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- Astronomie im Berchtesgadener Land -

Monatsthema Januar 2013: "Die Lokale Gruppe - Teil I"

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Skizze der meisten Bestandteile der Milchstraßen-Untergruppe von der Seite gesehen.
(Quelle: Wikipedia, Ausschnitt modifiziert)

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Galaxien sind im Raum nicht regellos verteilt, sondern ballen sich in Gruppen zusammen, zwischen denen große Leerräume liegen. Wenn man das so ausdrückt, dann muss man einige Erklärungen nachschieben, um die astronomischen Dimensionen zu verdeutlichen. Wenn sich Galaxien zu Gruppen zusammenballen, dann beträgt die Entfernung zwischen ihnen immer noch zwischen einigen Hunderttausenden und einigen Millionen Lichtjahren (LJ). Auch diese Galaxiengruppen sind nicht wahllos im Raum verteilt, sondern um unvorstellbar große Leerräume wie Zellwände angeordnet.

Doch nun zur eigentlichen Frage: Was ist die Lokale Gruppe? Als Lokale Gruppe werden die Galaxien im Umkreis von fünf bis sieben Millionen LJ um unsere Milchstraße bezeichnet. Während das gesamte Universum expandiert, beeinflussen sich diese Galaxien gravitativ und nähern sich einander an, bewegen sich um- oder aufeinander zu und verschmelzen mit der Zeit miteinander.

Und hier können wir endlich etwas selbstbewusst aufschauen, denn unsere Milchstraße und die Andromeda-Galaxie (M 31) sind die Platzhirsche in diese Gruppe. Die Triangulum-Galaxie (M 33) hat schon um eine Zehnerpotenz weniger Masse und der Rest der 31 Mitglieder dieser Gruppe besteht aus Zwerggalaxien. Die Milchstraße und die Andromeda-Galaxie vereinen zusammen etwa 95 Prozent der gesamten Masse der Lokalen Gruppe, die auf 2 Billionen Sonnenmassen geschätzt wird.

Die Lokale Gruppe wird in Untergruppen untergliedert, von denen allerdings nur die Milchstraßen-Untergruppe und die Andromeda-Untergruppe klar definiert sind. Über zwei weitere Untergruppen gibt es verschiedene Ansichten. In diesem Teil soll auf die Milchstraßen-Untergruppe eingegangen werden, es folgt dann ein weiterer Teil mit den anderen Untergruppen. Trotzdem muss ich mich bei der Beschreibung beschränken, um den Rahmen nicht zu sprengen. So werden neben den bekanntesten nur einige markante Beispiele ausführlicher behandelt.

Zu der Milchstraßen-Untergruppe gehören außer dieser (im Monatsthema September 2012 ausführlich dargestellt) achtzehn Zwerggalaxien von denen die Große und die Kleine Magellansche Wolke die bekanntesten sind. Die meisten dieser Zwerggalaxien sind erst spät gefunden, bzw. als solche erkannt worden, da sie entweder von der Erde aus durch die Milchstraße verdeckt werden, oder nur schwer von ihr zu unterscheiden sind.

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Die Kleine Magellansche Wolke. Nahe der KMW der 4.9 mag. helle und 17.000 LJ entfernte Kugelsternhaufen 47 Tukanae (links) und der 6.4 mag. helle und 28.000 LJ entfernte Kugelsternhaufen NGC 362, die beide zur Milchstraße gehören. Innerhalb der KMW sind verschiedene blaue Emissionsnebel erkennbar.
(Bild: Bernhard Kindermann, AAL)

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Die Große (GMW) und die Kleine (KMW) Magellansche Wolke sind zwei irreguläre Zwerggalaxien auf der Südhalbkugel, die schon mit bloßem Auge sichtbar sind und deswegen schon in prähistorischer Zeit bekannt waren. Die erstmalige schriftliche Erwähnung stammt jedoch von dem persischen Astronomen Al Sufi aus dem Jahr 964. Sie wurden allerdings erst im vergangenen Jahrhundert mit der Entwicklung der Entfernungsmessung durch Cepheiden als eigene Galaxien erkannt. Ihre Entfernung wurde, insbesondere durch die Erforschung der Supernova 1987A in der GMW, zu 155.000 bzw. 209.000 LJ bestimmt. Die beiden Magellanschen Wolken sind untereinander und mit der Milchstraße durch ein dünnes Wasserstoffband verbunden, den Magellanschen Strom. Sie bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von ca. 55 km/s aufeinander zu. Dabei haben beide eine polare Bahn um die Milchstraße und nähern sich der Milchstraßenebene. Mit einer Masse von ca. 10 Millionen Sonnenmassen (Milchstraße 200 Milliarden Sonnenmassen) besitzt die GMW ein Viertel der Leuchtkraft der Milchstraße, während die KMW mit ca. 2 Millionen Sonnenmassen nur ein Fünfundzwanzigstel der Leuchtkraft der Milchstraße hat. Wegen ihrer Nähe kann man schon im kleinen Fernrohr zahlreiche Sternhaufen und Nebel unterscheiden. Einer der bekanntesten ist 30 Doradus, der Tarantelnebel in der GMW.

