence in Frankreich nach einer Methode, die sich Radialmethode nennt (siehe auch Monatsthema Oktober 2009), Ausschau nach nahe gelegenen Sternen, die in ihren Spektren eine zeitabhängige Linienverschiebung (ein Maß für die Radialgeschwindigkeit) aufwiesen.

Dabei setzten sie am 1,93m-Spiegelteleskop der Sternwarte in der Haute Provence ein Gerät namens Elodie, einen Échelle-Spektrographen ein, das als Messeinrichtung für die spektroskopische Aufzeichnung des Sternenlichts diente. Schon nach kurzer Zeit stießen sie auf den Stern 51 im Sternbild Pegasus, dessen Licht eine deutliche Variation der Radialgeschwindigkeit aufwies. Eine Veränderung der Radialgeschwindigkeit deutet ja an, dass sich der gemessene Stern aufgrund seiner periodischen Bewegung um den gemeinsamen Schwerpunkt Stern-Planet mal auf den Beobachter auf der Erde zu- und mal wegbewegt (Dopplereffekt). Die gemessene Radialgeschwindigkeit wie auch die Periode lassen Rückschlüsse auf die minimale Masse und den Abstand des Begleiters zu.

Der Stern 51 im Sternbild Pegasus, ein ca. 50 LJ entfernter, sonnenähnlicher Stern, der am Nachthimmel in einer Position etwa auf halber Strecke zwischen Beta und Alpha Pegasi mit einer scheinbaren Helligkeit von 5,49 mag steht, wird also von einem 51 Pegasi b genannten Planeten mit einer Periode von 4,2 Tagen auf einer Bahn mit dem Radius 0,05 AE, also gleich 7,45 Mio. km, umrundet (Zum Vergleich: die Erde umkreist die Sonne im Abstand von 149 Mio. km. Diese Entfernung wird eine Astronomische Einheit AE oder international AU genannt). Aus den gewonnenen Bahndaten ergibt sich für den Begleiter eine Masse von mindestens 0,5 Jupitermassen.

Seit der Entdeckung des ersten Exoplaneten sind 17 Jahre vergangen. Die Instrumentierung der Sternwarten auf der ganzen Welt hat immense Fortschritte gemacht. Wissenschaftliche Satelliten und astronomische Instrumente am Boden sind hinzugekommen, die sich fast ausschließlich mit der Erforschung von Exoplaneten befassen. Zahllose Wissenschaftler sind auf der Suche nach Planeten wie der Erde, die ihre Bahnen in habitablen Zonen um ferne Sterne ziehen. Ziel ist es, herauszufinden, ob es irgendwo im All Planeten gibt, die Leben wie auf unserer Erde zulassen. Die Vorstellung einer solchen fremden Welt im Kosmos geistert ja schließlich seit jeher als Menschheitstraum durch die Köpfe.

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Dieses Diagramm vergleicht unser eigenes Sonnensystem mit dem von Kepler-22 (die grüne Scheibe stellt die habitable Zone dar).
Quelle: NASA/Ames/JPL-Caltech

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Wie weit sind die Forscher bis jetzt dem Ziel näher gekommen? Einen gewaltigen Fortschritt bedeutete der erfolgreiche Start des NASA-Satelliten Kepler am 6.3.2009. Nach einer kurzen Justagezeit nahm er den Betrieb am 2.5.2009 auf. Kepler umkreist nicht, wie viele Satelliten, die Erde, sondern bewegt sich auf einer Sonnenumlaufbahn. Dadurch ist es leichter, das störende Licht der Sonne, des Mondes und der Erde zu vermeiden. Am Ende der vierjährigen Soll-Betriebszeit könnte der Satellit im schlechtesten Fall 0,5 AE, d.h. etwa 75 Mio. km von der Erde wegdriften. Die Hauptmessmethode von Kepler folgt der Transitmethode. Hier wird die äußerst geringe Lichtschwankung beim Durchgang eines Planeten durch die Sternoberfläche, ähnlich einem Venus- oder Merkurdurchgang vor der Sonnenscheibe, gemessen. Kaum vorstellbar, welch enorme Herausforderung dies an die Messapparatur bedeutet: winzige Unterschiede von 1/10 Promille des Sternlichtes geben Hinweise auf mögliche Exoplaneten.

In einer Veröffentlichung der NASA vom Februar 2011 werden allein 66 Wissenschaftler und zahllose Institute genannt, die an den Ergebnissen von Kepler beteiligt sind! Der Satellit überwacht ein eng umgrenztes Gebiet zwischen den Sternbildern Schwan und Leier (1/400 des Himmels) und misst dabei periodisch die Helligkeit von 156 000 Sternen. Die Kandidaten auf Exoplaneten werden mittlerweile von speziellen Computerprogrammen automatisch aus der gewaltigen Datenflut von Kepler herausgesiebt und dann mithilfe von bodengestützten Sternwarten oder anderen Satelliten überprüft. Erst dann werden diese Objekte als Exoplaneten anerkannt.

Neben der Transitmethode wie bei Kepler werden weitere Verfahren angewendet, z.B. Radialgeschwindigkeitsmessung (s.o.: 51 Pegasi), Microlensing, astrometrische Verfahren und mittlerweile auch erfolgreich direkte Abbildung von Exoplaneten. Dabei gilt ja immer: je kleiner der Planet, desto schwieriger ist seine Auffindung. Und das liegt auf der Hand. Bei einer kleinen Masse des Planeten wird die Auslenkung des Muttersterns auf seiner Bahn um den gemeinsamen Massepunkt ebenfalls sehr gering ausfallen.

Welche Möglichkeiten die heutige Astronomie hat, sei an einem Beispiel der direkten Beobachtung des sonnenähnlichen Sterns HR 8799 dargestellt:

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Links: Originalbild; Mitte: Bild nach Bearbeitung mit Rechenmethoden, die Planeten sind dargestellt; rechts: Planetenbahnen (nicht maßstabsgerecht!)
Quelle: NASA; ESA; STScI, R. Soummer

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Das Abbild des Sterns wird so weit wie möglich mechanisch bzw. optisch ausgeblendet, dann elektronisch und rechnerisch bearbeitet (vor allem rechnet man das restliche Licht des Sterns heraus). Daraus wird ein weiteres Bild erhalten, welches jetzt drei Planeten zeigt. Aus den Positionen und der Masseverteilung gewinnt man die Bahndaten der Satelliten (wie im rechten Bild dargestellt).

Fast wöchentlich gibt es neue Forschungsergebnisse über Exoplaneten. Wer mehr zu diesem Thema wissen möchte, der kann z. B. auf den Web-Seiten der NASA und ESO unter dem Suchwort "Exoplaneten" fündig werden.

Walter Conrad


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Otto J. Pilzer, 2012-03-01