- Astronomie im Berchtesgadener Land - Monatsthema Oktober 2011: "Frauen in der Astronomie - Teil II: Förderung durch bedeutende Astronomen"In der ersten Folge haben Sie erfahren, wie sich seit dem Altertum Frauen in der Astronomie behaupten konnten. Eng verflochten mit der Geschichte von Elisabetha und Johannes Hevelius (siehe vorheriger Artikel) ist das Leben einer weiteren Astronomin, nämlich Maria Margaretha Kirch (1670-1720).Ihr Vater, ein lutherischer Pastor namens Mathias Winkelmann, hat das frühe Interesse seiner jüngsten Tochter an der Astronomie gefördert. Nachdem sie mit 13 Jahren Vollwaise wurde, trat sie als Dienstbotin in den Haushalt des Bauernastronomen Christoph Arnold, den sie durch den Mann ihrer Schwester kennen gelernt hatte, ein. Bei Arnold lernte sie ihren späteren Mann, den dreißig Jahre älteren, verwitweten Astronomen und Kalendermacher Gottfried Kirch kennen, der zeitweilig als Assistent von Johannes Hevelius in Danzig tätig war und 1710 zum ersten Direktor der neu gegründeten Berliner Sternwarte berufen wurde.
Sie unterstützte ihren Mann bei den Beobachtungen auf dieser Sternwarte und hatte großen Anteil an seinen Kalenderberechnungen. 1702 entdeckte Maria Margaretha Kirch einen Kometen. Sie ist auch die Autorin einer Schrift über die 1712 erwartete Konjunktion von Jupiter und Saturn. Eines ihrer Kinder, Christfried Kirch, wurde wie sein Vater später Direktor der Berliner Sternwarte.
Eine Frau verdient unsere ganz besondere Beachtung: Caroline Lucretia Herschel (1750 -1848). Geboren in Hannover als Tochter des Ehepaares Isaak und Anna Ilse Herschel, wuchs sie als einziges Mädchen von fünf Kindern auf. Isaak Herschel war Militärmusiker und die Kinder erbten vom Vater das Talent für Musik, aber auch für Mathematik. Caroline Herschel folgte ihrem zwölf Jahre älteren Bruder Friedrich Wilhelm Herschel nach Bath in England (er floh vor den Wirren des Siebenjährigen Krieges, der auch Hannover heimsuchte), wo er eine Anstellung als Organist annahm, sich nebenher als Astronom betätigte und dringend eine Haushälterin brauchte. Wilhelm Herschel kümmerte sich aber auch um die weitere Ausbildung seiner Schwester als Sängerin, dirigierte Konzerte mit ihr und steigerte ihre Liebe zur Astronomie. Sie nahm mehr und mehr Teil an den astronomischen Arbeiten ihres Bruders, lernte das Schleifen von Teleskopspiegeln und entwickelte dabei großes Geschick. Nach dem ersten gemeinsamen Teleskop stellten beide noch weitere, größere Spiegelfernrohre her und vermarkteten sie selbst. Mit den erzielten Einnahmen aus dem Verkauf finanzierten sie ihre astronomischen Forschungen. 1782 stellte William Herschel, wie sich Wilhelm in England nannte, für die Royal Society, deren Mitglied er war, eine gemeinsam mit seiner Schwester durchgeführte Himmelsdurchmusterung von Objekten bis zur achten Größenklasse her. Caroline fand zunehmend weniger Zeit für ihre Musik, gab ihre Karriere als Solosängerin zugunsten ihrer Astronomietätigkeit auf und half ihrem Bruder mit allen Kräften auf der Sternwarte.
William Herschel wurde schlagartig berühmt, als er 1781 auf der Suche nach Kometen zufällig den Planeten Uranus entdeckte. Der englische König Georg III ehrte ihn ein Jahr später mit der Ernennung zum Royal Astronomer.