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30 Doradus (auch Tarantel-Nebel), bemerkenswerter Emissionsnebel in der GMW. Eines der größten bekannten Sternentstehungsgebiete in der Lokalen Gruppe.
(Quelle: Hubble-Space-Teleskop)

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Erst in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts entdeckte Harlow Shapley mit dem 24-Zoll-Spiegelteleskop am südafrikanischen Boyden Observatory mit der Sculptor-Zwerggalaxie und der Fornax-Zwerggalaxie zwei weitere Zwerggalaxien. In den vierziger und fünfziger Jahren kamen dann die fünf Leo-Zwerggalaxien im Sternbild des Löwen und die Draco- und die Ursa-Minor-Zwerggalaxie dazu. Mit den immer besseren Möglichkeiten der Beobachtungsgeräte und der Verarbeitung von Massendaten wurden 1976 die Phoenix-Zwerggalaxie in 1,44 Millionen LJ Entfernung und 1977 die Carina-Zwerggalaxie, 1993 die Sagittarius-Zwerggalaxie, 2003 die Canis-Major-Zwerggalaxie, 2005 die Ursa Major-I-Zwerggalaxie und 2006 die Hercules-Zwerggalaxie und die Ursa Major-II-Zwerggalaxie. Als Beispiele seien zwei der nahen Zwerggalaxien herausgegriffen.

Die Sagittarius-Zwerggalaxie ist eine elliptische Zwerggalaxie in 70.000 LJ Entfernung von der Erde, vom Zentrum der Milchstraße nur 50.000 LJ weit weg, und damit zweitnächste Galaxie. Im Gegensatz zur Canis-Major-Zwerggalaxie umläuft sie die Milchstraße in einem fast polaren Orbit. Sie liegt derzeit von der Erde aus gesehen praktisch hinter dem Zentrum der Milchstraße und wurde deswegen erst 1993 entdeckt. Dabei stellte man auch fest, dass der Kugelsternhaufen M 54, der bisher zur Milchstraße gerechnet wurde, mit der Zwerggalaxie assoziiert ist. Er hat eine Entfernung von 87.400 LJ von der Erde. Berechnungen haben ergeben, dass die Sagittarius-Zwerggalaxie die Milchstraße bereits etwa zehn Mal umrundet hat. Dafür ist aber ihr Auflösungsprozess deutlich weniger fortgeschritten als er nach den Berechnungen sein sollte. Als Erklärung dafür vermutet man, dass sich in ihrem Zentrum eine größere Menge Dunkler Materie befinden könnte.

Die Canis-Major-Zwerggalaxie ist nach dem heutigen Stand der Forschung die nächste Nachbargalaxie unserer Milchstraße. Sie befindet sich in einem Abstand von 42.000 Lichtjahren vom Milchstraßenzentrum und hat eine Entfernung von etwa 25.000 Lichtjahren zu unserem Sonnensystem. Obwohl sie im Sternbild Großer Hund dem Zentrum der Milchstraße fast entgegengesetzt liegt, wurde sie erst 2003 entdeckt, weil sie sich in der Milchstraßenebene befindet und wegen ihrer geringen Entfernung noch soweit innerhalb der Milchstraße befindet, dass interstellare Materie den Blick erschwert. Man erkannte 2003 auch, dass der 41.000 LJ entfernte Kugelsternhaufen M 79 zu dieser Zwerggalaxie gehört, sich aber durch die starken Gezeitenkräfte der Milchstraße aus dieser herausgelöst hat, wie auch die ganze Zwerggalaxie in Auflösung begriffen ist. Die Anzahl der Einzelsterne in dieser Galaxie wird auf etwa eine Milliarde geschätzt, und ihr Kern hat eine elliptische Form. Die Galaxie als Ganzes wird aber als irreguläre Galaxie kategorisiert.

Weitere Funde sind dazugekommen, bei denen es aber zum Teil strittig ist, ob sie als eigene Zwerggalaxien betrachtet werden können. In den nächsten Jahren sind durchaus noch weitere Funde zu erwarten.

Die anderen Untergruppen der Lokalen Gruppe werden dann wie bereits erwähnt im folgenden zweiten Teil behandelt.

Gerardo Inhester


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Otto J. Pilzer, 2013-01-01