Man liegt sicherlich nicht falsch, wenn man der Arbeit von Caroline am Gesamtwerk ihres Bruders einen bedeutenden Anteil zukommen lässt. Berühmte Mathematiker und Astronomen wie Carl Friedrich Gauß und Johann Franz Encke waren außerordentlich begeistert von den Arbeiten von Caroline Herschel. Sie entdeckte immerhin acht Kometen (keiner wurde nach ihr benannt!), hatte als erste den Kometen Encke 1795 wieder aufgefunden, entdeckte 14 Nebel, verfasste einen eigenen Katalog von Sternhaufen und Nebeln und brachte einen ergänzenden Katalog zum berühmten Atlas von Flamsteed heraus. Das alles würdigte der König von England, indem er dieser herausragenden Frau 50 Pfund Gehalt im Jahr zugestand (eine äußerst seltene Würdigung für die wissenschaftliche Arbeit einer Frau in diesen Zeiten, ihr Bruder William bezog vom König 200 Pfund im Jahr). Nach dem Tode Williams im Jahr 1822 kehrte Caroline nach Hannover zurück, verbrachte dort hoch geehrt die restliche Zeit ihres Lebens bis ins hohe Alter von 97 Jahren. Von der Royal Astronomical Society of London, deren erster Präsident ihr Bruder William einst war, erhielt sie 1828 die Goldene Medaille verliehen und wurde später Ehrenmitglied der Gesellschaft. Die Königliche Irische Akademie der Wissenschaften nahm die schon 88-jährige als Mitglied auf, der Preußische König verlieh ihr die goldene Medaille der Akademie der Wissenschaften. Der Mondkrater Caroline Herschel erinnert an die große Dame der Astronomie des 18. Jahrhunderts. Zum ersten Mal in der Geschichte der Frauen in der Astronomie taucht der Name einer Frau aus den USA auf: Maria Mitchell (1818-1889).
Maria Mitchells Vater war Lehrer und Astronom. Es erscheint fast selbstverständlich, dass ihr Talent bereits in jungen Jahren durch Unterricht speziell in Mathematik und Astronomie stark gefördert wurde. Mit 29 Jahren entdeckte sie selbständig auf der Sternwarte ihres Vaters den später nach ihr benannten Mitchell-Kometen (Miss Mitchell's Comet, jetzige Bezeichnung: C/1847 T1) und wurde berühmt. Von König Frederick VII von Dänemark bekam sie dafür eine Goldmedaille verliehen. Ein Jahr später nahm sie die American Academy of Arts and Sciences (Cambridge, Massachusetts) als erste Frau in den USA als Mitglied auf. Zwei Jahre später verlieh ihr die American Association for the Advancement of Science (die berühmte "AAAS", auch Herausgeber der bedeutenden amerikanischen Zeitschrift Science) die Ehrenmitgliedschaft. Eine ziemlich steile Karriere! Zeitlebens setzte sie sich dafür ein, dass mehr Frauen eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen konnten. Zielstrebig trat sie für die Rechte der Frauen in den Wissenschaften ein. Aus Protest gegen die Haltung der Quäker zur Frage der Sklaverei (sie gehörte bis 1842 dem Glauben der Quäker an) schloss sie sich den Unitariern an. Die US-Astronomin besuchte im Jahre 1857 Sir John Herschel (William Herschels Sohn) in England. Kurz vor ihrem Tod im Jahre 1889 erinnerte sich Maria Mitchell an diese Begegnung und brachte eine Abhandlung heraus, in der sie das Leben und Werk von Caroline Herschel, die sie sehr verehrte, besonders würdigte. 1865 erhielt sie, als erste Frau, eine Professur für Astronomie am berühmten Vassar College (Hudson Valley), vier Jahre später wurde sie an die American Philosophical Society berufen. Im Alter von 57 Jahren gründete sie die American Association for the Advancement of Women (AAW), deren erste Präsidentin sie wurde. Nach ihrem Tod wurde Maria Mitchell in die Hall of Fame for Great Americans aufgenommen. Ein Krater auf dem Mond ist ihr zu Ehren benannt. Im abschließenden Teil der Folge werden Sie mehr über bedeutende Astronominnen der neueren Zeit erfahren. Walter Conrad
Zum Sternenhimmel Oktober 2011
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